Auch im Museum der bildenden Künste sieht es seit der Schließung aufgrund der Corona-Krise gespenstisch leer aus. Dabei waren ein paar spannende Ausstellungen angekündigt. Und in gewisser Weise finden sie auch statt, auch wenn sich das Museum digital alle Mühe gibt, ja niemandem außerhalb zu verraten, dass man tatsächlich zu Führungen im Livestream einlädt. So wie heute Abend: Da kann man sich online durch die Ausstellung des Leipziger Malers Norbert Wagenbrett führen lassen.

Die sollte eigentlich am 24. März eröffnet werden. „Während der Schließung bringen wir die Kunst zu Ihnen nach Hause und hoffen, Sie als digitale Besucher/-innen begrüßen zu dürfen. Bei MdbK [insight] treffen wir KünstlerInnen, sprechen über ihre Kunst und beantworten Ihre Fragen in den Kommentaren. Am 13. März um 18 Uhr startete der erste Livestream von MdbK [insight] auf unserer Facebook-Seite – mit Paule Hammer und Alfred Weidinger“, so das Museum zu dem besonderen Angebot, bei dem die Kuratoren des Hauses virtuell zeigen, was derzeit real nicht besichtigt werden kann.

Die Ausstellungseröffnungen, die jetzt nicht stattfinden konnten, sollen nachgeholt werden.

Museumsdirektor Alfred Weidinger ludt nun zum nächsten virtuellen Rundgang ein: „… am Donnerstag haben wir einen Termin mit dem Leipziger Maler Norbert Wagenbrett, einem Vertreter im Übergangsbereich der Leipziger/Neuen Leipziger Schule. Seine erste Ausstellung im Museum wird gerade aufgebaut und wir hoffen, dass sie in nächster Zeit im wieder geöffneten Museum zu sehen ist. So versteht Ihr bitte die Sendung am Donnerstag um 18 Uhr als Teaser für die interessante Ausstellung und freut euch auf das Gespräch mit Norbert Wagenbrett, einem Charakter, der wirklich viel zu erzählen hat. …“

Das hat der Maler, der im November seinen 65. Geburtstag gefeiert hat, tatsächlich. Denn das deutet ja schon Weidingers seltsame Einordnung eines „Vertreters im Übergangsbereich der Leipziger/Neuen Leipziger Schule“ an. Denn zu diesen beiden „Schulen“ gehört man ja vor allem deshalb, weil man sich als in Leipzig studierter und/oder lebende/-r Maler/-in unter dem Label vermarkten lässt. Was nicht so einfach ist. Wovon gerade die Leipziger Künstlerinnen ein Lied singen können. Sie passen nicht in das schematische Verkaufsraster, das nach wie vor auf den männlichen (Bilder-)Maler fokussiert ist, auch wenn manchmal auch Gudrun Brühne und Petra Flemming als Vertreterinnen der Schule genannt werden.

Der Markt, auch der Kunstmarkt, richten so etwas nicht.

Und deshalb gibt es auch hochkarätige Leipziger Maler, die nicht dazugehören, weil sie nicht in den Kanon passen. So wie Norbert Wagenbrett, dessen porträtierte Menschen einen mit großen, ernsten, oft aber auch staunenden Augen anschauen und dabei eine unerhörte Präsenz herstellen, die den Betrachter/die Betrachterin zwingt, den Blick aufzunehmen. Und auch wahrzunehmen: Die Porträtierten sind Menschen wie Du und Ich. Ganz normale Menschen, durch nichts herausgehoben als ihr intensives Dasein. (Direkt zur Homepage des Künstlers.)

Bilder also, die den Betrachtenden ihr eigenes Präsentsein zurückspiegeln.

2004 veröffentlichte Ralph Grüneberger das Buch „Der Porträtist Norbert Wagenbrett. Einblicke in Leben und Werk“, in dem er sich – aus seiner Perspektive als Lyriker – dem Kunstschaffen des Malers annähert. Das Buch ist vergriffen. Zur jetzigen Ausstellung im Museum der bildenden Künste soll noch ein Katalog erscheinen.

Wer die Arbeiten des Malers freilich noch nicht kennt, für den ist der virtuelle Rundgang heute Abend ganz sicher interessant.

„Jetzt aber erst einmal: Herein, zu dieser ungewöhnlichen Präsentation“, lädt auch Ralph Grüneberger dazu ein. „Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Mittel. Bleibt/bleiben Sie gesund!“

Der Livestream auf dem Facebook-Kanal des Museums ist am Donnerstag, 26. März, um 18 Uhr ohne Anmeldung auf facebook.de zu sehen

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