Kunst ist weltkundig. Das kann man ab Samstag, 5. Juni, in der Galerie REITER in der Spinnerei selbst erleben, denn dort wird die Ausstellung „Vanishing Points“ mit Arbeiten von Ibrahim Mahama eröffnet. Der ghanaische Künstler (*1987) realisiert mit der Ausstellung „Vanishing Points. 2014–2020“ bei REITER sein erstes Solo-Projekt in einer deutschen Galerie.

Für seine raumgreifende ortsspezifische Installation arrangiert der Künstler hundert alte Schubkarren, die er von Arbeiter/-innen in Ghana eingesammelt und im Austausch gegen neue Modelle erhalten hat.

Die rostigen, abgenutzten Karren tragen deutliche Spuren täglicher schwerer Arbeit und können als deren Symbole verstanden werden. Sie stehen parallel für den Aufbau, der sich auch architektonisch in der Geschichte seines Heimatlandes manifestiert. Gleichzeitig ist Lohnarbeit auch im Zusammenhang seines in Tamale (Ghana) initiierten Projektes „Parliament of Ghosts“ zu sehen. Dieses bezeichnet ein Forum für diskursiven Austausch und trägt die Idee der sozialen Skulptur weiter.

Zum Abschluss der Ausstellung erscheint ein Buch über beide Projekte im Kerber Verlag.

„Wie urzeitliche Schildkröten-Fossilien, Science-Fiction-Käfer aus den 1920er Jahren oder phantasievolle Theater-Helme stehen die alten Schubkarren übereinander. Es können auch verrostete, ausgebeulte Körper sein, die an Skelettextremitäten herunterhängen. Ineinander verkantet, verkeilt oder eng umschlungen“, beschreibt Larissa Kikol das, was Ibrahim Mahama in seinem raumgreifenden Projekt sichtbar macht.

„Auf einer steht ,For rent‘, darunter eine Telefonnummer. Auf einer anderen entdeckt man eine Prägung: ,Germany‘, das Herkunftsland. Sie sind verrostet, sehen ausgeblichen aus, auch sie haben geschwitzt. Eine undefinierbare Farbe zwischen Gelb, Orange, Ocker, Grau und Braun bleibt übrig. Ihre Körper sind ausgetrocknet.

Zusammen bilden sie einen Damm aus Objekten, der den Betrachter auf Abstand hält. Ihr Wesen scheint feindlich für eine Haut, die sich aufschürfen und entzünden kann. Um sie herum ein erdiges Sandgemisch aus der Region Leipzig. Ebenfalls trocken. Ebenfalls unwirtlich. Auch es sollte nicht in eine Wunde gelangen.“

Dabei wurde der Künstler selbst aktiv, wie sie erzählt: „Ibrahim Mahama besorgte die 100 Schubkarren von Arbeitern aus Ghana. Er gab ihnen neue, sie gaben ihm die alten. Die längst überfällige Erneuerung ihrer Werkzeuge ist entweder ein einfacher, guter Tauschhandel, eine antikapitalistische Handlung oder Aktionskunst. In der Installation erinnern die Karren an die lange Geschichte ihrer Bewegungen, also an die körperliche Arbeit, an die Kolonialgeschichte, die Unabhängigkeit, den Aufschwung, die Probleme, die Bauruinen, den globalisierten Warenverkehr.

Ibrahim Mahama initiiert in Ghana neue Bauprojekte, wie The Savannah Centre for Contemporary Art (SCCA) und das Red Clay Studio. Orte, nicht nur für Kunstausstellungen und Kulturveranstaltungen, sondern auch für Schulkinder, die in Flugzeugen neue Klassenräume finden. Einige Schubkarren stammen ebenfalls von diesen Baustellen.“

Eröffnung der Ausstellung Ibrahim Mahana „Vanishing Points. 2014–2020“ in der Galerie REITER (Spinnereistraße 7) am Samstag, 5. Juni, 11 bis 20 Uhr. Zu sehen ist die Ausstellung vom 5. Juni bis zum 11. September.

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