Deutschland gilt als Land der Mieter. Auf Bundesebene lebt nicht einmal jeder zweite Haushalt im Eigenheim. Trotz anhaltend niedriger Zinsen bei den Baufinanzierungen, dem eingeschränkten Mietwohnungsangebot und den hohen Mietpreisen entscheiden sich im EU-Vergleich in Deutschland nur wenige Familien für den Immobilienkauf. Doch lohnt sich die Mietentscheidung wirklich mehr?

Eigenheimquote ist in Deutschland gering

Nachdem die Eigenheimquote in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, musste sie 2018 zum ersten Mal seit 1993 wieder einen Rückgang hinnehmen. Demnach ist der Anteil der Haushalte in Deutschland, die im Eigenheim leben, 2018 im Vergleich zu 2013 um einen Prozentpunkt zurückgegangen. Auch der weiterhin niedrige Zinssatz der Bauzinsen haben an der Entwicklung nichts ändern können. Damit ist die Bundesrepublik EU-weit Schlusslicht. Lediglich in der Schweiz fällt die Eigenheimquote noch geringer aus.

Nicht nur im europaweiten Vergleich gibt es Unterschiede, sondern auch in Deutschland selbst. So geht die Schere zwischen neuen und alten Bundesländern deutlich auseinander. Während in den alten Bundesländern die Eigenheimquote noch bei fast 45 Prozent liegt, ist der Anteil der Mieter im Osten deutlich höher. In den neuen Bundesländern beträgt diese gerade einmal 36 Prozent.

Dabei ist es vor allem die ältere Generation, die sich bewusst für Wohneigentum entscheidet. Der Anteil der Eigentümer hat bei den 70- bis 79-Jährigen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Vielen heutigen Eigentümern fehlt es aber an Nachwuchseigentümern. Dazu kommen die Preisentwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Gerade im urbanen Raum hat die Preisentwicklung erheblich an Fahrt gewonnen, sodass Eigenheime als außerordentlich teuer gelten. Trotzdem ist gerade bei Familien das allgemeine Interesse an Wohneigentum vorhanden.

Kauf ist häufige Empfehlung

Foto: Adobe Stock / alfa27
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Steht die Frage im Raum, ob man eine Wohnung kaufen oder mieten sollte, herrscht häufig auf breiter Ebene Einigkeit, nur nicht bei den Haushalten selbst. Sowohl Finanzexperten als auch Makler und Verbraucherschützer raten heute bevorzugt aufgrund der niedrigen Bauzinsen zum Kauf. Tatsächlich befinden sich die Zinsen für Baufinanzierungen seit Jahren in Deutschland auf einem historischen Tief und machen den Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses so günstig wie nie.

Doch die Entscheidung für den Kauf und damit gegen die Miete sollte nicht nur von den Finanzierungszinsen abhängig gemacht werden. Grundsätzlich können sich Kreditzinsen im Laufe der Zeit erheblich verändern. Gerade Baufinanzierungen sind langfristig ausgelegt und erstrecken sich meist über mehrere Jahrzehnte. Die aktuell günstigen Zinsen können sich also im Laufe der Jahre erheblich verteuern.

Darüber hinaus spielen beim Kauf von Immobilien weitere Faktoren eine wichtige Rolle. So müssen beispielsweise die allgemeinen Preisentwicklungen und der tatsächliche Wert des Objekts berücksichtigt werden. Erst nach einer umfassenden Analyse dieser Eckdaten und einer genauen Abwägung der eigenen finanziellen Möglichkeiten kann eine endgültige Entscheidung für oder gegen den Kauf getroffen werden.

Kaufpreis und Finanzierung bleiben wichtigstes Entscheidungsmerkmal

Foto: Adobe Stock / Gerhard Seybert
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Auch wenn die Kaufentscheidung von mehreren Faktoren abhängig gemacht werden muss, bleiben Kaufpreis und die Finanzierung die wichtigsten Kriterien. Sowohl der Kauf als auch die Miete sind natürlich eine Frage der finanziellen Möglichkeiten. Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied. Die meisten Haushalte sind beim Wohnungskauf auf eine Baufinanzierung durch die Bank angewiesen. Sie nehmen also Schulden auf. Das heißt wiederum, dass sie auf Dauer dazu in der Lage sein müssen, das Geld für die Finanzierungsraten aufbringen zu können.

Damit dies sichergestellt werden kann, muss sich jeder potenzielle Immobilienkäufer einer Bonitätsprüfung unterziehen. Um hier keine bösen Überraschungen zu erleben, kann es empfehlenswert sein, sich vorab selbst einen Überblick über die individuellen Finanzen zu verschaffen. Hierfür lohnt sich ein kostenloser Blick in die eigene Schufa. Der Antrag ist online ausfüllbar. Bei der Schufa gilt es vor allem auf schon vorhandene finanzielle Belastungen zu achten.

Auch wenn die Finanzierungen derzeit günstig sind, kann nicht ohne Wenn und Aber bei jedem Objekt zum Kauf geraten werden. Entscheidend ist bei der Abwägung, ob eine Finanzierung aufgenommen werden sollte, immer auch der Wert der Immobilie. Gerade in Regionen, in denen die Immobilienpreise rasant steigen, werden Objekte häufig deutlich über ihrem eigentlichen Wert gehandelt. Das betrifft generell nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser, sondern auch Eigentumswohnungen und Baugrundstücke. Deswegen ist es unabdingbar, den eigentlichen Wert der Immobilie zu ermitteln und dem angedachten Kaufpreis gegenüberzustellen.

Potenzielle Jahreskaltmiete als Entscheidungsgrundlage nutzen

Um abzuschätzen, ob sich der Kauf einer Immobilie lohnt oder die Entscheidung doch lieber für die Miete fallen sollte, muss von Zahlen abhängig gemacht werden. Als wichtige Entscheidungsgrundlage gilt die potenzielle Jahreskaltmiete eines Objekts. Diese muss individuell ermittelt werden. Für das Kaufpreis-Miete-Verhältnis werden Kaufpreis und die mögliche Jahreskaltmiete miteinander dividiert. Um die Jahreskaltmiete festzulegen, muss ein Blick auf aktuelle Mietobjekte in der Region geworfen werden.

Wichtig ist es dabei, auf Mietobjekte zurückzugreifen, die mit dem ausgesuchten Kaufobjekt vergleichbar sind. Hier spielen Faktoren wie Alter, Größe und Ausstattung eine wichtige Rolle. Anhand des so ermittelten Wertes lässt sich einschätzen, ob ein Kaufobjekt zu teuer ist oder zu einem fairen Preis angeboten wird und somit auch eine lukrative Geldanlage sein kann. Hier gilt die Faustregel, dass alle Werte um 20 durchaus akzeptabel sind. Kommt ein Wert von mehr als 25 heraus, sollte von dem Kauf abgesehen werden.

Kaufnebenkosten in Entscheidung einbeziehen

Der Kaufpreis ist nur eine Seite, die bei der Entscheidung für Kauf oder Miete berücksichtigt werden muss. Bei der Frage „Wohnung kaufen oder mieten“ muss generell ein weiterer Punkt bedacht werden: die anfallenden Kaufnebenkosten. Wer sich für den Kauf einer Immobilie entscheidet, muss generell an die Nebenkosten denken, die beim Erwerb anfallen. Hierbei handelt es sich um Maklerkosten, Notarkosten und die finanziellen Aufwendungen, die aus der Grunderwerbsteuer resultieren.

Generell gilt, dass Eigentümer mit deutlich höheren Immobiliennebenkosten kalkulieren müssen als Mieter. Während Mieter auf durchschnittliche Nebenkosten von 2,16 Euro je Quadratmeter kommen, müssen Eigentümer hier mit etwa 4 Euro kalkulieren. Grund ist die erforderliche Rücklagenbildung. Diese werden gebraucht, um auf lange Sicht sowohl Reparaturen als auch Instandhaltungen zu stemmen. Allein hierfür sollte je Quadratmeter und Monat mit einem Euro kalkuliert werden.

Überlegen Verbraucher, ob sie eine Wohnung kaufen oder mieten sollten, müssen ebenso die Kreditkosten bedacht werden. Jeder Kredit verursacht während der gesamten Laufzeit zusätzliche Kosten. Oft spielt hierbei auch die Höhe des Eigenkapitals bei der Kreditvergabe eine große Rolle. Wie hoch diese genau sind, hängt unter anderem von der Tilgungsrate ab. Die Tilgungsrate ist für zwei wesentliche Merkmale verantwortlich. Zum einen muss hier die Laufzeit des Kredits genannt werden, zum anderen ist sie für die monatliche Kreditrate ausschlaggebend.

Immobilien aktuell so teuer wie lange nicht

Foto: Adobe Stock / dederer
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Bei der Frage, ob man eine Wohnung kaufen oder mieten sollte, wird aktuell gern mit den niedrigen Zinssätzen argumentiert. Doch die günstigen Baufinanzierungen haben auch eine Schattenseite. Aufgrund der niedrigen Zinsen ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach Immobilien stark gestiegen. Der Markt hat darauf reagiert, sodass sich in vielen Regionen Wohnimmobilien für Käufer stark verteuert haben und es sich lohnen kann, auch ältere Immobilien durch Wertsteigerung für mehr Geld zu verkaufen. Die deutlich höheren Preise wiegen wiederum in vielen Fällen die niedrigen Zinsen auf, sodass sich kein wirklicher Kostenvorteil ergibt.

Wohnung kaufen oder mieten: Individuelle Rahmenbedingungen berücksichtigen

Abschließend gilt zu sagen, dass die Entscheidung für den Kauf oder die Miete genau abgewogen werden muss. Vor allem, wenn die tatsächlichen Kosten von Miete oder Immobilienerwerb nicht weit auseinandergehen, lohnt es sich in vielen Fällen, neben den finanziellen Aspekten auch den Eigentumsaufbau in die Entscheidung einzubeziehen. Wer eine Immobilie kauft, baut Vermögen in Form von Eigentum und damit sehr viel Sicherheit auf. Dies macht sich vor allem im Alter bemerkbar, da bei der Altersvorsorge Aufwendungen für die Miete nicht mehr bedacht werden müssen.

Im gleichen Atemzug entstehen durch die Inanspruchnahme eines Immobilienkredits aber auch Schulden, von denen die Eigentümer über Jahrzehnte hinweg begleitet werden. Um dies zu umgehen, entscheiden sich viele Verbraucher bewusst für die Miete. Dann ist es aber auch wichtig andere Vorsorgelösungen in Anspruch zu nehmen, um eine gewisse finanzielle Sicherheit für die Zukunft aufzubauen.

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