Er hatte es mit den Hunden, und nicht nur den eigenen. Ein Buch "Richard Wagner - mit den Augen seiner Hunde betrachtet" hatte offensichtlich noch gefehlt in der Fachliteratur oder jener Literaturszene, der man nachkalauert, sie sei mit der Bezeichnung "Belletristik" eben mit dem Thema Hund befasst. Ein Fazit vorab: Angenehme Lektüre, leicht verdaulich übergeholfene Fakten und Zitate mittendrin.

Kann man bestimmt auch dem Hund vorlesen. Was die Zitate betrifft: Neunseitiges, zweispaltiges Verzeichnis von Anmerkungen, zu Werken und Quellen.

Leipzig: Hund fiel aus dem Fenster

Da wo der Hund begraben liegt, wollte auch der Meister selbst bestattet werden. Und ganz früh in Richards Leben soll ein Köter einst den kleinen Wagner-Kindern im Wohnhaus am Leipziger Brühl aus dem Fenster gefallen und an seinen Verletzungen gestorben sein. Anmerkung/Frage: Übte Richard ein Leben lang Wiedergutmachung? Erlösung? – Halt, denn damit verlassen wir gerade die Ebenen von Ernst und Aura. Wie viel Ernst verlangt das Buch “…von den Augen seiner Hunde betrachtet”? Auf dem umschlaglosen Einband ist der Kopf Richards angeschnitten, der Hund vor ihm lagert in voller Größe. Ein paar ausgewählte Fotodokumente enthält der Band, keine Montagen, kein Cartoon, kein Comic. Und die Hunde erzählen in wörtlicher Rede, einfühlsam oder provokant geknurrt und gebellt.Hundeaugenperspektive

Wagner kennt man. Oder nicht. Konsumiert ihn gelegentlich. Oder öfter. Wagnerianer sind süchtig. Zu Wagner kommt man aus Erziehung oder Verführung. Bleibt an ihm hängen, an seiner Dichtung, seiner Musik. Oder seinem Lebenskrimi. Da sind Grauzonen. Von der Nachwelt über die Maßen aufgeheizt. Von ganz unten, aus der Frosch-, sorry! – aus der Hundeaugenperspektive ist die weite Welt überschaubar gefährlich.

Zur Leipziger Buchmesse 2013 erzählte Buchautorin Kerstin Decker in einem Radiointerview, dass sich bei der Arbeit an einem vorherigen Buch über Friedrich Nietzsche und Richard Wagner ein spannendes Thema aufgedrängt habe: Wagner und seine Hunde. Mehr noch, das Herrchen aus Sicht des Vierbeiners, immerhin ging es ja auch um die himmelhochjauchzend befreundeten und später abgrundtiefhassenden Geistesgrößen Richard und Friedrich. Zwischen gemeinsamem Napf und Futterneid?

In einer Welt, in der ein Singvogel im Walde mit einem furchtlosen Wanderer sprechen und ihm Anweisungen verteilen kann, überrascht es niemanden, dass Hunde reden und schreiben können sollten.

Wenn Wagner und Nietzsche ihre Quellen und Literatur hatten, so ist denn auch das Untersuchungsthema “Hunde” nicht ganz neu. Da ist früher schon etwas ins weltweite Netz gegangen und “Paps und Papo” hieß ein Büchlein von Solveig Müller, Axel Dielmann Verlag, Frankfurt am Main, 2011, wenn auch nur 32 Seiten stark. Bei Kerstin Decker ist das freilich im Literaturverzeichnis erwähnt, wer es ernst meint, geht im Nach-Guttenberg-Zeitalter nicht so leicht vor die Hunde.

Königlich-Sächsischer Kapellmeister-HundMit Richard steigt sein Hund empor. Und so wie er, hebt auch jener ab. “Es macht schon einen Unterschied, ob man der Hund eines Schneiders oder des Königlich Sächsischen Hofkapellmeisters ist.” Trotzdem soll ihn Richard noch als “Hundchen” bezeichnet haben.

Peps reflektiert seine Ahnentafel (Seite 83) und unterstellt, dass Richard auch eine “Promenadenmischung” sein könnte, der nicht wusste, ob der Vater nun Herr Wagner oder Hausfreund Onkel Geyer war.

Und der Hund darf vieles. Peps nimmt sich einen der geliebten und maßgefertigten Schlafröcke des Herrn als Deckbett. Etliche der Hunde, so hat man untersucht, speziell in der Villa Wahnfried, haben Namen, die mit “F” beginnen und von Figuren aus dem “Ring des Nibelungen” stammen.

Mensch und Tier vereint am Gral

Mit einer Replik zu “Parsifal” schließt das Buch, und wenn als Bühnenweihfestspiel konzipiert, so ist es auch zum Richtfest einer Hundehütte statthaft zu betonen, dass “in den Thieren das gleiche athmet was uns das Leben gibt.” Darauf einen Schluck aus dem Gralskelch oder aus silbrig glänzendem Napf!

Richard ließ seinen getreuen Hund Russ dort bestatten, auf der Parkseite der Villa Wahnfried, wo er selbst dereinst neben ihm liegen wollte. Und so kam es dann auch.

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Richard Wagner
Kerstin Decker, Berenberg Verlag 2013, 25,00 Euro

Wagner-Menüs offeriert in der Gastronomie so manches Restaurant? Extra-Speisekarten für Hunde gibt es in auserwählten Häusern, es liegen keine Namen von Gerichten vor, die sich auf Leckerlis aus den Hundenäpfen des Hauses Wagner oder Wahnfried beziehen.

Wagners Bühnentieren wie Bär, Kröte, Lindwurm, Pferde, Schwäne, Waldvogel, vornehmlich mit ihren Äußerungen über R. W., und vielleicht auch mit Auskünften über die nachlebenden Regisseure und Szenografen, bleiben künftigen Publikationen vorbehalten.

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