Wenn es draußen dunkel ist, leuchtet Leipzigs Museum der bildenden Künste, zuweilen strömen spätnachmittags noch Besucherscharen ins Haus. Gut 200 Besucher dürften es Mittwochabend gewesen sein, am 13. Januar, verteilt über die Ebenen um den Innenhof. Mehr als 10 Jahre schon zieht der wuchtige Baukörper Neugierige an, mancher Hingucker wird zum Kopfschüttler.

Als regelmäßiger Besucher fragt man sich, was Tänzer mit dem Bau anstellen wollen. Etliche Male schon war Mario Schröders Company aus dem Leipziger Opernhaus beim „Tanz in den Häusern der Stadt“ in diesem Haus unterwegs. Woanders gab es ideenreiche und enthusiastisch gefeierte Mitwandertheater, in der Uniriesen-Restaurantetage und bei der Universitäts-Kunstpädagogik beispielsweise.

Zwei Etagen muss man im Museum hinauf um in der riesigen Halle zu stehen, wie in einem Hof, statt Fenster die Terrassen mit Ausguck und Treppenhäuserzugänge. Bildende Kunst ist hier wenig zu sehen. Ein paar Scheinwerfer genügen, dazu ein Sound, der autark ist gegen Nachhall und Echo, Kunst im Zentrum: Bildende Kunst als Szenenbild. Anselm Kiefers Kunstwerk „Der Rhein“ steht mitten auf der Museums-Spielfläche, ein übergroßes Buch, die Seiten aufgefächert. Es gehört dem Leipziger Museum, Kiefer wurde in Donaueschingen geboren, zog später nach Paris. Dazu Tänzer in Bewegungen. Man rätselt, was vorher erdacht, erprobt und vereinbart war, und was im Spannungsfeld entstand: Platz und Inspiration bietet dieser Raum genug.

Tanz im Museum

Bewegungen wetteifern mit den Leuchtstoffröhren-Funken aus der alten Zündkerze an der Museumswand, die die Tänzer freilich von ihrer Spielfläche aus kaum wahrnehmen können.  Sieben Tänzer wirbeln über den steinernen Untergrund, einer davon, Francisco Banos Diaz, ist auch der Klangkünstler-DJ

Wenn es draußen dunkelt, leuchten im Museum die Funktionsräume und die Leuchtstoffröhren-Zündkerze. Foto: Karsten Pietsch
Wenn es draußen dunkelt, leuchten im Museum die Funktionsräume und die Leuchtstoffröhren-Zündkerze. Foto: Karsten Pietsch

Anselm Kiefers Buch ist Verdeck und Versteck, Raumteiler, Auftritt und Abgang, wie in Kapiteln begegnen sich Menschen in Annäherungen, Beziehungen, Trennungen. Pas de deux und Volkstanz, wenn es die Musik so zu verlangen scheint. Vielfaches Eigenleben. Da zeigt eine gute halbe Stunde mehr, und lässt mehr erleben, als manchmal ein ganzer Abend.

Als wären Museen und Theater, Schauspiel, Oper und Ballett nicht schon schöne Möglichkeiten, seine Steuergelder wiederzusehen, so war an diesem Abend der Eintritt auch noch frei.

Denn was da gebaut wurde, ist nicht mehr zu verändern gewesen. Allenfalls mit gemaltem Himmel über der Cafeteria. Da kriegt der Beton-Baukörper nun durch Tanz etwas vom Leben erzählt, anders als es Bilder und Skulpturen tun können. Ein früherer Museumsmitarbeiter hat mal gesagt, die Architekten hätten wenig Verständnis dafür gehabt, ein Museum als ein Biotop zu begreifen.

Rechte Winkel überall, als wäre Beton nicht zu formen und zu gestalten gewesen. Hölzerne Treppenhäuser mit Stufen so hoch, dass sich Schritte verlangsamen. Wenn abends Licht nach draußen dringt, ahnt man wie drinnen Funktionsräume um die übermäßig hohen Ausstellungssäle herumgestapelt sind, wie auf einem Containerschiff.

Kunst-Erfindungen neben Abriss und Aufbau

Regionale Schlagzeilen machte das Museum in den letzten Tagen mit einer Skulptur, an der Leute erst herumrätselten: Bach? Oder Beethoven? Man weiß längst: Lüpertz! Doch Leipzig hat seinen Beethoven im Museum, von Klinger. Und seinen Bach auf dem Thomaskirchhof, von Seffner. Da hat es nun noch ein Beethoven nicht leicht…

Bühne mit Zuschauerrängen: Rund 200 Neugierige wollten sehen, wie man ein Museum vertanzt. Foto: Karsten Pietsch
Bühne mit Zuschauerrängen: Rund 200 Neugierige wollten sehen, wie man ein Museum vertanzt. Foto: Karsten Pietsch

Verkündet Markus Lüpertz’ konfuser Beethoven nun, was dieser beiden „Freude schöner Götterfunken“ sein könnten. Daneben zeigen sich hinter dem Bauzaun Gewölbereste alter Erd- und Kellergeschosse, die alte Katharinenkapelle hat auf dieser Fläche einst gestanden. Nun wird archäologisch vermessen und gemutmaßt, dann tiefer gegraben und neu gebaut, ohne Chance für alte Räume, ins Neue einbezogen zu werden. Da ist man in Leipzig großzügig, großartig. Und später nachtrauernd.

Doch wehe den Museums-Besuchern, die vom Steinfußboden auf die Dielen des Klinger-Saales wollen, da schimpft die Aufsicht aber, zumindest während des Tanzstückes. Aber das Drama eines fiktiven Museums-Aufsichts-Mannes gibt’s ja auch schon im Museum der bildenden Künste, als Kooperation mit dem Schauspiel Leipzig.

Tanz in den Häusern der Stadt gibt es mit dem Leipziger Ballett am 13. Februar 2016, 20:00 Uhr im Clara-und-Robert-Schumann-Haus.

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