Noch immer kein Hobby? Noch immer keine Lust auf Stricken, Sticken, Häkeln, Falten? Aber vielleicht Lust auf Natur? Auf was Buntes, Lebendiges, aus dem sich viel machen lässt? Dies hier ist wieder ein Buch zum Ansteckenlassen. Dazu braucht man nicht unbedingt einen Garten. Aber ein Garten wäre gut, weil er eine Fundgrube ist.

Kerstin Anders und Heike Henkel wurden beide in Schneeberg im Erzgebirge geboren. Die Eltern hatten einen Garten. Sie wuchsen mit der Natur und den Jahreszeiten auf und haben diese Liebe zum Gewachsenen mitgenommen, als sie umzogen in den Westen Sachsens. Da fehlen zwar die Berge, aber Kleingärten gibt es genug. Man muss sich nur einen pachten. Beide sind Mitglied im Kreisverband der Kleingärtner Westsachsen e.V. Das ist der Hintergrund. Den Rest kann man lernen.
Dazu gehören zwei Dinge, die man braucht: Das eine ist der Blick für die Schönheiten der Flora. Das andere ist der richtige Umgang damit. Wenn man das Zweite beherzigt, kann man aus dem Ersten laute kleine Kunstwerke machen. “Weihnachtsbäume mal ganz anders” zum Beispiel, auf Seite 64 in diesem Buch gezeigt – für alle, die so langsam ihre Zweifel haben, ob es wirklich richtig und klug ist, jedes Jahr eine gefällte Kiefer oder Tanne zu kaufen, um sie nach dem Fest einfach zu entsorgen. War das ursprünglich mal so gedacht mit dem Weihnachtsbaum? Und wenn: Muss es immer so sein?

Bevor man anfängt, braucht man Basiswissen und Basismaterial. Das kann man sich alles zulegen. Da sind so neckische Dinge dabei wie Heißklebepistolen, diverse Drahtarten, Gartenschere (fürs richtige Ernten), Seitenschneider und Steckmassen. Jedes Kunstwerk braucht eine gute Grundlage. Muss nicht immer Steckmasse sein. Selbst die borstigen Dinge aus der Natur eignen sich. Da fängt die Phantasie schon an: Wurzeln, Äste, Muscheln, Steine. Wer von diesem Hobby angesteckt wird, der geht irgendwann nicht mehr ohne Rucksack aus dem Haus. Und macht immer größere Wanderungen – in Wald und Wiese, an Bäche, Berge und Teiche. An Meere und Gebirge sowieso – da gibt es genug zu finden, das weiß jedes Kind. Man muss nur wissen, was man damit anfangen könnte.

Manches gibt es auch im Bastelladen – vorgefertigte Strohkränze zum Beispiel. Aber zum Basiswissen gehört auch, dass die Lust am Gestalten auch schon beim Kranz beginnt: Rebenkränze und Papierkränze? Auch das kann man selbst machen. Wenn man sich Zeit nimmt und nehmen möchte. Woher? Eigentlich ist genug da, wenn man den Fernsehsessel und den Fernseher verschenkt – zum Beispiel an Leute, die man nicht mag. Und dafür Platz schafft für seine oder eben ihre Bastelecke (er hast ja manchmal schon eine im Keller oder in der Garage).

Nach 20 Seiten Basiswissen geht es ans Eigentliche: die Blumenpracht, die in Garten, Wald und Heide wächst. Hier gibt es noch einmal Tipps, wie man die Pracht pflückt, ohne dass sie danach gleich verwelkt. Ein bisschen Floristenwissen. Das ist wichtig, sonst wird das mit den Kunstwerken nichts, die einen erfreuen sollen über wenigstens ein paar Tage. Danach gibt es acht Seiten lauter Blumennamen mit Tipps für jede Einzelne zur richtigen Behandlung – von Akelei bis Zinnien. Wer die noch nicht im Garten hat, kann ja jetzt die Beetgestaltung planen fürs Frühjahr. Und danach noch auf vier Seiten üben, wie man die Zutaten erkennt, all den herrlichen “Grünkram”, der aus ein paar Blumen erst kleine Gestecke und Bilderwelten macht. Da kommen auch Dill und Ginster, Schleierkraut und Haselwurz, Mohnkapseln und Zieräpfel zu Ehren. Etliches davon kann schon beizeiten geerntet und (richtig) getrocknet werden. Wer Schönes basteln will, sorgt vor. Und der Rest des Buches – der größere Teil – widmet sich dann den kreativen Ideen und wie sie umgesetzt werden können. Fein jahreszeitlich geordnet – von den Schneeglöckchen in der Rebkugel bis zu den pfiffig bepflanzen Blumenkästen. Wer einen Balkon hat, kommt auf ganz neue Ideen. Freut sich der Baumarkt, denn dann steigt natürlich der Absatz für Gärtnerschürzen, Strohhüte, Arbeitshandschuhe und diese kleine witzigen Figuren, die man im reich bestückten (und je nach Jahreszeit blühenden) Blumenkasten verstecken kann – Elfen, Zwerge, Wichtel. Da werden die Nachbarn neidisch sein, wenn sie einen Blick dafür haben.

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Mit Natur gestalten
Kerstin Anders; Heike Henkel, Buchverlag für die Frau 2014, 12,90 Euro

Die meisten Ideen aber sind fürs Innere der heimeligen Wohnung gedacht. Wie der Osterbaum (der frühe Freund des Weihnachtsbaums), der schon zum Suchen einlädt, denn draußen im Wilden gibt es ja genug Fundstücke, die das Lebenserwachen zu Ostern symbolisieren – Federn, aus dem Nest gefallene oder selbst ausgeblasene Eier, Moos, Zwiebeln. Und dann wird munter durch die Jahreszeiten gesteckt, gebunden, geklebt, bestreut, Kürbisse verwandeln sich in Pflanzschalen, Kastanien zieren den Herbsttopf, Lavendel sprießt aus Sisaltüten und bei Kränzen und Gestecken gibt es eigentlich kein Halten mehr. Hyazinthen melden sich aus Moos und weißen Kränzen ans Licht, die Weihnachtsnüsse und die Küchengewürze verwandeln sich in bizarre Kränze, ganz genauso wie Klematis, Lavendel und Hortensien.

Auffällige Rinden- und Aststücke wandern aus dem Wald auf den Tisch und füllen sich im Handumdrehen mit üppiger Blütenpracht. Der Knöterich entpuppt sich als ideales Baumaterial für Sommerlaune und Herbstfeuerwerk. Und die Mitbringsel aus dem Urlaub werden zu plastischen Bildern an der Wand oder gar zu alpinen Gebilden im oder auf dem Buffet. Man braucht nur die fröhliche Lust am Inszenieren, Zeit und Material. Und wenn man’s richtig betreibt, kommt man auch oft an die frische Luft. Das ist gesund.

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