Die Stiftung Friedliche Revolution macht Schulen und andere Bildungseinrichtungen darauf aufmerksam, dass sie den Dokumentarfilm "Ein schwarzes Schaf" über das NS-Opfer Friedrich Wilhelm Schilling ab sofort für Unterrichtszwecke bei der Stiftung bestellen können. Der 24 Minuten lange Film, der in einem gemeinsamen Projekt mit dem Evangelischen Schulzentrum Leipzig entstanden ist, zeichnet den Lebensweg eines mutigen Leipziger Pazifisten nach.

Friedrich Wilhelm Schilling, der im Frühjahr 1939 nach wiederholtem Protest gegen die Kriegs- und Rüstungspolitik des NS-Regimes verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verbracht wurde, ist dort wenige Monate später an den Folgen der sogenannten Schutzhaft im Alter von 37 Jahren gestorben.

In der Leipziger Katharinenstraße erinnert seit 2007 ein Stolperstein an den NS-Gegner. In dem von der Stiftung angeregten Projekt hat sich unter Leitung des Leipziger Historikers Daniel Heber eine Gruppe Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Schulzentrums in Leipzig mit dem Lebensweg von Friedrich Wilhelm Schilling befasst und nach Recherchen in verschiedenen Archiven und einem Besuch in der Gedenkstätte Sachsenhausen den Film realisiert.

Wilhelm Schilling wurde am 12. Februar 1902 in Zweenfurth bei Leipzig geboren. Er erlernte den Beruf eines Schlossers und studierte von 1921 bis 1925 in Chemnitz Maschinenbau. Doch alle ihm angebotenen Stellungen in der Maschinenbaubranche lehnte er ab, denn er wolle nicht für die Aufrüstung Deutschlands arbeiten, die schon in der Weimarer Republik wieder begann. Vermutlich war er musikalischer Autodidakt, denn er bestritt seinen ärmlichen Lebensunterhalt mit Musikunterricht. Wilhelm Schilling war nicht verheiratet und hatte auch keine Kinder.

Sein Vater meinte, dass Musikschüler ihn bei der Polizei angezeigt hätten, denen gegenüber er seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht hat, dass Hitler Kriegsabsichten hege. Andererseits erzählte seine Schwester Erna der nachgeborenen Familie, dass Wilhelm, die Gefahr ignorierend, seine Abscheu gegenüber den Nazis mit einem Antihitler-Plakat zum Ausdruck gebracht hätte, das er am hellen Tage durch die Leipziger Nikolaistraße getragen haben soll.

Fakt ist, dass Wilhelm Schilling am 16. Januar 1939 aus politischen Gründen mit dem Vermerk des “unbefugten Vertriebs von Werbezetteln” verhaftet wurde. Hintergrund seines Handelns war seine christliche Überzeugung, die er auch auf seinen Postkarten aus dem KZ Sachsenhausen zum Ausdruck brachte. Rückhalt in der Familie hatte er dabei nicht, denn einige Familienmitglieder partizipierten an der nationalsozialistischen Macht. Somit bildete das Schicksal Wilhelm Schillings in der Familie ein Tabu.Viele Dokumente, die das Leben Wilhelm Schillings beschreiben könnten, sind vernichtet, mussten die vier Schüler des Evangelischen Schulzentrums feststellen – die Akten des KZ Sachsenhausen genauso wie die der Leipziger Gestapo, in deren Haft Schilling nach seiner Verhaftung am 6. März 1939 wohl noch mehr als einen Monat verbrachte. Das Polizeitagebuch hatte noch seine Freilassung dokumentiert – aber eben eine “Freilassung” direkt an die Geheime Staatspolizei.

Brisant war Schillings Protest im März 1939 zum Auftakt der Leipziger Frühjahrsmesse, weil Adolf Hitler nach seinen Annexionen in der Tschechoslowakei und in Österreich längst dabei war, den Überfall auf Polen zu planen. Die vier jungen Filmemacher Justus E. Kahnt, Daniel Korenev, Lote Unkell und William Rambow sind auch nach Sachsenhausen gefahren und haben versucht, sich in die letzten Monate von Schillings Leben einzufühlen. Wesentliche Teile des Films werden vom Gespräch mit Volker Anders, dem Neffen Schillings, getragen.

Der 24-Minuten-Film zeigt auch, dass es den NS-Machthabern eben nicht gelang, dieses besondere Schicksal völlig auszumerzen, wie sie versucht haben, jeglichen Protest gegen ihr Regime und den Krieg auszumerzen. Schilling – der in der Gemeinde der Peterskirche aktiv war – steht für jene Leipziger, die auch mitten in der Diktatur den Mut fanden, mit ihrem Protest in die Öffentlichkeit zu gehen. Wohl wissend, dass sie damit Leib und Leben riskierten.

Am 28. April 1939 kam Wilhelm Schilling in das KZ Sachsenhausen. An seinen Vater schrieb er am 30. Juli 1939: “… Ich kann Euch nur eines schreiben: Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte und Treue; Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm …”

Am 4. November 1939 kam Wilhelm Schilling, gerade mal 37 Jahre alt, in Sachsenhausen ums Leben.

Der 2013 entstandene Film kann über die Homepage der Stiftung Friedliche Revolution oder per Mail (info@stiftung-fr.de) bestellt werden.

www.stiftung-fr.de

Ein Stolperstein für Friedrich Wilhelm Schilling: www.stolpersteine-leipzig.de/index.php?id=168

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar