Wenn viele Projekte in Leipzig so zäh verwirklicht werden, dann hat das auch damit zu tun, dass es oft keinen Planungsvorlauf gibt. In den Haushalten wird auf Sicht kalkuliert. Was zwei, drei Jahre gebaut werden soll, wird kaum schon sichtbar. Dabei muss schon in Vorläuferhaushalten meist Geld bereitgestellt werden, damit der Betrieb auch in der Übergangszeit gesichert ist. Im Naturkundemuseum zum Beispiel.

Das läuft schon seit Jahren auf Sparflamme. Nur ein Teil des Gebäudes an der Lortzingstraße kann noch für öffentliche Ausstellungen genutzt werden, der Direktorposten ist unbesetzt und auch bei den technischen Mitarbeitern hat die Stadt einen Stopp verhängt.

Das geht beides so nicht, findet die Grünen-Fraktion. Denn damit geht nicht nur Wirkung in der Öffentlichkeit verloren. Ohne Aufmerksamkeit erzeugende Ausstellungen wird das Haus bis zur möglichen Fertigstellung 2020 fast völlig aus dem Bewusstsein der Leipziger verschwinden. Es braucht also jetzt schon einen Ausweichort, an dem das Haus sich mit guten Ausstellungen wieder einen Besucherstamm aufbauen kann.

Derzeit steht im alten Gebäude nur noch ein Besucherraum mit 80 Quadratmetern zur Verfügung. Das nennt man anderswo “Kabinett” oder “Schatzkammer”. Und es lockt nur wenige Enthusiasten in den alten Kasten. Dabei werden in Deutschland zahlreiche naturwissenschaftliche Wanderausstellungen angeboten, die sich ideal mit den Sammlungen des Leipziger Naturkundemuseums ergänzen würden. Nur kann niemand diese nach Leipzig holen, weil sie selten weniger als 400 Quadratmeter Ausstellungsfläche brauchen.

Dass solche Ausstellungen ab 2020 ins modernisierte Haus kommen sollen, ist klar. Aber was passiert bis dahin?

Die Grünen-Fraktion beantragt deshalb im Doppelhaushalt, den der Stadtrat für die Jahre 2015 und 2016 beschließen soll, 170.000 Euro mehr, als bislang vom Kulturdezernat geplant. Dieses Geld soll es ermöglichen, zusätzliche Ausstellungsfläche im Stadtgebiet anzumieten und dort auch Aufstellung, Bewachung, Versicherung, Werbung und Betreuung zu bezahlen. “Mit einer angemieteten Wechselausstellung könnte die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter etwas reduziert werden und sowohl den treuen, als auch neuen Besuchern ein interessantes Angebot gemacht werden”, finden die Grünen.

Gewissermaßen wäre so eine ausgelagerte Wechselausstellung auch schon Werbung für das neue, erweiterte Naturkundemuseum. Das aber auch auf seine Sammlungsbestände angewiesen sein wird – und darauf, dass diese Bestände unversehrt ins neue Zeitalter kommen. Aber genau das macht Arbeit, stellen die Grünen fest, Arbeit, die der reduzierte Personalstamm des Hauses so nicht absichern kann. 2,5 Vollzeitstellen fehle für Museumspädagogik und wissenschaftliche Arbeit, ganz zu schweigen vom unbesetzten Direktorenposten. Die Arbeit des fehlenden Direktors müssen die verbliebenen Mitarbeiter miterledigen. 2015 sollte der Direktorenposten auch nach Meinung der Sachverständigen, die den viel diskutierten Masterplan für das Naturkundemuseum erstellt haben, unbedingt wieder besetzt werden. Das Schiff braucht einen Kapitän, der von Anfang an den Kurs bestimmt und die Leitlinien für das modernisierte Museum vorgibt, während sein wissenschaftliches Team im Hintergrund die Exponate und Präparate rettet und die elektronische Erfassung und Archivierung weitertreibt.

Mit den 2,5 Personalstellen wird nur eine Art arbeitsfähiger Stamm für das Personal wieder hergestellt. Dann würden immer noch einige wichtige Spezialisten fehlen, stellen die Grünen in ihrem Haushaltsantrag fest: “In jedem Fall sollten auch frühestmöglich die freien Stellen für Zoologie und Neozoen wieder besetzt werden.”

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