Ein wenig ähnelt das, was die Sächsische Staatsregierung da 2014 mit dem designierten Intendanten der Semper-Oper in Dresden machte, dem Leipziger Umgang mit dem Opernintendanten Henri Maier 2007. Wobei nicht so recht klar ist, ob man nur bei den Vertragsverhandlungen nicht richtig zugehört hatte. Oder ob am Ende ein Machtkampf eskalierte. In beiden Fälle wurde es teuer.

Leipzig hat die Restvertragszeit für Henri Maier noch voll bezahlen müssen und den aufbegehrenden Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly dann doch verloren, ohne dass er als Generalmusikdirektor am Opernhaus je prägend wurde. Und die sächsische Staatsregierung hat schon fast 1 Million Euro an möglichen Folgekosten produziert, die jetzt der Staatsbetrieb Sächsische Staatstheater tragen muss. Wobei das nur der Stand aus dem Februar 2016 ist, wie ihn die Linksfraktion abgefragt hatte.

Die Zahl hat jetzt der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Franz Sodann, noch einmal hervorgeholt. Aus seiner Sicht ist die bis 2014 amtierende Kulturministerin Sabine von Schorlemer schuld an dem Drama. Zumindest dessen erstem Teil. Den zweiten Teil – die Fortsetzung des Gerichtsprozesses auf der nächsten Ebene – muss sich die nachfolgende Ministerin ins Stammbuch schreiben lassen.

Erst am Freitag, 26. August, verzichtete die Staatsregierung offiziell auf eine Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung.

„Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wird beim Bundesgerichtshof keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden im Rechtsstreit mit Herrn Serge Dorny einlegen“, teilte das Ministerium mit.

Und die folgende Aussage ist nicht deshalb interessant, weil sie aus dem Ministerium kommt, sondern weil sie nicht der amtierenden Ministerin zugeschrieben wird. Da scheint Eva-Maria Stange mit einigen Vorgängen im eigenen Haus nicht wirklich einverstanden zu sein, sonst stünde ihr Name hier.

So äußert sich nur auf ziemlich kuriose Weise „das Ministerium“: „Wir haben uns entschlossen, keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts einzulegen. Die Erfolgsaussichten einer Beschwerde werden nach rechtlicher Prüfung als gering eingeschätzt, weil der Bundesgerichtshof nicht das gesamte Verfahren neu aufrollen könnte, sondern nur Einzelfragen prüfen würde; es würden also beispielsweise keine Zeugen vernommen. Der Freistaat Sachsen wird finanzielle Ansprüche von Herrn Dorny begleichen, sofern sie juristisch berechtigt sind.“

Und zumindest diese Zahl gibt es ja seit Februar, wie Sodann feststellt.

„Die Entscheidung, dieses Verfahren nicht weiter künstlich zu verlängern, ist begrüßenswert“, meint Franz Sodann. „Dennoch bleibt festzustellen, dass der politische Dilettantismus und die Kurzschlusshandlung der vorherigen CDU/FDP-Regierung im Umgang mit Serge Dorny die Steuerzahler nun teuer zu stehen kommen können. Nicht nur die berechtigten finanziellen Ansprüche Serge Dornys, sondern auch Verfahrens- und Anwaltskosten werden zu begleichen sein.“

Bedauerlich sei hier die Tatsache, dass diese Kosten nicht die Verursacher der Angelegenheit tragen werden, sondern der Staatsbetrieb Sächsische Staatstheater.

„Trotz des zelebrierten Zweckoptimismus des Ministeriums, dass es zu keiner finanziellen Belastung für den Freistaat Sachsen kommt, wurden längst Mittel in Höhe von fast einer Million Euro für Entschädigungen bereitgestellt, wie sich aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage ergibt. So sicher wollte man sich dann doch nicht sein“, sagt Sodann.

Noch am 3. Dezember 2015 hatte Eva-Maria Stange selbst betont: „Nach eingehender Prüfung des Urteils vom Landgericht Dresden in dem Rechtsstreit gegen Herrn Dorny wird das SMWK dagegen Berufung vor dem Oberlandesgericht einreichen. Wir erwarten, dass weitere Zeugen angehört werden. Bisher stehen die Meinungen nur gegenüber. Wir erwarten eine umfassendere Würdigung des Sachverhalts und eine Bestätigung der außerordentlichen Kündigung. Die Oper ist von diesem Rechtsstreit nicht betroffen. Sie arbeitet sehr ruhig, dafür danke ich dem amtierenden Intendanten Wolfgang Rothe. Und der neue Intendant Peter Theiler steht quasi schon in Warteposition.“

Dorny hatte augenscheinlich nicht geschafft, in der Vorbereitung seiner ersten Saison, ein vertrauensvolles Verhältnis mit der Opernhausbelegschaft aufzubauen. Das kommt vor. Ähnliche Kämpfe um „Neue Besen, die gut kehren“, gibt es an deutschen Bühnen immer wieder. Manchmal braucht es eine komplette Intendanz-Zeit, bis man sich dann tatsächlich trennt, weil es wirklich nicht klappt. Manchmal riskiert so ein Streit auch die Existenz des ganzen Hauses. Oft prallen aber auch die künstlerischen Vorstellungen des neuen Intendanten völlig unvereinbar mit der Tradition des Hauses zusammen. Das sind eine Menge Konfliktfelder, die man eigentlich schon bei der Intendantensuche und den Gesprächen vor Vertragsunterschrift weitestgehend klären sollte. Aber augenscheinlich ist das im Fall Dorny nicht geschafft worden.

Da helfen dann vor Gericht meist auch keine neuen Zeugen, wenn das Zerwürfnis so elementar ist, der Dienstherr aber glaubt, sich mit einer außerordentlichen Kündigung aus der Affäre ziehen zu können. Die Linke, so betont Sodann, habe schon im Januar gefordert, die Gerichtsstreitigkeiten nicht weiterzutreiben.

Franz Sodann: „Es ist vollkommen unverständlich, dass nach dem Urteil des Landgerichtes Dresden der Streit vor dem Oberlandesgericht weitergeführt wurde und nicht, wie ich bereits im Januar 2016 angeregt habe, eine Strategie der Schadensbegrenzung betrieben wurde.“

Antwort auf die Kleine Anfrage zu Prozess-Kosten. Drs. 3619

In eigener Sache – Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“

Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar