Der Februar-Treff des Börsenvereins ist auch jedes Mal Gelegenheit für Verleger aus Mitteldeutschland, das vorzustellen, was sie jenseits des klassischen Büchermachens so anstellen. Hörbücher zum Beispiel, Bücher, die ins Internet verlinken oder gleich E-Books. Kein leichter Markt. Denn die technischen Möglichkeiten verändern sich zwar rasend schnell. Tun das aber auch die Lesegewohnheiten?

Bei den Hörgewohnheiten wissen die mitteldeutschen Verleger mittlerweile, dass sie sich so einiges trauen können. Ganz klassisch exerziert das ja der Leipziger Buchfunk Hörbuchverlag schon seit ein paar Jahren, der mit Jean-Henri Fabres “Erinnerungen eines Insektenforschers” für Furore sorgte. Und zur Buchmesse mit dem nächsten Großprojekt wahrscheinlich wieder für ein lautes Hallo sorgen wird. Denn er hat tatsächlich die gesamte “Geschichte meines Lebens” von Giacomo Casanova durch Alexis Krüger einlesen lassen: 137 Stunden sind das auf neun mp3-CDs.

Da beginnt man gleich zu trauern, denn die zwölfbändige Ausgabe dieses Mammutwerks erschien zuletzt im Leipziger Kiepenheuer Verlag.

Ein fröhliches Hallo hat auch ein Hörbuch aus dem Leipziger Eudora Verlag verdient: Bernhard Biller und Christiane Schmidt haben Texte aus Brigitte Richters “Freunde zu Gast im Hause Felix Mendelssohn Bartholdy” eingelesen. Klavier- und Violinmusik dazu – und fertig ist ein kleines, feines Hörerlebnis quasi direkt aus dem gern besuchten Salon der Mendelssohns.

Multimedial versucht sich ja auch der Buchverlag für die Frau mit “Kastenmeiers Köstlichkeiten” – zu den Rezepten gibt’s jedes Mal einen QR-Code, der via Internet den Zugriff auf Einkaufslisten und Radioauftritt ermöglicht.

Und dann sind da ja auch noch die ganz frisch gebackenen Verlage, die sich gleich ganz aufs neue Feld wagen.

Das ist in diesem Jahr zum Beispiel der Digitalverlag frankly, der via Website und App als Kombination von Verlag, E-Book-Store und Netzwerk an den Start geht. frankly ist eine Marke der Life Media Group AG. Die Leipziger Life Media Group AG tickt auch ein bisschen anders als die anderen Verlage.

Kopf des Projektes und Vorstand ist Robert Merkel. Sein Anliegen ist es, wie er sagt „die Lust auf Literatur und das Beste des traditionellen Verlagswesens mit den neuen technologischen Möglichkeiten für alle Seiten in Einklang zu bringen“. Der Anspruch von frankly sei es, so Merkel, Lesern und Autoren ein gemeinsames Zuhause in der digitalen Welt zu bieten.

Allen Autoren sind dabei klassische Verlagsleistungen wie Marketing, Distribution, Editierung zugänglich. Dem E-Book-Store liegt eine besondere Software mit Funktionen zugrunde, die dem Leser unter anderem Empfehlungen genauso erlaubt wie die Teilnahme am Entstehungsprozess eines Werkes. Am Ende soll – so Merkel – “eine frankly-Welt entstehen, ein einzigartiges soziales Netzwerk für alle Literaturbegeisterten, das eine breite soziale Vernetzung, Hilfestellungen und Dienstleistungen für AutorInnen, Wissenstransfer und eine engagierte Community vereint.”

Grundlage dafür: jede Menge Technik. Und natürlich die Frage: Kann man die Leser mit den Möglichkeiten der digitalen Vernetzung abholen? Oder ist es gar schon so, dass die jungen Leser dafür sogar aufgeschlossen sind und das klassische Buch sich jetzt völlig verändert? Dass man das elektronische Buch also den Lesegewohnheiten auf Smartphones und in Social Media anpasst?

Ein echtes Experiment, gibt Merkel zu. Noch weiß keiner, wie sich dieser Markt entwickelt. Das ist jetzt tatsächlich Neuland.

Der in Leipzig aufgewachsene Verleger schätzt den Gründergeist und die offene und aktive Kreativszene der Buchmesse-Stadt, betont er. Auf der Leipziger Buchmesse präsentiert sich frankly deshalb bewusst in direkter Nachbarschaft zum Giganten Amazon.

„Wir wollen ganz klar Alternativen zu Amazon & Co. anbieten“, sagt Merkel. „Mit besseren Bedingungen für Autoren, herausragender Technologie und einer wirklichen Begeisterung für Literatur.”

Zu den frankly-Autoren der ersten Stunde gehört Diana Feuerbach, die erst jüngst mit ihrem Romandebüt „Die Reise des Guy Nicholas Green“ für Aufsehen sorgte.

„Auch wenn der Abschied schwer fällt vom guten, alten Papier, das Modell frankly macht uns Autoren Mut. Mit frankly wage ich das Experiment – hinein ins neue Zeitalter für Sprache, Text und Geschichten”, erklärt die junge Dame.

„Die Zeit ist reif“, findet auch Claudius Niessen, Geschäftsführer des Deutschen Literaturinstitutes Leipzig (DLL), der sich ebenfalls im Projekt engagiert.  „Autoren sind heute viel aufgeschlossener, wenn es darum geht, ihre Leser zu erreichen. Es ist spannend zu erleben, wie frankly Brücken baut zwischen der Literatur und den unbestreitbaren Vorteilen des E-Publishing.“

Ebenfalls auf frankly vertreten sind die Illustratorin und Autorin Yvonne Kuschel mit ihrer Humoreske: „Busenwunder, ein Buch für Frauen!“, der in Kamerun geborene Autor Taba Keutcha mit seinem Kinderbuch „Sanggo der Waisenjunge“, Claudius Niessen mit „unreiner Grund“ sowie der Leipziger Lyriker Thomas Kunst.

Kann man also gespannt sein, ob das Experiment gelingt. Könnte ja klappen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar