Mit dem Japaner Shinya Yamanaka und dem Briten John Gurdon erhalten in diesem Jahr zwei Wissenschaftler den Preis, die mit ihren Forschungen zu sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) den Weg ebnen hin zu einer Stammzellforschung, die auf die Nutzung von embryonalen Stammzellen verzichten kann. Das freut einen Leipziger Wissenschaftler besonders, hat er sich doch schon seit Jahren diesem Thema verschrieben, an dessen Zukunftsfähigkeit immer geglaubt.

Prof. Dr. Frank Emmrich ist Direktor des Leipziger Translationszentrums für Regenerative Medizin (TRM). Mit seinem Team widmet er sich genau den Themen, für die seine renommierten Kollegen den Preis im Dezember entgegen nehmen werden. Der Wissenschaftler beglückwünscht seine Kollegen und konkretisiert die Perspektiven der Stammzellenforschung: “Herzlichen Glückwunsch, wenn sich die Hoffnung erfüllt, dass wir Stammzellen und ihre Wirkungsweise entschlüsseln können, wenn es gelingt, mit Hilfe der induzierten pluripotenten Stammzellen einen entscheidenden Schritt voran zu kommen, dann können wir akuten und chronischen Erkrankungen wie Schlaganfall und Diabetes, bei denen eine große Zahl von Zellen zerstört wird, eine Behandlung entgegensetzen, die spezifische Zellen an ihrem angestammten Ort erneuern kann.”

Am TRM Leipzig, einem der größten Drittelmittelprojekte der Universität Leipzig, wird derzeit im Bereich iPS zu Diabetes mellitus geforscht. Zu iPS-Zellen muss man wissen, dass sie durch eine Reprogrammierung von Körperzellen zu Stammzellen gewonnen werden. Dabei bezeichnet Reprogrammierung den Prozess, mit dem adulte (“ausgewachsene”) Stammzellen mittels bestimmter Gene rückentwickelt werden, so dass sie wieder die Eigenschaften von embryonalen Stammzellen aufweisen, insbesondere die Fähigkeit zur Differenzierung in verschiedene Zelltypen. Die Reprogrammierung bietet eine Alternative zum Einsatz von embryonalen Stammzellen. Am TRM Leipzig forscht Dr. Insa Schroeder zu iPS-Zellen.Ihr Thema lautet “Pankreatische Differenzierung von murinen (von Mäusen, Anm. d. Red.) und humanen embryonalen und induzierten pluripotenten Stammzellen”. Parallel leitet die promovierte Lebensmittelchemikerin die Nachwuchsgruppe “Stammzellforschung” am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. “Stammzellen, besonders pluripotente embryonale Stammzellen, haben ein unglaubliches Entwicklungspotenzial”, erläutert Dr. Insa Schroeder. Anliegen ihrer Forschung zu iPS-Zellen ist es, in vitro (im Labor) aus embryonalen Stammzellen insulinproduzierende Betazellen herzustellen. Dabei ist es wichtig, die molekularen Mechanismen zu verstehen, die in vivo (am lebenden Objekt) zur Bildung funktioneller insulinproduzierender Zellen führen, um diese in vitro nachzuahmen. Mit Hilfe von iPS-Zellen, die sich aus Körperzellen von Diabetespatienten herstellen lassen, soll zudem die Entstehung und der Verlauf von Diabeteserkrankungen in vitro nachgestellt und untersucht werden, um derzeitige Therapieansätze verbessern zu können.

Doch bei aller Hoffnung und Freude über die Nobelpreis-Auszeichnung für ihr Forschungsfeld bleibt der Wermutstropfen, dass es sich um ein sehr kompliziert Forschungsgebiet handelt: “Eine insulinproduzierende Betazelle funktioniert nur richtig im Verbund und im Zusammenspiel mit anderen Zellen aus der Bauchspeicheldrüse. Um also aus Stammzellen insulinproduzierende Zellen generieren zu können, muss man im Prinzip das gesamte Organ ‘nachbauen?”, verdeutlicht Dr. Insa Schroeder.

Das Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig wurde im Oktober 2006 mit dem Ziel gegründet, neuartige Diagnostik- und Therapieformen der regenerativen Medizin zu entwickeln, zu evaluieren und in die klinische Anwendung zu überführen. Die Arbeit des Zentrums wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Freistaat Sachsen gefördert. Die Forschung in der regenerativen Medizin, einem relativ jungen Zweig der Biomedizin, ist auf die Heilung bzw. funktionelle Wiederherstellung erkrankter Gewebe und Organe durch die Anregung körpereigener Regeneration oder durch biologischen Ersatz.

www.trm.uni-leipzig.de

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