Im Mittelpunkt des Festjahres zum Stadtjubiläum 2015 sollen die Leipziger stehen, sagt der städtische Jubiläumsbeauftragte, Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU), im L-IZ-Interview. "Dieser starke bürgerliche Gedanke" verbinde die Leipziger und habe sie erfolgreich gemacht, so Bonew weiter. Unabdingbar sei zugleich "eine gute Streitkultur".

Herr Bürgermeister, wie passt neben Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug die Vorbereitung eines Stadtjubiläums zum Portfolio eines Kämmerers?

Es ist eine Ehre für mich, vom Stadtrat als Leipzig 2015-Beauftragter ernannt worden zu sein. 1000 Jahre der Entwicklung von einer kleinen Siedlung bis zur Metropole sind ein spannendes Feld, das wir versuchen, 2015 darzustellen. Als geschichtsinteressierter Leipziger entdecke ich durch diese Aufgabe jeden Tag neue Facetten meiner Stadt. Das stärkt die Demut vor den Leistungen unserer Vorfahren und schärft oft auch die Sinne für die wesentlichen Dinge, die heute anstehen, auch als Kämmerer.

Leipzig, so scheint es, kommt aus dem großen Feiern gar nicht mehr heraus: 2012 Thomana-Jubiläum, 2013 dreht sich alles um Völkerschlacht, Völkerschlachtdenkmal und Richard Wagner, 2014 dann 25 Jahre Friedliche Revolution, schließlich 2015 das Stadtjubiläum. Reichen für so viele Höhepunkte in Folge Feierlaune, Ideen und das Geld im Beutel überhaupt aus?

Dabei geht der Jubiläumsreigen 2015 noch weiter. Mit 850 Jahren Stadt- und Marktrechte, 850 Jahre Stadtkirche St. Nikolai und 600 Jahre Medizinische Fakultät fängt es an. Wir haben den 250. Jahrestag des Studienbeginns von Johann Wolfgang von Goethe in Leipzig. Oder 200 Jahre Wiener Kongress, der ohne die Völkerschlacht bei Leipzig nie zustande gekommen wäre.

Aber auch 150 Jahre deutsche Frauenbewegung, die ihren Ursprung in Leipzig hat. Nicht zu vergessen 100 Jahre Fertigstellung des Leipziger Hauptbahnhofes. Das ließe sich jetzt fortführen bis zu 10 Jahre BMW in Leipzig. Dies sind alles Themen, die die Geschichte dieser Stadt geprägt haben und ein Teil des Festjahres sind.

Und das ist auch der Unterschied. Wir haben nicht das Thema wie zum Beispiel Thomana oder Wagner, wir haben einen Themenreigen, der so vielfältig ist wie die Geschichte dieser Stadt. Das müssen wir transportieren, dann haben wir ein Jubiläumsjahr mit lauten und leisen Momenten, mit Veranstaltungen, die Massen bewegen und sich etwas ruhiger gestalten. So abwechslungsreich, wie das Leben dieser Stadt.Der Herbst 1989 ist das zentrale Ereignis der jüngeren Stadtgeschichte. Dessen Einordnung löst immer wieder Kontroversen aus. Aktuell machen sich diese am Streit um das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal fest. Ist vor diesem Hintergrund ein Stadtjubiläum mit einer verbindenden Botschaft möglich?

Das Stadtjubiläum bietet uns die Möglichkeit, die Geschichte dieser wunderbaren Stadt erlebbar zu machen. Zu begreifen, wo unsere Wurzeln sind, wo wir herkommen. Es ist dieser starke bürgerliche Gedanke, der uns verbindet und erfolgreich gemacht hat.

Eine gute Streitkultur ist für unsere Gesellschaft unabdingbar und kann, wenn sie sachlich geführt wird, viele Dinge beflügeln. Warum nicht ein Bürgerpicknick auf der Sichtachse vom Völkerschlachtdenkmal zum “Platz der Friedlichen Revolution”? Zwei Orte, die in Gedenken an zwei große Ereignisse stehen, die innerhalb von 200 Jahren die Verhältnisse in Europa grundlegend verändert haben.

Welche Themen wollen Sie mit dem Stadtjubiläum besonders verbunden sehen?

In der bisherigen Arbeit ist eine unglaubliche Fülle an Themen aufgeworfen worden. 1.000 Jahre bieten dabei jede Menge Ankerpunkte. Leipzig als Stadt des Handels, der Kunst und Kultur, der Wissenschaft, des Glaubens, des Buches, des Sports, der Industrie, der Wirtschaft, des Verkehrs, des Rechts, um nur einige zu nennen.Für uns ist aber wichtig, dass die Leipzigerinnen und Leipziger im Mittelpunkt des Festjahres stehen. Denn 1000 Jahre Leipzig sind vor allem 1000 Jahre der Menschen, die hier leben.

Wie soll aus dem Stadtjubiläum ein Jubiläum der Bürger werden?

Wir werden 2015 einige Leuchttürme, unsere Höhepunkte für das Festjahr, setzen, traditionelle und etablierte Veranstaltungen mit einweben und den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, sich in diesen Reigen mit einzubringen. Es ist wieder dieses bürgerliche Engagement, das uns über die Jahrhunderte zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Ohne dieses wird es, im Kleinen und im Großen, auch 2015 nicht gehen.

Es soll ein Fest der Leipzigerinnen und Leipziger für sich und ihre Gäste werden. Wir werden diesen Prozess begleiten und unterstützend bereit stehen. Gerade die Bürgerfeste in den Stadt- und Ortsteilen möchten wir mit dem roten Faden des Festjahres verbinden.

Worauf dürfen sich die Leipziger und ihre Gäste 2015 besonders freuen?

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Derzeit nehmen die ersten Vorbereitungen konkrete Züge an. Aber wir haben noch etwas Wegstrecke vor uns, bevor wir mit einem abgestimmten und dem Anlass entsprechend würdigen Rahmen für das Festjahr an die Öffentlichkeit gehen können.

Zum 25. März 2013, ab hier sind es noch 1.000 Tage bis zum eigentlichen Jubiläum, werden wir aber mit der aktiven Bürgerbeteiligung starten und die Leipzigerinnen und Leipziger intensiv in die Arbeit einbeziehen. Mit Vorschlägen, Ideen und der aktiven Beteiligung. Vielleicht so viel vorweg:

Wir möchten 2015 mit einem offiziellen Festakt das Jubiläum eröffnen und dabei den Leipzigerinnen und Leipzigern mit einer großen Feier ihre Kongresshalle wieder übergeben.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.leipzig.de/de/buerger/bildung/geschichte/Leipzig-2015-1000-Jahre-Ersterwaehnung-22745.shtml

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