Was in Thüringen möglich ist, muss in Sachsen noch lange nicht gehen. Das musste jetzt auch die Linksfraktion erfahren, als sie die Stadtverwaltung nach der versprochenen Live-Stream-Übertragung aus dem Stadtrat fragte. Im Grunde ein hübsches Mittel, die Bürger direkt an den Stadtratssitzungen, die einmal im Monat stattfinden, teilhaben zu lassen. Und weder Stadtverwaltung noch Stadtrat hatten das Thema überhaupt angestoßen. Am Ende wollte sie aber alle mitmischen. Das klappte so nicht.

Denn dass aus anderen Kommunalparlamenten längst anstandslos gesendet wird, ist ja kein Geheimnis. Es könnte ein Beitrag zur Transparenz der Stadtpolitik sein. Mehr Bürger könnten ihren gewählten Parlamentariern und der Stadtspitze dabei zuschauen, wie sie wichtige Entscheidungen für die Stadt fällen, wer wann sein Händchen hebt, wer wie argumentiert am Rednerpult und wie die Bürgermeister und der OBM dabei gucken, wenn der Verwaltungsvorschlag mal abgelehnt wird.

Mt Plenum TV gibt es schon einen überregionalen Anbieter, der sich mit dem Thema beschäftigt. Aber auch die L-IZ und der Online-Ableger der LVZ bekundeten im letzten Jahr ihr Interesse bei der Stadtverwaltung, die Sendungen aus dem Leipziger Stadtrat zu übertragen. Dazu braucht man in der Regel nicht mehr als die Kameratechnik, die Übertragungsleitungen und das Medium, wo die mehr oder weniger spannenden Sitzungen dann ausgestrahlt werden können.

Die Angebote lagen der Stadtverwaltung vor. Aber irgendwie fühlten sich dann doch einzelne Stadträte in ihrer Ruhe gestört, bekundeten ihre Sorge ums eigene Bild oder ums falsche Bild. Da war man nicht so sehr dafür, das Projekt von irgendwelchen Dritten machen zu lassen. Also beschloss man im Dezember, das Live-Streaming wieder der bewährten Stadtverwaltung in die Hände zu geben.

Und dann passierte natürlich erst mal nichts.Die Linksfraktion fragte am 28. Juni noch mal nach, was draus geworden ist.

Am 16. Juli antwortete das Dezernat Wirtschaft und Arbeit. Die schlichte Feststellung lautet nun: So geht’s nicht.

“Der Stadtrat entschied sich dann für eine hausinterne Umsetzung über das Referat Kommunikation”, teilt das Dezernat in Beantwortung der Linke-Anfrage mit. “Nach dem Hinweis der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien vom Februar diesen Jahres, wonach der Anbieter im Sinne des § 2, Absatz 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV -) sowie des § 1 a Absatz 1 des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes (SächsPRG) in der jeweils gültigen Fassung auch bei ausschließlicher Übertragung im Internet über eine rundfunkrechtliche Zulassung verfügen muss, damit mehr als 500 Nutzer linear und zeitgleich die Übertragung empfangen können und eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung des Streams erfolgen kann (§ 2 Absatz 3 RStV), wurde nunmehr beschlossen, die Live-Stream-Übertragung in einem einjährigen Probebetrieb an einen Anbieter mit Sendelizenz zu vergeben.”

Also doch alles ein bisschen anders als vom Stadtrat gewollt.

“Aktuell laufen die vorbereitenden Gespräche mit dem Rechtsamt und der Abteilung Einkauf/Vergabe zur Frage, wie die Vergabe/Ausschreibung im Sinne des Ausschreibungsrechts zu bewerten ist”, teilt das Wirtschaftsdezernat noch mit. “Erst danach kann ggf. auch Leipzig Fernsehen neben anderen Anbietern aktiv angefragt werden.”

Das war dann eine Reaktion auf die Linke-Anfrage, die formuliert wurde, als Leipzig Fernsehen das Ende des Sendebetriebs im Oktober bekannt gab. Die Linke gab sich dabei ganz etatistisch und meinte, ein fleißiges Sponsoring der Leipziger Kommunalunternehmen könne den privaten Sendekanal Leipzig Fernsehen retten.

Dass dem auch ein paar rechtliche Grenzen entgegen stehen, erläuterte das Wirtschaftsdezernat denn auch: “Die Gründe sind nach Auskunft der Geschäftsführungen vielfältig und reichen von rechtlichen Restriktionen (z.B. KWL) über bekannte finanzielle Restriktionen und damit u.a. einer einhergehenden Neubewertung von Sponsoringaktivitäten (LVV-Konzern), bis hin zur mangelnden Passfähigkeit des Werbeformates ‘Lokal-Fernsehen’ hinsichtlich des Werbe- bzw. Zielgruppen-Wirkungsgrads im Vergleich zu anderen Medien.

Insgesamt ist zu konstatieren, dass sich vor allem in den letzten Jahren die Verhaltensweisen der Zielgruppen für Werbe- bzw. Sponsoringaktivitäten insgesamt gravierend verändert haben. Hier kommt dem Werbemedium ‘Internet’ eine immer größere Bedeutung zu. Dieser Entwicklung mussten auch die kommunalen Unternehmen im Interesse einer effektiven Vermarktung ihrer Angebote im Kerngeschäft durch entsprechende Ausrichtung ihrer Werbe- und Sponsoringaktivitäten angemessen Rechnung tragen.”

“Werbepartnerschaften mit Leipzig Fernsehen sind prinzipiell vorstellbar, so sie die gewünschten Werbeeffekte erreichen und nach geltendem Vergaberecht geschlossen werden können”, erklärte das Wirtschaftsdezernat noch. Aber es deutet Vieles darauf hin, dass auch das Format “Lokal-Fernsehen” in Leipzig seinem Finale zustrebt. Die Zuschauerschaft ist 60 plus. Was übrigens auch für etliche öffentlich-rechtliche Sender gilt.

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