Eine kleine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Dirk Panter und die noch knappere Antwort des sächsischen Staatsministers Johannes Beermann sorgen seit ein paar Tagen für Spaß im Netz. "Was versteht die Staatsregierung unter Onlinejournalismus?", fragte Dirk Panter am 6. September. Und am 1. Oktober erklärte Johannes Beermann, Chef der Staatskanzlei und zuständiger Medienminister: "Die Staatsregierung versteht unter Onlinejournalismus Onlinejournalismus."

Versteht natürlich kein Mensch. Im Netz kringelten sich die Leute. Es klang so witzig. Aber witzig war es von Panter ganz gewiss nicht gemeint. Eigentlich wollte er dem zuständigen sächsischen Medienminister auf den Zahn fühlen und ihn zwingen, Position zu beziehen. Denn eigentlich geht es um die aktuell wieder kochenden Debatten um ein “Leistungsschutzrecht” im Internet.

Debatten, bei denen sich scheinbar zwei monolithische Blöcke gegenüber stehen: Die öffentlich-rechtlichen und aus GEZ-Geldern finanzierten Sender, die mit Bild-, Text- und Filmangeboten ins Internet drängen und ihre opulenten Auftritte dort eben mit GEZ-Gebühren finanzieren. Sie brauchen kein “Leistungsschutzrecht”, denn sie bekommen ja das Geld wie eine Mediensteuer einfach zugeschaufelt.

Auf der anderen Seite stehen die großen deutschen Verlage, die eben nicht nur gegen den Moloch Google kämpfen, wenn sie ein “Leistungsschutzrecht” verlangen und auch immer wieder eine entsprechende Kulturabgabe zum Thema machen.

In einem Interview mit “Flurfunk Dresden” benannte Dirk Panter denn auch diesen Clinch: “Auslöser ist die aktuell geführte Debatte, wer die Hoheit über die Verbreitung von Inhalten im Netz besitzt. Im Streit darüber sind die privaten Verleger auf der einen und die öffentlich-rechtlichen Sender auf der anderen Seite. Die Verleger sehen eine Gefahr für den Absatz ihrer Bezahlangebote und beklagen schon jetzt massive Umsatzeinbußen, wenn die Öffentlich-Rechtlichen, zusätzlich zu den Audio- und Videoaufnahmen, auch Texte samt Hintergrundinformationen im Netz kostenfrei zur Verfügung stellen dürfen.”
Panter hält sich nicht bei diesen beiden Gegenspielern auf, die gern so tun, als wären sie die eigentlich wichtigen auf dem Online-Medienmarkt. Das sind sie aber nicht. Sie wollen nur beide den ganzen Kuchen. Und zumindest die deutschen Großverlage wollen im Internet gern die komfortablen Bedingungen, die sie sich im Druck-Medienreich längst geschaffen haben: das größte Stück vom Kuchen, am besten alles.

Doch Panter ist einer der Wenigen, die auch benennen, dass online mittlerweile ein eigener, von Druck und Funk völlig unabhängiger Markt entstanden ist. Wo Onlinejournalismus eben keine leere Worthülse ist für Leute, die eben mal Funk- oder Druck-Inhalte “auch mal schnell ins Netz stellen”. Und wenn man das Wort wirklich klar definiert, wird auch schnell deutlich, dass weder die Öffentlich-Rechtlichen noch die privaten Großverlage diesen Markt einfach für sich okkupieren können.

Im “Flurfunk Dresden” sagt Panter dazu: “Entweder lehnen sie Onlinejournalismus als eigene Gattung des Journalismus ab – machen sich damit aber in der Fachwelt lächerlich, weil sie die Augen vor der Realität verschließen. Oder aber sie gestehen dem Onlinejournalismus zu, nicht nur Ausweitung des bisherigen Angebotes ins Internet, sondern eine eigene Gattung zu sein – was gleichzeitig die Argumente der privaten Verleger ad absurdum führen würde.”

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Und Panter führt die Aussage bis zur nötigen Konsequenz: Wird Onlinejournalismus “als eigene Gattung des Journalismus angesehen oder reduziert die Staatsregierung Onlinejournalisten auf das Hochladen von bereits produzierten Inhalten auf eine Internetseite?”

Indem Beermann nicht bereit war, darauf klar zu antworten, zeigte er freilich auch, dass er genau weiß, dass hier drei am Tisch sitzen, von denen zwei falsch spielen. Zwei, von denen der eine gern behauptet, er würden mit seinen mit GEZ-Geldern ausgeweiteten Online-Auftritten nur das gesendete Programm erweitern und widerspiegeln, und der andere, er würde mit seiner tollen Redaktionsarbeit die eigentlichen Inhalte fürs Netz schaffen und damit Anrecht auf eine Vergütung haben.

Und der Rest? All die andere journalistischen Angebote, die da entstanden sind? Von Online-Zeitungen bis zu Online-Radios und Blogs? Was ist damit? Holt man sich da nur die Inhalte und tut dann so, als wäre das ansonsten alles nur Spielkram? – Dirk Panter will sich mit der hemdsärmeligen Antwort aus dem Hause Beermann nicht abspeisen lassen. Er will ihn weiter löchern, bis er von dem Mann, der in Sachsen eigentlich für alle Medien (und nicht nur das Staatsfernsehen) zuständig ist, ein paar ordentliche Antworten bekommt.

“Flurfunk Dresden” zum Thema:
www.flurfunk-dresden.de/2012/10/08/dirk-panter-in-meinen-augen-ist-onlinejournalismus-eine-eigene-gattung-des-journalismus

Frage und Antwort bei “CDUwatch”:
www.cduwatch.de

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