Am Dienstag, 3. Dezember, wurden die Ergebnisse des jüngsten PISA-Tests der OECD veröffentlicht. Reihenweise feierten deutsche Medien den kleinen Sprung der deutschen Schüler nach oben. Sie schwimmen jetzt etwas überm OECD-Durchschnitt. Aber was heißt das in der Praxis? Da bekommt nicht nur Eva-Maria Stange, die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, ihre Zweifel. Was heißt ein höherer Punktestand, wenn trotzdem jeder 10. Schüler den Schulabschluss nicht schafft?

Was die Frage nach der Praxistauglichkeit des Tests stellt. Gerade in einem Land wie Sachsen, in dem die Geburtenzahlen ab 1992 derart eingebrochen sind, dass die Wirtschaft jetzt schon händeringend nach ausbildbarem Nachwuchs sucht – und 10 Prozent der Jugendlichen trotzdem in der Jobcenter-Schleife landen, weil sie die Grundvoraussetzungen für eine qualifizierte Ausbildung nicht haben?

Wo ist der Bildungsansatz? Wo das Bemühen der Politik? Das einfache Umbenennen von Mittelschulen in Oberschulen ist keine Qualitätsänderung.

“Während im heute vorgestellten internationalen Leistungsvergleichstest PISA 2012 festgestellt wurde, dass der Anteil der Schüler in Deutschland, die keine Grundkompetenzen in Mathematik, Lesen oder den Naturwissenschaften besitzen, leicht gesunken ist (in Mathematik von ca. 22 Prozent auf 17,7 Prozent), berichtet das Sozialministerium im aktuellen ‘Strukturatlas des Landesjugendamtes’, dass der Anteil der Schüler ohne Hauptschulabschluss 2012/13 bei 10,1 Prozent liegt und damit höher ist als im Jahr 2008/09 (8,8 Prozent)”, stellt deshalb Stange fest. “Gleiches trifft auf die Schüler mit Hauptschulabschluss zu: waren es 2008/09 noch 8,6 Prozent, so sind es 2012/13 bereits 10,3 Prozent der Absolventen.”Jeder fünfte Schüler verlässt damit in Sachsen die Schule mit keinem oder einem sehr niedrigen Schulabschluss und hat nur schwer eine Chance auf eine berufliche Ausbildung. “Das ist ein bildungspolitischer Skandal und ein Armutszeugnis für die seit 23 Jahren maßgeblich von der CDU gestalteten Bildungspolitik”, sagt Stange.

Besonders betroffen sind die Jungen, die anteilig jeweils 60 Prozent der Schulverlierer ausmachen. Im Vergleich dazu sind es auch die Jungen, die nur zu 45 Prozent eine Hochschulreife erreichen.

“Insgesamt ist Sachsen auch hier Schlusslicht bei der Zahl der Schüler mit Hochschulreife mit lediglich 28,5 Prozent (2008/09: 38 Prozent; Deutschland: 36 Prozent)”, stellt Stange das nächste Manko fest. “Diese Ergebnisse sind ernüchternd vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung in den letzten vier Jahren auf jede Anfrage der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag zu dem Thema mit einem neuen EU-Förderprogramm für leistungsschwache Schüler geantwortet hat. Keines dieser zahlreichen Programme wurde gründlich evaluiert. Die ständige Befristung der Programme hat nicht zu einer kontinuierlichen Förderung der Schüler und Schülerinnen führen können.”

Doch ein wirkliches Interesse daran, jede Schülerin und jeden Schüler zu einem qualifizierten Abschluss zu bringen, hat die CDU/FDP-Regierung in Sachsen nicht. Sonst würde sie nicht auch noch bei den so dringend gebrauchten Lehrerneueinstellungen bremsen. Gerade Schüler mit Handicaps brauchen deutlich mehr Betreuung und Förderung. Die EU-Förderprogramme hätten dafür eine Grundlage schaffen können. Aber auch diese Chance wurde vertan.

Eva-Maria Stange: “Auch aktuell wird es wieder zu einem Einbruch kommen, da die Programme 2014 auslaufen, sie keine Anschlussfinanzierung erhalten, die abschlussgefährdeten Schülern eine zweite Chance geben sollen und mit EU-Mitteln über die Bundesregierung gefördert sind. Die Landesregierung fühlt sich dafür nicht zuständig. Damit stehen nicht nur die dort Beschäftigten auf der Straße, sondern vor allem die betroffenen Schüler haben das Nachsehen.”

Ihr Fazit nach nun vier Jahren Schwarz-Gelb in Sachsen: “Die CDU/FDP-Landesregierung hat sich als unfähig erwiesen, das Problem der Förderung leistungsschwacher Schüler in den Griff zu bekommen. So wird Sachsen bald auch seine Stellung als PISA-Sieger verlieren.”

PISA-Vergleich: www.kmk.org/bildung-schule/qualitaetssicherung-in-schulen/bildungsmonitoring/internationale-schulleistungsvergleiche/pisa.html

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