Seit Montag müssen sich sechs Männer aus dem Leipziger Sicherheitsgewerbe vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen gefährliche Körperverletzung zur Last. Der Tatvorwurf: Mit Eisenstangen, Stöcken und einem Baseballschläger bewaffnet, sollen die Securities am 8. März 2008 die Diskothek "Schauhaus" gestürmt haben. Der Auftakt einer gewaltsamen Nacht, die in der Ermordung eines 28-Jährigen gipfelte.

Seit 2007 hatte sich eine Clique um den Armenier Arthur T. wiederholt Scharmützel mit den Türstehern von Diskotheken in der Innenstadt geliefert. Am 8. März 2008 eskaliert der Konflikt jedoch endgültig. Gegen 2.40 Uhr stürmten die Türsteher, die sich jetzt vor Gericht verantworten müssen, das “Schauhaus” und lieferten sich eine Schlägerei mit der Clique um Arthur T.. Unter ihnen: auch der spätere Eisenbahnstraßen-Schütze Sooren O..

Nach diesem Auftakt verlagerte sich offenbar die Auseinandersetzung und traf ein nach bisherigen Erkenntnissen unbeteiligtes Opfer. Um 3.20 Uhr fielen im Barfußgässchen vor dem “Mia’s” Schüsse. Der Russlanddeutsche Alexander K. (28) war auf der Stelle tot. Ein Schuldiger konnte bis heute nicht ermittelt werden.

Zwei der Angeklagten sind in Leipzigs Sicherheitsgewerbe keine Unbekannten. Marko Z. war seinerzeit in führender Position für “L.E. Security” tätig. Der 43-Jährige war maßgeblich an der Entstehung der hiesigen Mixed Martial Arts-Szene beteiligt, stand selbst im Octagon und organisierte Kampfabende. Der Kampfsportler wurde im Laufe der Schlägerei vom 8. März selbst schwer verletzt. Ein Angreifer stach den Wachmann in die Brust, wobei das Messer den Herzbeutel traf. Ärzte retteten ihm in einer Not-Operation das Leben.
Für Aufsehen sorgte in den Tagen nach dem Vorfall, dass seine Kollegen in der Klinik vor dem Krankenzimmer ihres Chefs Wache schoben. Marko Z. erzählte den Ermittlern, Arthur T. habe zugestochen. Die Ermittlungen führten bis heute nichts Substantielles zu Tage. Der Türsteher wurde deshalb jetzt auch noch wegen falscher Verdächtigungen angeklagt, ein Vorwurf, welcher ebenso schwer beweisbar sein dürfte, wie das Gegenteil. Denn Arthur T. ist seit längerem abgetaucht.

Alexander F. (43) ist nach wie vor Mitinhaber von “Black Rainbow Security”. Beide Unternehmen sind keine kleinen Nummern im Sicherheitsgewerbe der Messestadt. Unter anderem sichert “Black Rainbow” die Heimspiele von RB Leipzig und dem 1. FC Lokomotive ab.

In diesem Zusammenhang würden sich die Unternehmer einen Mitangeklagten heute vermutlich ganz weit weg wünschen: Riccardo S. hätte nach menschlichem Ermessen schon 2008 keinen Sicherheitstätigkeiten nachgehen dürfen. Der 44-Jährige ist spätestens seit den Neunzigern in der Neonazi-Szene aktiv.

Eineinhalb Jahre nach der “Schauhaus”-Schlägerei, am 24. Oktober 2009, griff der Hooligan gemeinsam mit knapp 50 Mitstreitern Spieler und Fans des Fußballclubs “Roter Stern Leipzig” in Brandis (Landkreis Leipzig) an. Drei Zuschauer werden verletzt, ein RSL-Anhänger verlor dauerhaft einen Teil des Augenlichts.

Im Prozess lässt sich Riccardo S. von einem Juristen vertreten, der 2011 auf Einladung der NPD als Sachverständiger vor dem sächsischen Verfassungs-, Rechts-, und Europaausschusses auftrat. Für Riccardo S. geht es in dem Verfahren um viel. Wegen des Brandis-Überfalls erhielt der Neonazi 23 Monate auf Bewährung. Im Falle eines Schuldspruchs würde aus dieser Strafe und der Strafe für die “Schauhaus”-Prügelei wahrscheinlich eine Gesamtstrafe gebildet werden. Haftstrafen von mehr als zwei Jahren Dauer müssen in Deutschland zwingend vollstreckt werden.

Zum Prozessauftakt am Montag hüllte sich das Sextett in Schweigen. Ihre Anwälte verteidigen auf Freispruch. Schließlich hätten die Türsteher von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und in Notwehr gehandelt. Ein Urteil wird am 6. Oktober erwartet. Arthur T. wird bis dahin wohl eher nicht vor Gericht erscheinen.

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