Manche Zeitungen sind ja schnell mit Vokabeln zur Hand wie „Diebstahlshochburg“ oder „Hauptstadt der Wohnungseinbrüche“, auf Leipzig in den letzten Jahren gern angewandt. Innerhalb Sachsens sticht die Messestadt tatsächlich bei etlichen Straftaten zahlenmäßig hervor. Aber einen Vergleich innerhalb der sächsischen Kreise musste Enrico Stange, der innenpolitische Sprecher der Linken im Landtag, jetzt trotzdem erst abfragen.

Denn zwar weist jede Polizeidirektion für sich ihre eigene Straftatenbilanz aus. Aber wie will man das vergleichen, wenn das nirgendwo im Vergleich zu sehen ist? Und zwar nicht nur im Vergleich der absoluten Zahlen. Da liegt Leipzig natürlich vorn schon aufgrund seiner großen Bevölkerungszahl.

Deswegen braucht man die Häufigkeitszahl, also die Zahl vergleichbarer Delikte gerechnet auf 100.000 Einwohner. Bei einigen Straftaten liegt Leipzig dann trotzdem vorn, ein starker Hinweis darauf, dass die Stadt auch eine sehr spezifische Problemlage hat. Stichwort: Beschaffungskriminalität. Wo es besonders viele soziale Härtefälle aber auch eine durchschnittlich höhere Suchtbelastung gibt, gibt es ziemlich zwangsläufig auch mehr Beschaffungskriminalität.

Aber wenn man die Häufigkeitszahlen betrachtet, ist Leipzig vom Gefährdungsniveau meist gar nicht so weit entfernt von den anderen Städten und Kreisen im Land.

Eine echte Ausnahme ist natürlich der Fahrraddiebstahl. Mit 1.449 gestohlenen Fahrrädern je 100.000 Einwohner liegt Leipzig meilenweit vor Dresden (547) und Chemnitz (376). Wobei auffällt, dass auch die großstadtnahen Landkreise enorm unter dem Problem des Fahrraddiebstahls zu leiden haben, angefangen bei Nordsachsen mit 420 Diebstahlsfällen je 100.000 Einwohner, gefolgt vom Landkreis Görlitz mit 371 und dem Landkreis Leipzig mit 332.

Woran das wirklich liegt, muss natürlich die Polizei klären, der das in einem eher stillen Landkreis wie dem Vogtlandkreis mit 74 Fahrraddiebstählen je 100.000 Einwohner natürlich leichterfällt: Aufklärungsquote 35 Prozent! Während Leipzigs Polizisten nur 7,7 Prozent der Fahrraddiebstähle aufklären konnten.

Schon beim Diebstahl aus Wohnungen fällt auf, dass Leipzig gar nicht so sehr vom Niveau anderer Städte und Kreise abweicht. Die Häufigkeitszahl von 82 Diebstählen auf 100.000 Einwohner entspricht der Zahl von Görlitz und liegt nur wenig über der Zahl von Chemnitz mit 75 Fällen auf 100.000 Einwohner.

Ganz ähnlich das Lagebild bei Diebstahl aus Dienst-‚ Büro-‚ Fabrikations-‚ Werkstatt- und Lagerräumen, wo sogar Chemnitz mit 146 auf die höhere Fallzahl kommt, gefolgt von Dresden mit 142 und Leipzig mit 131, Nordsachsen mit 130 und dem Landkreis Leipzig mit 126. Auch hier also wieder das Bild: Rund um die Großstädte gibt es ein erhöhtes Niveau der Diebstähle und Einbrüche.

Beim Diebstahl von Mopeds und Motorrädern ragt Leipzig dann mit 61 Fällen je 100.000 Einwohner wieder heraus. Auf deutlich niedrigerem Niveau (insgesamt wurden ja nur 365 Maschinen geklaut) bekommt man hier also ein ähnliches Bild wie bei Fahrrädern. In Leipzig wird also deutlich häufiger als anderswo Besitzgut gestohlen, das zumeist im öffentlichen Raum steht und deshalb möglicherweise leichter zu erlangen ist. Was die These von der Beschaffungskriminalität untermauern würde.

Aber es bleibt eine These. Solange die Aufklärungszahlen derart gering sind, lässt sich darüber einfach nichts Endgültiges sagen.

Fahrraddiebstahl ging 2018 in Leipzig spürbar zurück, aber sichere Abstellanlagen fehlen trotzdem

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