Der Antrag der CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat, den Diskussionsprozess um sechs verschiedene Mobilitätsszenarien zu beenden, kommt auch bei den engagierten Umweltvereinen nicht gut an. Jahrelang hat man darum gekämpft, die Stadt endlich auf einen umweltfreundlichen Verkehrskurs zu bringen – und nun grätscht die Autofahrerfraktion wieder dazwischen. Saftige Kritik gibt es dafür vom forum urban mobil.

In einer fundierten Analyse erarbeitete die Stadtverwaltung sechs Mobilitätsszenarien für Leipzig 2030, die die Marschrichtung für die künftige Verkehrspolitik vorgeben sollen. Dass nun im Stadtrat ein Antrag auftaucht, der diesen Prozess unterbinden will, sei nicht nur destruktiv und widersinnig, schätzt das forum urban mobil (fum) ein. Es sei auch ein Zeichen rückwärtsgewandter Verkehrspolitik, die auf alte Gewohnheiten und überholte Technologien setzt, anstatt aktiv eine längst fällige Mobilitätswende voranzutreiben.

Durch die Mobilitätsszenarien der Stadt Leipzig erfuhr die Öffentlichkeit schwarz auf weiß, dass Leipzig ohne eine höhere Finanzierung der Leipziger Verkehrsbetriebe im Verkehrschaos versinken wird. Kernaussage aller Szenarien ist, dass Leipzig nur durch eine Förderung des Umweltverbunds (ÖPNV, Fuß- und Radverkehr) eine nennenswerte Reduzierung von Lärm, Feinstaub und Treibhausgasausstoß erreichen kann. Auch der Wirtschaftsverkehr profitiert davon, wenn weniger Autos auf den Leipziger Straßen unterwegs sind. Deswegen muss aus Sicht des fum Leipzig schnell gehandelt werden. Nur wer jetzt die nötigen Mittel in die Hand nimmt, kann den Stau von morgen verhindern.

„Wir müssen im ersten Halbjahr 2018 endlich die Weichen für eine zukunftsfähige Mobilität stellen, um den Anforderungen von morgen gewachsen zu sein“, erklärt Gustav Lieberknecht, Koordinator des fum Leipzig. Dies gelte insbesondere für die Attraktivität des Nahverkehrs. Aus diesem Grunde sei die Forderung nach Einstellung des Szenarienprozesses völlig unverständlich. „Wer die Augen vor Problemen verschließt, sieht sie zwar nicht mehr, löst sie aber auch nicht!“, so Lieberknecht.

„Das drängendste Problem ist die Unterfinanzierung der leistungsfähigsten städtischen Verkehrsmittel Bus und Bahn, aber auch des Radverkehrs“, erläutert Christoph Waack, Vorsitzender des ADFC Leipzig.

Davon zeuge auch die kürzlich angekündigte erneute Erhöhung der Fahrpreise im MDV. Im MDV-Gebiet wird derzeit die Ausweitung des ÖPNV-Angebotes ausschließlich über die Fahrgäste finanziert. Damit könne ein Umstieg vom Auto auf umweltfreundliche Verkehrsmittel nicht schnell genug erfolgen, so Waack.

Schon 2017 äußerten sich die meisten Fraktionen ablehnend gegen die Fahrpreiserhöhung im MDV. In der Ratsversammlung am Mittwoch, 18. April, werden nun die neuen angekündigten Fahrpreiserhöhungen Thema werden und die Fraktionen werden Farbe bekennen müssen, ob sie ihre Kritik ernst meinen oder der Stadtverwaltung das Aussitzen des Themas auch diesmal durchgehen lassen.

Wobei es eben nicht nur um die Fahrpreise geht, sondern auch um einen spürbaren Ausbau des Nahverkehrs. Das wird ohne verstärkte Investitionen und damit höhere Zuschüsse nicht zu machen sein. Das fum Leipzig fordert deshalb alle Fraktionen auf, sich den verkehrspolitischen Herausforderungen zu stellen und den Umweltverbund massiv zu fördern. Die fällige Fortschreibung des Nahverkehrsplans wäre dafür eine erste Stellschraube.

Im forum urban mobil (fum) Leipzig sind Umweltverbände, Verbände für nachhaltige Mobilität, Mobilitätsdienstleister sowie Bürgerinitiativen und an Verkehrsthemen interessierte Menschen, zusammengeschlossen. Das fum Leipzig tagt jeden 3. Mittwoch im Monat um 19:00 Uhr im Büro von ADFC, VCD und teilAuto im Peterssteinweg 18.

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