Man hat sie fast vergessen, schon irgendwie geistig verstaut in der großen Gedächtniskiste, wo alle die eindrucksvollen Bands der DDR ihren Platz gefunden haben. Aber seit 2007 ist die alte Leipziger Gruppe Karussell wieder da – mal lauter, meist etwas leiser. Und sie hat noch immer den großen Sound drauf, der Karussell schon in DDR-Zeiten ausgezeichnet hat. Jetzt hat die Band ein neues Album veröffentlicht und darauf eine wirklich rockige Liebeserklärung an Leipzig.

Die Leipziger Gruppe Karussell zählt neben Karat, City, Puhdys und Silly zu den bedeutendsten und populärsten Gruppen der DDR und zeichnet für Klassiker wie „Wer die Rose ehrt“, „Ehrlich will ich bleiben“, „Autostop“ und natürlich „Als ich fortging“ verantwortlich.

Die Euphorie mit den Worten der Agentur: „Was für ein Lebensgefühl, die ‚Siebziger‘!!! Bunte Ornamenttapeten, Parka, Hot Pants und Plateau Schuhe. Genau in dieser Zeit, 1976, gründete Wolf Rüdiger Raschke in Leipzig die Band Karussell. Unverwechselbar und eigenständig grenzte sich die Band ab und zeichnete sich durch musikalische und textliche Tiefgründigkeit aus. Es entstanden unter anderem Hits wie: Autostop, Mc Donald, Ehrlich will ich bleiben, Wie ein Fischlein unterm Eis, Als ich fortging und Oben sein.“

Mit acht Alben, vielen Filmmusiken und Videos tourte Karussell durch Ost- und Westeuropa, Skandinavien und Südamerika. 1989 freilich ging diese Ära zu Ende und man glaubte an einen neuen Anfang. Aber es gab keinen Platz mehr für die DDR-Rockmusik. So mussten die Musiker nach neuen Wegen suchen, um ihre Existenz zu sichern.

Es wurde still um Karussell, für fast 17 Jahre. Aber wo ein Ende ist, ist auch ein neuer Anfang: 2007 gelang es dem Sohn des Bandgründers, Joe Raschke, und dem Frontmann der ersten Stunde, Reinhard „Oschek“ Huth, die Karussell-Songs wieder ins Leben zurückzuholen, denn die Texte waren aktueller als je zuvor. Die Herzen waren wieder offen für Karussell.

Und eigentlich trifft auch das zu: Das war der Sound des Ostens. Indem er so von weichgespültem Mainstream aus der Öffentlichkeit gedrückt wurde, wurde auch ein wichtiger Aspekt ostdeutscher Identität weggespült. Das alles schien nichts mehr wert in einer Welt des schnellen Geldes.

Aber wer so denkt, denkt wohl falsch. Identität hat eine Menge mit Musik und dem richtigen Sound zu tun. Diese Ernsthaftigkeit, wie man sie auch bei Karussell findet, ist auf dem deutschen Musikmarkt eher die Ausnahme.

Joe Raschke als neuer charismatischer Frontmann und ausgezeichneter Harp-Player bereicherte die Band gemeinsam mit den Musikern der aktuellen Besetzung und es gelang mit dem Neuanfang ein harmonisches Miteinander zwischen den Generationen.

Das 2011 erschienene Album „Loslassen“ stand den ersten Alben in nichts nach. Mit dieser Produktion wurde dort angeknüpft, wo 1989 alles sein Ende fand. Die Band ist wiedererkennbar, hat sich ihren textlichen und musikalischen Anspruch bewahrt und beeindruckt durch einen zeitgemäßen Sound.

Das im April 2014 erschienene Album „Karussell. Die größten Hits“ gestaltete sich als eine musikalische Zeitreise, weckte Erinnerungen und Emotionen, begeisterte aber auch durch aktuelle Songs und vereinte somit die Zuhörer über mehrere Generationen. 2015 hatte der Kino-Film „Karussell. Vier Tage auf Hiddensee“ zum Schweriner Filmkunstfest Premiere.

Anlässlich des 40. Band-Jubiläums erschien dann 2016 die DVD „Karussell. Ehrlich will ich bleiben. Die Geschichte der Band“. 2017 widmete sich die Band dem eindrucksvollen und tiefgreifenden Filmprojekt „Ela singt“. Dieser Film erhielt zum Schweriner Filmkunstfest den „Wir-Vielfaltpreis“.

Doch damit nicht genug. Die Band ging wieder ins Studio und präsentiert nun im Mai 2018 ihr neues Album „Erdenwind“. Das Album erscheint am 11. Mai bei Monopol/DA.

Joe Raschke: „Wir sind so fest zusammengewachsen, als ob es nie anders gewesen wäre. Und damit schließt sich der Kreis aus Vergangenheit, Zukunft, Vater, Sohn, Freunden, Menschlichkeit und Musik.“

Aber den nächsten Live-Auftritt hat die Band halt nicht im Zentralstadion, sondern am 15. Mai ab 20 Uhr in der LVZ-Kuppel im Peterssteinweg 19. Ist halt so. Wer hingehen möchte: Tickets sind erhältlich bei der Ticketgalerie im LVZ-Foyer (Peterssteinweg 19) und im Barthels Hof (Hainstraße 1), in allen LVZ-Geschäftsstellen, unter www.ticketgalerie.de und über die Tickethotline (0800) 2181 050. Der Eintritt kostet 10 Euro.

Und wer schon mal reinhören will, kann auf Youtube die große Liebeserklärung an die Heimatstadt der Band, an Leipzig, anschauen und anhören:


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Keine Kommentare bisher

Schade irgendwie, ‘meine Stadt’, so ein platter Text aus der Feder der Tourismus- und Marketingindustrie, könnte man meinen.
“Auch sei erwähnt, dass der Punker hier den Banker grüßt” – ja wenn ‘der Banker’ ‘den Punker’ grüßen würde.. und sich für bezahlbaren Wohnraum und Freiräume einsetzen würde.
Wenn das die Antwort auf FSF’s ‘Zurück in unsrer Stadt’ sein soll, ich weiß nicht.
Aber vielleicht gibt’s ja dann auch mal (wenn die Zustände dem auch entsprechen) einen ‘Gegen’-Text zu
Feine Sahne Fischfilet – Zuhause
https://www.youtube.com/watch?v=QmHTcxY0S8Y
An Leipzig kann man halt auch mehr lieben, als das “nicht zu bunte”, was immer das heißen mag.
Schade auch um die schöne Stimme, auf Wolken gehend und geschützt durch Wolken blickend..
Aber vielleicht sind es ja auch nur meine Erinnerungen, die entgegen dem ‘Mainstream’ anspruchsvollere Texte erwarten, ‘Altlegende’ Cäsar kann man ja leider nicht mehr fragen.

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