Vielleicht geht es nicht nur Deutschland so. Vielleicht haben auch andere Länder so eine Titelsucht. Wo es noch keine Titel gibt, werden halt welche erfunden. Und deutsche Bestatter können ja auch mal Werbung für sich machen, wenn sie deutschlandweit die schönsten Friedhöfe, Särge, Urnen und Grabsteine wählen lasen. 2011 wurde übrigens der Dresdner Johannisfriedhof zum schönsten Friedhof Deutschlands gewählt. Da liegt einer, der hätte aber was gesagt.
“Misstraut den Grünflächen”, hätte der gesagt. Und wieder mal Recht behalten. Heinz Knobloch heißt der Bursche, 2003 gestorben, der bekannteste Feuilletonist der “Wochenpost”. Sein Steckenpferd war Berlin. Aber was dort galt, gilt in Sachsen schon lange.
Natürlich gehört der mittlerweile 126 Jahre alte Südfriedhof zu den schönsten Deutschlands. Bei Friedhöfen geben sich eigentlich alle Kommunen richtig Mühe. Zumindest bei der Bepflanzung. Bei der historischen Korrektheit nicht immer. Das Thema mit der Prachtallee der sozialistischen Funktionäre ist bis heute nicht gelöst, die ursprüngliche Lindenallee nicht wieder hergestellt.
Aber ein Titel macht sich immer gut.
Der Leipziger Südfriedhof ist in der Rubrik “Die schönsten Friedhöfe Deutschlands” für den Bestattungen.de-Award nominiert worden. “Mit diesem Preis, der 2011 erstmals vergeben wurde, sollen herausragende Leistungen im Bereich der Friedhofs- und Trauerkultur gewürdigt werden”, behauptet das Amt für Stadtgrün und Gewässer, das sich hier beworben hat, forsch.
Das wäre mal was Neues. Aber zum Glück gibt es in Deutschland noch keine amtliche Kommission, die mit Derartigem beauftragt wäre. So hoch greift der Wettbewerb nun wirklich nicht.
Originaltext der Wettbewerbsveranstalter: “Die Wettbewerbsbeiträge stammen aus der gesamten Republik. Für die Nominierungen können Angehörige und Interessierte Bestattungen.de Vorschläge einreichen. Friedhöfe, Hersteller und Angehörige können sich zudem selbst bewerben. Die schönsten Beiträge wählt die Experten-Jury. Den Kandidaten bietet der Bestattungen.de-Award eine Möglichkeit, bundesweit auf Ihre Arbeiten aufmerksam zu machen. Besonders die Friedhöfe sollen von der medialen Aufmerksamkeit profitieren, denn sie sind ein wichtiger Teil der deutschen Kulturgeschichte.”
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Das nennt man eine schöne Marketing-Aktion. Mehr nicht. Es ist etwas mehr als der jüngst von der Stadt so dankbar angenommene “eTown”-Award von Google, bei dem des Volkes Stimme gar nicht erst gefragt wurde. Jetzt darf man gespannt sein, wie die Jury entscheidet.
Die Jury besteht aus Experten der Bereiche Kirche, Wissenschaft, Bestattungskultur und Hospizarbeit. In diesem Jahr gehört ihr auch Kardinal Karl Lehmann, Bischof von Mainz und ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, an. Die Preisvergabe findet im November statt.
“Der 126 Jahre alte Leipziger Südfriedhof ist einer der größten Parkfriedhöfe Deutschlands. In seinem harmonischen Miteinander von gärtnerisch gestalteter Landschaft, Grabstätten und Architektur stellt er ein bedeutendes Zeugnis der Bestattungskultur dar”, erklärt das verantwortliche Amt dazu noch. Für alle, die es noch nicht wussten.
Mehr dazu:
www.bestattungen.de/award-2012.html
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