Einen Euro mehr pro Stunde fordert die Gewerkschaft Verdi für die 265.000 Beschäftigten im mitteldeutschen Einzelhandel. Mit dieser Forderung geht die Gewerkschaft in die Verhandlungen, die am 8. Mai 2013 in Leipzig starten. Die zweite Hauptforderung besteht in dem Erhalt der Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Nichts gilt mehr im deutschen Einzel- und Versandhandel. Zum 30. April 2013 haben die Arbeitgeber bundesweit den Manteltarifvertrag sowie die Tarifverträge zu den Arbeitsentgelten gekündigt.

“Wir stellen fest, dass der Zorn und die Wut der Beschäftigten enorm ist”, sagt Stefanie Nutzenberger beim Pressegespräch am Dienstag im Leipziger Norden über die Kündigung des Manteltarifvertrages durch die Arbeitgeber. Die dort enthaltenen Regelungen über Arbeitszeit, Zuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sollen weiter gelten, fasst die Bundesfachbereichsleiterin Handel im Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Stimmung an der Basis zusammen.

Darin sieht sich Stefanie Nutzenberger von den Kolleginnen und Kollegen aus den drei mitteldeutschen Ländern bestärkt. Im Berufsbildungswerk in Möckern kamen 90 Beschäftigte zusammen, um die Forderungen für die regionale Tarifrunde zu beraten.”Ich bin nicht nur betroffen, ich bin wütend”, beschreibt Regina Gläser ihre Stimmungslage. Seit 21 Jahren ist sie im Einzelhandel tätig. Die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten hätten sich in diesem Zeitraum zusehends verschlechtert. “Jetzt muss man kämpfen”, so die Leipzigerin, “jetzt zeigt sich, wer dazu bereit ist”.

Bei den am 8. Mai 2013 in Leipzig beginnenden Tarifverhandlungen für Mitteldeutschland geht es zugleich ums Geld. “Jeder Euro zählt”, bekräftigt Katharina Klose. “Es kann nicht sein, dass man jeden Euro umdrehen muss”, fährt die Leipziger Verkäuferin fort.

Damit die Tarifforderung sinnlich erfassbar wird, weicht Verdi Mitteldeutschland von den vertrauten Forderungen im Prozent-Bereich ab. Einen Euro mehr pro Stunde für alle soll es sein, sind sich auch die Beschäftigtenvertreter im Leipziger Berufsbildungswerk einig. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde soll dabei nicht unterschritten werden, die Ausbildungsvergütungen sollen um 90 Euro monatlich steigen. In Prozenten brächte diese Erhöhung Einkommensverbesserungen zwischen sechs und acht Prozent, erklärt Jörg Lauenroth-Mago, Verdi-Landesbezirksfachbereichsleiter und mitteldeutscher Verhandlungsführer der Gewerkschaft.

Eine solche Forderung entfaltet ihre eigene Verteilungswirkung. “Wir wollen die unteren Einkommen stärker anheben als die oberen”, nennt Jörg Lauenroth-Mago einen zweiten Grund für diese Vorgehensweise.

Lauenroth-Mago sieht die Fronten zwischen den Sozialpartnern so verhärtet, dass er die nahende Tarifrunde schon mal mit dem Attribut “konfliktorisch” versieht. Das schließt Arbeitskampfvorbereitungen auf der Beschäftigtenseite ausdrücklich ein.

Der jetzt streitbefangene Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel ist genau der, den die Beschäftigten bei Amazon Leipzig auch für sich durchsetzen wollen. Was früher bei Quelle Recht war, müsse nun bei Amazon billig sein, lautet eine der Begründungen für den angestrebten Wechsel des Tarifvertrages. Wie vermeldet, steht deshalb bei dem Versandhändler im Leipziger Nordosten demnächst ein Streik an.

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