Wenn extra ein Minister anreist, um einen Scheck zu überreichen, dann geht man eigentlich davon aus, dass es ein richtig großer ist, mit dem ein lang geplantes Projekt endlich komplett umgesetzt werden kann. Die Komplettsanierung der Musikalischen Komödie zum Beispiel. Aber es ist Wahlzeit in Sachsen. Da reisen die Minister lieber mit vielen kleinen Schecks durchs Land. Am Montag, 12. Mai, gab's 1,9 Millionen Euro für Leipzig.

Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau hat am Montag, 12. Mai, aus den Händen von Markus Ulbig, sächsischer Staatsminister des Innern, einen Zuwendungsbescheid über 1,9 Millionen Euro aus dem EFRE-Programm und 300.000 Euro aus dem Förderprogramm Stadtumbau Ost in Empfang nehmen. Mit diesen Mitteln wird die Sanierung des derzeit noch leerstehenden Nachbargebäudes der Musikalischen Komödie – die Dreilindenstraße 24 – unterstützt, in dem künftig unter anderem die derzeitig noch im Keller der Muko befindlichen Künstlergarderoben untergebracht und dessen Dachboden zum Probenraum ausgebaut werden soll. Der Bau soll im Juli 2014 beginnen und im Jahre 2015 abgeschlossen sein. Die Gesamtkosten werden mit rund 2,1 Millionen Euro veranschlagt.

“Mit der Erweiterung der Musikalischen Komödie stärken wir eines der wichtigsten deutschen Operettenhäuser und eine tragende Säule der Leipziger Kulturlandschaft”, sagte Ulbig bei der Gelegenheit. Und übergab dann den Förderbescheid über insgesamt 1.938.669,37 Euro. Dass damit nur ein Ausweichprojekt finanziert wird, ohne dass damit der Sanierungsstau im Haus Dreilinden überhaupt in Angriff genommen wird – war kein Thema.
Erstaunlich erfreut zeigte sich Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau: “Ich freue mich über die großzügige Unterstützung dieses Projektes durch EU, Bund und Freistaat, und das gleich aus mehreren Gründen. Für die allseits beliebte Musikalische Komödie bedeutet die geplante Maßnahme die dauerhafte Absicherung des Spielbetriebs. Und für die Aufwertung des Quartiers, die seit Jahren von uns und vielen Akteuren engagiert vorangetrieben wird, ist sie ein weiterer Schritt nach vorn.”

Nein, die “dauerhafte Absicherung des Spielbetriebs” bedeutet dieser Scheck wirklich nicht. Dazu fehlen nach den Kalkulationen der Stadt rund 18,5 Millionen Euro. Eine Summe, die auf Jahre hinaus nicht darstellbar ist, weswegen die Stadt seit 2013 versucht, sie nach und nach anzusparen – durch 600.000-Euro-Raten in jedem Haushalt. Da kann sich jeder ausrechnen, bis es soweit ist, dass die beliebte Spielstätte jemals saniert werden kann.
Etwas verhaltener bewertet Torsten Rose, Betriebsdirektor der Musikalischen Komödie, die jetzt verteilte milde Gabe: “Für das Haus ist die Bereitstellung der Fördergelder ein klares Bekenntnis zur Musikalischen Komödie, als einem der letzten Operettenhäuser Deutschlands. Die Förderung ermöglicht die dringend benötigte Auslagerung der Garderoben für die bisher im Keller untergebrachten Kollegen und damit eine gravierende Verbesserung der bis dato schwierigen Arbeitsbedingungen.”

Das traditionsreiche Haus Dreilinden stammt aus dem Jahre 1912. Seit über vier Jahrzehnten ist es Spielstätte der Musikalischen Komödie und als Operetten- und Musicaltheater weit über Leipzig hinaus bekannt.

Aber selbst das Dezernat für Stadtplanung und Bau schränkt ein: Sein Sicherheitsniveau allerdings entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Um den Spielbetrieb weiter zu ermöglichen, werden seit über zehn Jahren schrittweise entsprechende Baumaßnahmen umgesetzt. Im vergangenen Jahr waren das zum Beispiel Brandschutzmaßnahmen im Wert von 320.000 Euro.

In diesem Zusammenhang erwarb die Stadt auch das 1905 als Wohnhaus errichtete, unter Denkmalschutz stehende Nachbarhaus Dreilindenstraße 24 und sicherte es baulich mit der Maßgabe, es für die Musikalische Komödie zu nutzen. Für die Garderoben- und die dazugehörigen Arbeitsräume werden das Erdgeschoss und zwei Obergeschosse fit gemacht. Zur Sicherstellung der Rettungswege wird die Holztreppe durch eine nicht brennbare Konstruktion ersetzt, außerdem ist ein Anbau für ein zweites notwendiges Treppenhaus mit Fahrstuhl vorgesehen.

Ein eingeschossiger Neubau stellt die Verbindung mit dem Bühnengebäude her. Die zur Straße gewandte Klinker- und Stuckfassade des alten Hauses wird denkmalgerecht aufgearbeitet. Außerdem sind Maßnahmen gegen den Hausschwamm vorgesehen. Die Außenanlagen werden der neuen Nutzung angepasst. Auf den unbefestigten Flächen sollen Rasen gesät bzw. Bodendecker gepflanzt werden.

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