Am 30. Januar um 20 Uhr soll es in der Diskothek des Schauspiels Leipzig die nächste Premiere mit der Uraufführung von „Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer“ von Anna Behringer. Darin geht es um Normalität und soziales Miteinander. Im Zentrum der Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer stehen zwei Geschwister. Durch ihren Blick sehen wir diese Geschichte. Beide können hören, sehen, fühlen und Sprache verstehen, doch fällt es ihnen schwer, ihre Umwelt zu begreifen.

Denn sie ist nicht immer logisch. Manches, was gesagt wird, ist richtig: Das Wasser ist nass. Anderes ist falsch: Die Haare sind rot. Aber die Haare sind orange. Doch man sagt, die Haare sind rot. Obwohl sie orange sind. „Nicht lügen“ ist eine Regel. Die Wahrheit soll man sprechen.

Doch wenn man gefragt wird, woran man denkt, und man denkt, dass der Mann gegenüber nach Zigaretten und Schweiß riecht, soll man ihm nicht sagen, dass er stinkt. Das kann den anderen verletzen. Man soll nicht lügen. Und die Wahrheit soll man nicht sagen, wenn sie jemanden unangenehm fühlen lässt.

Das ist schwer zu fassen. Ebenso wie viele andere ungeschriebene Regeln des sozialen Miteinanders. Deshalb kommt es auch zu Problemen. Und plötzlich müssen die beiden Geschwister das familiäre Zuhause zeitweise verlassen und werden stattdessen in einem weißen Zimmern untergebracht. Umgeben von Ärzteschaft und Pflegepersonal. Und anderen Menschen mit Diagnosen, deren Weise zu fühlen und zu erleben als anders klassifiziert ist. Um nicht zu sagen als ‚falsch‘, doch mindestens als ‚unnormal‘.

Normalität ist eine Setzung, die für viele Menschen zum Ausschlusskriterium wird. Sie ist das unausgesprochene Selbstverständnis einer Gesellschaft, die nicht für alle Platz hat. Oft trotz starker Bemühungen ‚einfach‘ der Logik dieses Spiels zu folgen. Für das Schauspiel Leipzig bringt Thirza Bruncken diesen Themenkomplex auf die Bühne der Diskothek. Der Text von Anna Behringer wird dafür zum Ausgangspunkt einer raumgreifenden szenischen Auseinandersetzung mit dem ‚Anders-Sein‘ und seinem Gegenüber.

Thirza Bruncken arbeitet als freie Regisseurin. Ihre Inszenierungen führten sie u. a. an das Schauspiel Köln, Volkstheater Wien, Schauspiel Frankfurt, Theater Dortmund, Nationaltheater Weimar, Düsseldorfer Schauspielhaus, Residenztheater München und die Münchner Kammerspiele.

Ihre Inszenierung „Stecken, Stab und Stangl“ von Elfriede Jelinek am Deutschen Schauspielhaus Hamburg wurde 1999 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Nach mehreren Uraufführungen in der Diskothek setzt Bruncken mit den „Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer“ ihre formstarke Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Texten in Leipzig fort.

„Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer“ (UA) von Anna Behringer, Premiere am 30. Januar um 20 Uhr in der Diskothek

Regie, Bühne & Kostüme: Thirza Bruncken, Tanz: Romy Avemarg, Dramaturgie: Marleen Ilg
Mit: Vanessa Czapla, Samuel Sandriesser, Bettina Schmidt

Weitere Vorstellungen: 31. Januar und 8. Februar, jeweils 20 Uhr, Diskothek
Weitere Informationen findet man hier.

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