Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Diesmal geht es um Deutschlands kleinste Holzkirche – die Kirche zu Elend im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Die Holzkirche zu Elend ist das Gotteshaus in Elend, einem Ortsteil der Stadt Oberharz am Brocken im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt.

Es gehört zur Evangelischen Stadtkirchengemeinde Elbingerode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Die Kirche gilt als Deutschlands kleinste Holzkirche – wobei sie genau genommen eine beschlagene Fachwerkkirche ist.

Geschichte

Der Kirchenbau wurde hauptsächlich aus Spenden finanziert. Im neugotischen Stil nach Plänen des Architekten E. Niewerth aus Wernigerode errichtet, wurde sie am 27. Juni 1897 geweiht. Zunächst fehlten Kirchturm und Apsis, über dem Westgiebel gab es lediglich einen Dachreiter mit spitzer Haube. Dank der Stiftung des in Elend geborenen Kommerzienrates George Schlägel aus dem Jahre 1904 konnten die fehlenden Gebäudeteile ergänzt werden. Das Gotteshaus ist elf Meter lang und fünf Meter breit, es bietet Platz für 90 Personen.

Der zweiachsige, holzverschalte Fachwerkbau trägt ein Satteldach, der Kirchturm ist vom achteckigen Spitzhelm bekrönt. Die rechteckige Apsis mit Satteldach ist in der Breite schmaler als das Kirchenschiff. Von 1990 bis 1994 erfolgte die Totalsanierung der Kirche, die jüngste Sanierung im Jahr 2022.

Historische Ansicht von etwa 1900 (Greifen, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=81968395)
Historische Ansicht von etwa 1900 (Greifen, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=81968395)

Ausstattung

Der Altar stammt aus der Erbauungszeit der Kirche. Es wird vermutet, dass es sich um eine erzgebirgische Holzschnitzerei handelt, die dem Altar der Stadtkirche Elbingerode nachempfunden ist. Auch der Altarbehang mit dem Lamm-Gottes-Symbol stammt aus dem Einweihungsjahr. Besonderheit: Der Altar ist rollbar und kann je nach Bedarf vor- und zurückgerollt werden.

Die heutige Kanzel löste 1908 die zwei Meter hohe, überdimensionierte Vorgängerin ab. Die Holzschnitzarbeit stammt aus der Werkstatt des Wolfgang Petersen aus Hannover. Sie zeigt Petrus mit dem Schlüssel, Mose mit den Gebotstafeln, Christus mit dem Buch des Lebens in seiner Hand und Paulus mit dem Schwert. Stifter dieser Kanzel war der ortsansässige Claus Witte. Er und Otto Witte stifteten 1908 auch die vier Fenster im Kirchenschiff.

Altar und Christus-Fenster (Greifen, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=81968397)
Altar und Christus-Fenster (Greifen, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=81968397)

Das Altarfenster zeigt den gefesselten Christus mit Dornenkrone, geschaffen von Glasmalerfirma Henning & Andres aus Hannover nach einem Gemälde von Peter Paul Rubens, gestiftet haben es die Geschwister Spormann aus Elend.

Die fünf Fenster der Kirche sind neben dem Schmuck, den sie zweifellos darstellen, auch eine „Predigt“ an die Kirchenbesucher. Sie sind umgeben von den vier Evangelisten mit ihren Symbolen, die mit ihren Berichten über das Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Hoffnung weitergeben: Matthäus mit dem Engel, Markus mit dem Löwen, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem Adler. Die Fenster wurden 1990 restauriert.

Die Orgel schuf 1897 die Orgelbaufirma Friedrich Ladegast & Sohn aus Weißenfels. Das zweimanualige Instrument hat sechs Register sowie mehr als 400 Pfeifen, deren längste 2,60 Meter und die kleinste 15 Millimeter misst. Die Disposition wurde in den 1950er Jahren verändert. Stifter der Orgel war Kommerzienrat Schlägel.

Die einzige Glocke der Holzkirche wurde 1901 aus der Kirche Elbingerode übernommen. Die 200 Kilogramm schwere Bronzeglocke stammt aus dem Jahr 1857 aus der Glockengießerei Ulrich in Apolda/Laucha. Sie wird von Hand geläutet.

Kirche zu Elend (Kassandro, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47552557)
Kirche zu Elend (Kassandro, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47552557)

Im Turmhelm der Kirche zeigt die funkgesteuerte, elektrisch betriebene Uhr mit ihren vier Zifferblättern die Zeit in alle vier Himmelsrichtungen an. Ihr Schlaggong ertönt zu jeder vollen und halben Stunde.

Ortsname

Immer wieder fragen Besucher und Wanderer, was es mit dem Ortsnamen „Elend“ auf sich hat. Im Namen steckt das althochdeutsche Wort „alia landa“, wo so viel heißt wie „außer Landes“: Als Bezeichnung für einen abseits gelegenen Ort in Abgeschiedenheit und Einsamkeit.

Förderverein

Für das Gotteshaus engagiert sich mit großem Engagement seit vielen Jahren der „Förderverein kleinste Holzkirche Deutschland e.V.“: So wurden beispielsweise umfangreiche Schäden der Holzfassade der Kirche – am Fachwerk, am Holzbeschlag der Fassade und den Windfedern der Ortgänge – ab Mai 2022 denkmalgerecht behoben. Die Arbeiten übernahm die Zimmerei Adams aus Ströbeck, die Sanierung wurde Ende September 2022 erfolgreich abgeschlossen.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) ehrte den Förderverein mit dem Hauptpreis des Ehrenamtspreises „Goldener Kirchturm“: Der mit 4.500 Euro dotierte Preis wurde am 4. Mai 2024 dem Förderverein überreicht. Die Jury des Wettbewerbs würdigt damit besonders das Ziel, das Gotteshaus langfristig und zeitgemäß mit Leben zu füllen.

Koordinaten: 51° 44′ 36,3″ N, 10° 41′ 5,6″ O

Die Kirche Elend auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Holzkirche_Elend

Website des Fördervereins: https://www.holzkirche-elend.de/

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