Was fängt man mit alten Kaufhäusern an, wenn das Kaufhaus-Zeitalter im Grunde vorbei ist? Auch in Lindenau, wo das ehemalige Kaufhaus Held an Zeiten erinnert, in denen die Lindenauer ihren eigenen Einkaufstempel direkt vor der Nase hatten. Und nach 1990 hatten auch die neuen Eigentümer des markanten Gebäudes an der Merseburger Straße Pläne, hier wieder ein Kaufhaus unter dem alten Namen in Betrieb zu setzen. Pläne, die dann aber scheiterten.

Heute steht das teuer sanierte Kaufhaus leer und 200 extra geschaffene Stellplätze in der Tiefgarage sind ungenutzt. Da müsse man doch was machen, fand die SPD-Fraktion.

Und so schrieb die SPD-Fraktion einen Antrag, der vor allem die mögliche Nutzung der 200 Tiefgaragenplätze als Quartiersgarage für Lindenau ins Spiel brachte. Dafür rezitierte SPD-Stadträtin Pia Heine dann auch extra Herbert Grönemeyers Lied „Mambo“: „Ich drehe schon seit Stunden/hier so meine Runden …“

Denn auch in Lindenau herrscht in einige Quartµieren Parkplatznot. Da könnte eine Quartiersgarage mit 200 Stellplätzen tatsächlich für Entspannung sorgen, fand die SPD-Fraktion: „Das zweite Kaufhaus Held in Lindenau an der Kreuzung Lützner/Merseburger Straße steht seit vielen Jahren leer. Jegliche Bemühungen aus der Bürgerschaft, dem einstmals prachtvollen Gebäude eine sinnvolle (Zwischen-)Nutzung zu geben, sind bisher am Eigentümer gescheitert.

Aus dem Protokoll einer Bürgersprechstunde des OBM vom 12.10.2021 geht hervor, dass ‚derzeit rund 200 Kfz-Stellplätze‘ in der Tiefgarage ungenutzt leer stehen. Auch damals wurde angeregt, diese als Quartiersgarage zu reaktivieren, was jedoch nicht weiterverfolgt wurde. Daher möchte die SPD-Fraktion einen neuen Vorstoß wagen und dieses Potenzial für eine Entlastung des öffentlichen Straßenraums im umliegenden Viertel heben.
Der Leerstand des alten Kaufhauses Held ist insgesamt sehr bedauerlich.

Nicht nur aus historischen Gründen, sondern auch im Sinne der Stadtentwicklung würde eine Wiederbelebung dieses ehemals prestigeträchtigen Ensembles das Viertel bereichern. Wenn es sich bei den oberirdischen Etagen vielleicht auch etwas schwieriger gestaltet, so sollte aber doch wenigstens die Tiefgarage mit vergleichsweise wenig Aufwand wiederhergestellt und nutzbar gemacht werden können.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass seitens des Eigentümers überhaupt kein Interesse an einer Entwicklung des Gebäudes im Sinne der Stadtgesellschaft besteht, sollten vorsorglich auch alle Möglichkeiten geprüft werden, die einen weiteren spekulativen Leerstand effektiv unterbinden. Für Wohnungen gibt es mit dem Zweckentfremdungsverbot bereits ein Rechtsmittel dagegen und nicht zuletzt §14 GG Abs. 2 gilt auch für Eigentum von Gewerbeimmobilien uneingeschränkt.“

Schwierige Gespräche

Die Begründung aus dem Antrag benennt dann freilich auch schon die Punkte, die es der Stadt schon in der Vergangenheit schwer machten, mit dem Eigentümer der Immobilie zu einer Einigung zu kommen, auch wenn es zuletzt – so Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke – eher um einen möglichen Kauf der Immobilie ging. Aber für einen Kauf hat die Stadt gar kein Geld.

Doch ein Problem sei auch – so Schülke – dass die 200 Stellplätze vertraglich an den Betrieb des Kaufhauses gebunden seien. Ob sie da ohne Kaufhausbetrieb herauszulösen wären, bezweifelte denn auch FDP-Stadtrat Sven Morlok.

Herr Clemens Schülke (CDU), Beigeordneter für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer
Clemens Schülke (CDU), Beigeordneter für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer

Während Dr. Tobias Peter für den Ergänzungsantrag der Grünen-Fraktion warb, dann mit dem Eigentümer des Gebäudes auch über mögliche Zwischennutzungen zu reden. Denn solche Zwischennutzungen in leer stehenden Leipziger Gewerbeimmobilien hätten bislang immer positive Erfahrungen gezeitigt und oft auch eine tragfähige Dauernutzung zur Folge gehabt.

Aber Clemens Schülke hat wohl recht: Wenn sich der heutige Eigentümer der Immobilie überhaupt schwertut, mit der Stadt zu Vereinbarungen zu kommen, kann man ihn auch nicht mit Stadtratsbeschlüssen binden. Dann kann man nur versuchen, mit ihm in Gesprächen vielleicht zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, ohne – wie Oberbürgermeister Burkhard Jung betonte – „zu hohe Erwartungen zu wecken“.

Herr Dr. Tobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer
Tobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer

Also schlug das Liegenschaftsamt als Beschlussformulierung vor: „Der Oberbürgermeister setzt sich mit dem Eigentümer des ehemaligen Kaufhauses Held (zuvor Kaufhaus Max Sachse, später Firma Hollenkamp & Co.) in der Lützner Straße 45-47/Ecke Merseburger Straße in Verbindung und wirkt darauf hin, dass die Tiefgarage dieses Objektes wieder öffentlich nutzbar gemacht wird. Das Ziel dieser Gespräche ist die Entwicklung einer Quartiersgarage an der Schnittstelle von Lindenau/Alt-Lindenau.“

Leipzig hat keine Druckmittel

Aber dass dies ohne eine Wiedernutzbarmachung des Gebäudes schwerlich zu bewerkstelligen ist, gesteht das Liegenschaftsamt in der Stellungnahme zumindest zu, auch wenn es auf Seiten der Stadt dafür kein rechtliches Druckmittel gibt: „Die weitere Forderung des Antrags, rechtliche Schritte gegen spekulativen Leerstand zu prüfen, ist inhaltlich nachvollziehbar, jedoch in der praktischen Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Gewerbliche Immobilien unterliegen nicht denselben gesetzlichen Regelungen wie Wohnraum, sodass eine direkte Einflussnahme durch die Kommune stark eingeschränkt ist.

Zwar verweist Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes auf die Sozialbindung des Eigentums, doch bietet dieser Grundsatz keine konkrete rechtliche Grundlage für eine verpflichtende Nutzung gewerblicher Objekte. Der Stadt Leipzig stehen derzeit keine wirksamen rechtlichen Instrumente zur Verfügung, um gegen gewerblichen Leerstand vorzugehen.“

Aber auch wenn es am Ende „nur“ der Verwaltungsstandpunkt war, der abgestimmt wurde und mit 34:27 Stimmen eine klare Mehrheit fand, war der Beschluss eben doch eine Aufforderung an die Verwaltungsspitze, noch einmal in Gespräche mit dem Eigentümer zu gehen und vielleicht sogar beides wieder in Nutzung zu bringen – die 200 Tiefgaragenstellplätze und die Räume des Kaufhauses, auch wenn es wohl nie wieder ein Kaufhaus wird.

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