Marko O. (32) soll sich in den Jahren 2011 und 2012 mehrfach kinderpornographisches Material aus dem Internet geladen haben. Dessen Bruder Stefan (22) habe laut Anklage von den illegalen Downloads, die teils auf ein von ihm mitbenutzten Notebook erfolgten, gewusst und sich somit ebenfalls schuldig gemacht. Die Angeklagten schwiegen am Mittwoch zu den Vorwürfen.

Fast 50 Minuten benötigte Ingrid Schmitz, um den Anklagesatz zu verlesen. Insgesamt legt die Staatsanwältin dem Brüderpaar 59 Taten zur Last, wobei der Großteil der Anklagepunkte allein auf Marko entfällt. Schmitz verlas zahlreiche kryptische Dateinamen, die Marko O. auf verschiedenen Endgeräten hinterlassen haben soll. Dahinter verbergen sich kinderpornographischen Inhalte, die teils Szenen konkreten sexuellen Missbrauchs zeigen.

Aufgeflogen war das Interesse von Marko O. an dem strafbaren Material, als die frühere Lebensgefährtin Birgit S. (26) dessen Handy kurz in der Hand hielt. Das Paar wohnte 2012 in einer Einrichtung für betreutes Wohnen. Als S. bemerkte, was für Aufnahmen ihr damaliger Freund auf dem Mobiltelefon abgespeichert hatte, wandte sich die junge Frau an eine Betreuerin. Diese fuhr mit S. unverzüglich zur nächsten Polizeistation.

“Kommissar Zufall” half den Ermittlern ein weiteres Mal. Als Birgit S. Probleme mit ihrem Laptop hatte, übergab die Handwerkerin das Gerät an eine Betreuerin. Diese entdeckte auf dem Gerät einschlägiges Material. Marko O. benutzte auch das Handy und den Laptop seines Bruders, um seinen Drang zu befriedigen. Stefan O. gab gegenüber der Polizei zu, von den Bildern gewusst zu haben. Aufgrund seiner Lese-/Rechtschreibschwäche habe er die Fotos jedoch nicht ausfindig machen und entfernen können.

Wenngleich Marko O. geistig gehandicapt ist, war sich der Mann offensichtlich darüber im Klaren, etwas Unrechtes zu tun. “Ein Tor-Browser wurde genutzt, der seine Spuren verschleiert”, stellte IT-Gutachter Peter Scholz fest. Dies ist ein spezieller Browser, der Anfragen über verschiedene Rechner innerhalb des Tor-Netzwerkes weiterleitet, um diese zu anonymisieren.

Nach einer Studie der Universität Portsmouth, die Ende 2014 auf dem Chaos Communication Congress (31c3) in Hamburg präsentiert wurde, existiert in dem Datennetz eine nicht geringe Menge an Diensten mit kinderpornographischer Ausrichtung. Das Tor-Projekt, das den frei verfügbaren Anonymisierungsdienst entwickelt, ist sich des Problems bewusst: “Jedes System, welches sich um die Sicherheit im Internet bemüht, kann ebenfalls von bösen Menschen genutzt werden”, so Sprecher Nick Mathewson auf dem Projekt-Blog.

Am Ende nahm der Prozess eine unerwartete Wendung: Stefan O. brach das Schweigen. Mit der Aussicht auf eine vorläufige Einstellung des Verfahrens, gestand der Heranwachsende: “Das was in der Anklage steht, stimmt so.” Der 22-Jährige muss nun bei einer gemeinnützigen Einrichtung 50 Sozialstunden ableisten. Am Montag wird daher nur noch Marko O. auf der Anklagebank sitzen. Das Schöffengericht möchte sich ein umfassendes Bild von seiner Persönlichkeit machen. Amtsrichterin Gabriele Schulz hat mehrere Betreuer aus O.’s sozialem Umfeld geladen. Ferner soll ein Psychiater zu möglichen pädophilen Neigungen des Angeklagten Auskunft geben.

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