Joel und Ethan Coen ("True Grit") begeben sich auf die Spuren der US-amerikanischen Folk-Bewegung der Sechziger. Untermalt von hörenswerten Songs schildern die Ausnahme-Regisseure, beides Bob-Dylan-Jünger, in ihrem neuen Film "Inside Llewyn Davis" den Leidensweg eines jungen Musikers, der - am Hungertuch nagend - von seinem großen Durchbruch träumt, letztlich aber scheitert.

1961, New York: Der mittellose Songwriter Llewyn Davis (Oscar Isaac) versucht, in Manhattans brodelnder Musik-Szene Fuß zu fassen. Der Tod seines Partners führt den Musiker von einem Gästesofa zum nächsten. Die eigene Wohnung kann er sich nicht mehr leisten.

Immer wieder kreuzen sich seine Wege mit seiner ehemaligen Freundin Jean Berkey (Carey Mulligan). Die Sängerin ist auf den smarten Mittzwanziger wegen einer ungeplanten Schwangerschaft schlecht zu sprechen, obwohl das Kind auch von ihrem Gatten Jim (Justin Timberlake) stammen könnte.

Der ist ebenfalls Musiker und lässt Llewyn gelegentlich bei sich schlafen und begleitet ihn hin und wieder zu dessen Gigs. Getrieben von dem Ziel, bei Manager-Ikone Bud Grossman (F. Murray Abraham) vorzuspielen, tingelt Davis auf einer endlosen Odyssee von Kneipe zu Kneipe.
Dem Zuschauer bietet der Film eine amüsante Zeitreise in die frühen Sechziger. Der Kalte Krieg tobt, die Menschen flüchten sich in ihre Musik. Bob Dylan ist 1961 noch ein unbekannter Kneipenmusiker. Die Hommage darf trotzdem nicht fehlen. In der Schlusssequenz, Davis ist in einer New Yorker Bar gestrandet, sitzt im Hintergrund der junge Dylan auf der Bühne.

Die Coens, die sich in “O Brother, Where Art Thou” bereits der Folk-Bewegung widmeten, porträtieren nicht den Superstar, den Messias des Genres. Sie widmen sich einem fiktiven Außenseiter, der vor dem Hintergrund der 60er-Musik-Welle seinen persönlichen Kampf mit der Welt ausficht und dabei die Schattenseiten des Musik-Business kennenlernt.

Das ist ganz großes Kino. Zumal die Regisseure einen exzellenten Cast aufbieten. Oscar Isaac verdient sich mit seiner Darbietung des melancholisch-depressiven Davis. Gewohnt stark auch Carey Mulligan als dessen manische Wegbegleiterin. Die Autorenfilmer wissen ihre Schauspieler durch den anspruchsvollen Plot zu führen.

Kameramann Bruno Derbonell fängt die melancholische Grundstimmung in durchdachten Bildkompositionen ein. Eine weitere Stärke sind die Folk-Songs, die niemand geringeres als Rock-Ikone T-Bone Burnett produzierte, der schon die Musik für das Johnny-Cash-Biopic “I Walk The Line” verantwortete.

Die Coen-Brüder haben ein stimmungsvolles Zeit-Portrait geschaffen. Packend, ergreifend, sehenswert. “Inside Llewyn Davis” zählt zweifellos zu den Höhepunkten des Kino-Winters 2013/14. Und zu den Favoriten bei der nächsten Oscar-Verleihung.

USA 2013, R: Oscar Isaac, Carey Mulligan, Justin Timberlake, John Goodman, 105 Min, FSK 6.

Filmstart ist der 5. Dezember, zu sehen in den Passage Kinos.

Die Seite zum Film:
http://insidellewyndavis.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar