Es hätte eine spannende Geschichte werden können, wenn Sachsens Regierung ernsthaft die Energiewende ins Zentrum ihrer Wirtschaftspolitik gestellt hätte. Das hat sie aber nicht. Sie hat lieber die großen Kohlekonzerne gehätschelt und Gesetze gegen die „Verspargelung“ der Landschaft gemacht. Und die gepriesene Solarindustrie? Ausverkauft. Auch so kann man Zukunftstechnologien verlieren.

Dass die Kohlewirtschaft immer wieder die liebevolle Aufmerksamkeit der sächsischen Staatsregierung genießt, ist bekannt. Da werden aus rund 8.000 Arbeitsplätzen in der Braunkohlelandschaft Lausitz schnell mal 30.000 gemacht, die irgendwie dranhängen als Dienstleister und Verwertungskette, während die Arbeitsplätze, die durch alternative Technologien entstanden sind, schlicht ignoriert werden. Als wären sie nicht wichtig.

Sind sie aber doch, findet der grüne Landtagsabgeordnete Dr. Gerd Lippold. Denn sie sind die Zukunft. Hier entstehen die Strukturen, die Sachsen künftig mit Strom und Wärme versorgen. Oder auch nicht, weil man die zugehörigen Unternehmen abwandern lässt. So wie große Teile der Solarwirtschaft. Kurzzeitig träumte man in Sachsen und Sachsen-Anhalt mal von einem „Solar Valley”. Doch dann überließ man den Billigproduzenten aus China den Markt.

Das Ergebnis ist ablesbar in den Zahlen, die Gerd Lippold jetzt bei der Staatsregierung abgefragt hat. Immerhin gelten alternative Energien bundesweit längst als eine Branche, in der etliche Arbeitsplätze entstanden sind.

„Im Jahr 2014 waren laut Umweltbundesamt (UBA) in Deutschland 355.400 Menschen aufgrund der Nutzung Erneuerbarer Energien beschäftigt. Davon entfielen ca. 150.000 auf die Windenergie, 120.000 auf die Biomasse und 50.000 auf die Solarenergie. Der Rest arbeitet in den Bereichen Geothermie, Wasserkraft und öffentlich geförderte Forschung/Verwaltung“, stellte Lippold fest und wollte gern die aktuellen Zahlen für Sachsen haben.

Die sächsischen Zahlen bestätigen, was das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) auch schon für ganz Deutschland feststellen musste: Der Verlust großer Teile der Solarindustrie macht sich massiv in der Arbeitskräftebilanz sichtbar. Deutschlandweit ging die Zahl der in der Solarbranche Tätigen von 124.000 im Jahr 2011 auf 49.000 im Jahr 2014 zurück. Anteilig in Sachsen schmolz die Zahl der im Bereich Photovoltaik und Solarthermie Beschäftigten von 9.340 im Jahr 2011 auf 4.970 zwei Jahre später. In den anderen Bereichen der Erneuerbaren gab es in Sachsen eher Stabilität oder leichte Zuwächse – so wie im Bereich Windenergie von 4.220 auf 4.700 Beschäftigte. So dass Sachsen im Jahr 2013 noch 16.400 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien vermeldet konnte – rund 3.000 weniger als ein Jahr zuvor, die praktisch komplett der schrumpfenden Solarindustrie zuzuschreiben sind.

„Eine Abgrenzung nach ‚Zulieferindustrie‘ wurde vom BMWI nicht vorgenommen“, betont Sachsens Wirtschaftsminister extra in seiner Antwort, was natürlich bedeutet, dass hier keine vage Hochrechnung erfolgt ist, wie viele Arbeitsplätze noch direkt oder indirekt mit der alternativen Energiebranche verbunden sind.

Aber im Grunde enttäuscht die Antwort des Wirtschaftsministers gleich mehrfach. Es sind ja nicht nur die Zahlen der Zulieferindustrie, die er schuldig bleibt. Er kann auch keine Angaben zu Umsatz und Exportanteil der alternativen Energiebranche liefern. Er verweist nur auf die Gesamtzahlen des BMWI. Aber aus denen geht der sächsische Anteil nicht hervor.

Auf Lippolds Frage „Wie haben sich Umsätze und Arbeitsplätze in den genannten Bereichen seit 2004 bis einschließlich 2016 entwickelt?“ antwortet der Minister lakonisch: „Es liegen keine Informationen im Sinne der Fragestellung vor.“

Was im Grunde alles sagt zum Interesse der sächsischen Regierung am ganzen Bereich der erneuerbaren Energien: Er interessiert einfach nicht.

Gerd Lippolds (Grüne) Anfrage „Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung durch Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Drs. 8008

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