Sachsens Metaller gehen in den Warnstreik, und die Kollegen von Halberg Guss im Leipziger Westen gehen voran. "Jetzt kriegen die Argumente Beine", sagte IG-Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel am Mittwoch. Es geht um 6,5 Prozent mehr Einkommen, eine unbefristete Übernahme der Auszubildenden und die Einschränkung der Leiharbeit.

Es war schon am 1. Mai auf dem Leipziger Markt zu spüren: Die Beschäftigen der Leipziger Metall- und Elektrobetriebe wollen nun endlich einen Erfolg bei den laufenden Tarifverhandlungen in Sachsen sehen.

Nachdem in der Vorwoche die Verhandlungen nach drei Runden vorerst festgefahren sind, setzt die Industriegewerkschaft Metall nun auf erste Warnstreiks. Den Anfang in der Leipziger Region machten an diesem Mittwoch, 2. Mai, die Beschäftigten des Gießereiunternehmens Halberg Guss im Leipziger Westen.

Punkt 14 Uhr versammelten sich die Kollegen in großer Zahl vor dem Werktor. “Der Arbeitgeber muss jetzt mal gezeigt bekommen, dass wir eine ordentliche Belegschaft sind”, stellte Betriebsratsvorsitzender Thomas Juers zu den Versammelten klar. Sollten diese Warnzeichen nicht den gewünschten Erfolg zeitigen, werde man “zur Not in einen unbefristeten Streik gehen”, kündigte der gewählte Belegschaftsvertreter schon mal an.Die “ordentliche Belegschaft”, von der Juers spricht, ist zu ganz großen Teilen vor das Werkstor an der Merseburger Straße gekommen. Zu über 90 Prozent gehört sie der Gewerkschaft an. Das verleiht Selbstvertrauen in den Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite.

Auch innerbetrieblich. “Irgendwo ist jetzt der Spaß vorbei”, fügt Juers mit Blick auf die Verhandlungen zu den Eingruppierungen der Beschäftigten in die Lohngruppen hinzu. Hier kündigt er in Kürze weitere Informationen an.

Doch zurück zu den laufenden Tarifverhandlungen der IG Metall mit dem Verband der sächsischen Metall- und Elektroindustrie VSME. Auch hier ist Thomas Juers bestens im Bilde, weil als Mitglied der gewerkschaftlichen Tarifkommission unmittelbar beim Verhandlungsgeschehen mit dabei.

Worum es den Metallern in dieser Tarifrunde geht, erläuterte zuvor Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen und Verhandlungsführer auf Gewerkschaftsseite. Mehr Einkommen für die Beschäftigten und mehr Solidarität mit den Auszubildenden und Leiharbeitern, so seine Botschaft.Nach den letzten Krisenjahren habe die Metall- und Elektroindustrie in Deutschland 2011 “ein hervorragendes Jahr” gehabt, erläuterte Höbel. “An diesen Gewinnen wollen wir Anteil haben”, so die Forderung des Gewerkschafters.

Von den ausgewiesenen 50 Milliarden Euro Gewinn der Branche seien 26 Milliarden an Gewinnen an die Anteilseigner ausgeschüttet worden, so Höbel weiter. Die IG-Metall-Forderung von 6,5 Prozent entspricht nach Höbels Darlegungen etwa 9,75 Milliarden Euro.

Den Ausgleich der Teuerungsrate von gut zwei Prozent und ein Anteil der Arbeitnehmer an der gestiegenen Wertschöpfung – unter dem werde die IG Metall nicht abschließen, bekräftigte der Bezirksleiter.Für substanzielle Lohnzuwächse nach den Einschränkungen der Krisenjahre hatten sich zuletzt auch eine Reihe namhafter Ökonomen und selbst verschiedene Regierungspolitiker ausgesprochen. Irgendwie passen die immer neuen milliardenschweren Bankenrettungsschirme und die guten Gewinne vieler Branchen in Deutschland nicht zu Verzichtsappellen, wie sie sonst europaweit zu hören sind. Dass die Sparrunden in Europa zudem eher krisenverschärfend die Arbeitslosigkeit erhöhen, hat zuletzt die Internationale Arbeitsorganisation ILO mahnend in Erinnerung gerufen.

Doch den Metallern zwischen Prignitz und Oberlausitz geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um mehr Solidarität, unterstrich Höbel. Zur Zukunftssicherung der sächsischen Betriebe gehöre die Gewinnung eines geeigneten Nachwuchses in der Region. Von daher kommt die IG-Metall-Forderung nach einer unbefristeten Übernahme aller Auszubildenden nach der Ausbildung zu den Tarifbedingungen der IG Metall. Damit die jungen Leute nach der Ausbildung nicht in den Westen und Süden der Bundesrepublik ziehen oder sich bei einem Verleiher verdingen müssten.

Überhaupt: die Verleiher. Damit das Massenphänomen Leiharbeit in den Betrieben nicht noch weiter um sich greift, wollen die Metaller eine Regelung zu mehr Mitbestimmung bei der Entscheidung über den Einsatz von Leiharbeitern in den neuen Tarifvertrag hinein bekommen. “Wir wollen auch mal Nein sagen können, wenn der Arbeitgeber schon wieder mit einer Forderung nach mehr Leiharbeit um die Ecke kommt”, donnerte Höbel. Zudem gerieten die Tarife zunehmend in Gefahr, wenn es Usus werde, dass 50 Prozent der Belegschaft als Leiharbeit außerhalb der Tarife stehen.

Der jetzige Zustand bei der Leiharbeit “geht gar nicht”, findet gegenüber L-IZ auch die Leipziger Bundestagsabgeordnete Barbara Höll (Die Linke), die mit vor das Werktor gekommen war. Hier müsse der Gesetzgeber Höchstgrenzen festlegen, sagte sie unter Verweis auf entsprechende Anträge ihrer Bundestagsfraktion. Auch müsse der Grundsatz “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” wieder gelten.

Auf die Vorreiter von Halberg Guss werden dann am Donnerstagmorgen die Beschäftigten der Automobilwerke im Leipziger Norden folgen.

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