Am Montag, 26. März, stellte Innenminister Markus Ulbig (CDU) die Verkehrsunfallbilanz für Sachsen 2011 vor. "Obwohl die Anzahl der Verkehrsunfälle auch im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen ist, mussten wir nach einem langjährigen Rückgang erstmals wieder mehr Tote und Verletzte auf sächsischen Straßen registrieren" sagte er dazu. Eine Vermutung, warum einige Zahlen wieder anstiegen, hat er auch.

“Im Ergebnis erster Analysen ist davon auszugehen, dass der warme und trockene Frühling sowie der ‘goldene’ Herbst wesentliche Gründe für den Anstieg der Verkehrsunfälle mit Personenschaden und die gestiegene Zahl der Verunglückten sind”, so Ulbig.

Recht haben könnte er damit.

Im vergangenen Jahr sank die Anzahl der Verkehrsunfälle gegenüber dem Jahr 2010 um 11,6 Prozent (von 122.191 auf 108.067). Mit 94.513 Sachschadensunfällen wurde erstmals seit mehr als 15 Jahren die 100.000er Grenze unterschritten.

Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden stieg dagegen im Jahr 2011 in Sachsen gegenüber dem Vorjahr um 4,6 Prozent auf 13.554. Zum Vergleich: Im gesamten Bundesgebiet stiegen die Verkehrsunfälle mit Personenschaden um 6,0 Prozent an.

Im Jahr 2011 verloren im Freistaat Sachsen 186 Personen bei Verkehrsunfällen ihr Leben. Das entspricht gegenüber 2010 einem Anstieg von 10,7 Prozent. Allerdings war die Anzahl der Getöteten geringer als im Jahr 2009, in dem erstmals weniger als 200 Verkehrstote (192 Getötete) registriert wurden.

Die Zahl der Verletzten stieg 2011 um 4,1 Prozent an. Insgesamt wurden 17.126 Menschen auf sächsischen Straßen verletzt.

Wesentlich zum Anstieg der Zahl der Verunfallten trugen zwei besondere Schönwetter-Verkehrsarten bei: Im Jahr 2011 verunglückten zwar nur 29 Motorradbenutzer tödlich, 30 im Jahr 2010. Verletzt wurden aber 1.242 Motorradfahrer (1.156 im Jahr 2010). Das entspricht einem Anstieg von 7,4 Prozent.

Auch bei getöteten bzw. verletzten Fahrradfahrern ist eine Zunahme festzustellen (von 22 auf 25 bzw. von 3.069 auf 3.763). Das entspricht Anstiegen von 13,6 bzw. 22,6 Prozent.”Der Anstieg der Verkehrstoten in Sachsen um mehr als zehn Prozent ist besorgniserregend”, findet Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag. “Warum Innenminister Ulbig vor diesem Hintergrund die Stellen bei der Verkehrspolizei von 941 Stellen (2010) auf 539 (2025) um mehr als 40 Prozent reduzieren will, bleibt sein Geheimnis. Die vorgelegten Zahlen zeigen, dass solch ein drastischer Stellenabbau unverantwortlich ist.”

Denn einige der Entwicklungen auf Sachsens Straßen haben auch mit fehlenden Kontrollmöglichkeiten der Polizei zu tun.

“Der Minister hat die Hauptunfallursachen bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden selbst benannt: Vorfahrtsverletzungen, nicht angepasste Geschwindigkeit sowie dichtes Auffahren”, so Jähnigen. “Hier wäre eine Debatte über ein Tempolimit auf Autobahnen angebracht. Diese Debatte wird sowohl von CDU- als auch FDP-Fraktion in Sachsen bis heute abgeblockt. Aus unserer Sicht ist die hohe Zahl der Getöteten und Verletzten durch Auffahrunfälle und nicht angepasste Geschwindigkeit ein hoher Preis für die Ideologie des unbegrenzten Schnellfahrens.”

Da steht durchaus die Frage nach der Zukunft, wie sie sich der Minister vorstellt. Denn während er die Polizei bis 2020 um 2.631 Stellen reduzieren will (19 Prozent), geht die letzte Bevölkerungsprognose von einem Rückgang der Bevölkerung von maximal 6 bis 8 Prozent aus. Und schon heute sind Polizeidirektionen wie etwa die Leipziger unterbesetzt.

“Die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen hat sich in Sachsen immerhin um 7,9 Prozent auf über 492.500 Feststellungen deutlich erhöht”, benennt Jähnigen ein ganz wesentliches Polizei-Thema. “Auch hier bleibt der schale Beigeschmack: Wie sollen zukünftig nur noch 60 Prozent der heutigen Anzahl an Verkehrspolizisten in ausreichendem Maß Geschwindigkeitskontrollen und Kontrollen auf schwerwiegende technische Mängel durchführen? Mit großer Sorge sehe ich auch die Zukunft der durch die angekündigten Personalkürzungen ungesicherten Projekte der Verkehrserziehung und -aufklärung. Immerhin stieg die Anzahl der verunglückten Kinder im Vergleich zum Vorjahr um 12,8 Prozent auf 1.310.”

Das Personalkonzept der sächsischen Polizei bis 2020: http://polizei2020.sachsen.de

Der Grünen-Antrag Drs.5/6993 “Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen: www.gruene-fraktion-sachsen.de/5c2589d6.l

Die Straßenverkehrsunfallentwicklung im Freistaat Sachsen 2011 als PDF zum download.

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