Der Herbst in Leipzig war geprägt von so manchem Streit und dies bis ins Private hinein. Ernüchternderweise mitten in der Atheistenhochburg Leipzig über das sonst eher weniger wichtige Thema "Religion". Irgendwie nicht so sehr über das Christentum, dass baut nahezu undebattiert gerade einen 15-Millionenbau ins Zentrum. Vis á vis zum Leipziger Rathaus und fast in ähnlicher Höhe. Der Islam hingegen scheint die Urängste bei manchem Ungläubigen massiv geweckt zu haben.

Da ist also dieser Bauplan für eine Moschee in Gohlis. Alles was nah scheint, ändert auch eigene Blickwinkel. Was will der Islam von mir? Will er mich verdrängen, weggebähren und assimilieren? Das unheilvoll Fremde, das mich an die Wand drängen will? In einem langen Gespräch erlebe ich eines Abends den Imam der Berliner Ahmadiyya-Moschee persönlich. Kurz darauf den Pfarrer der Friedenskirche. Beide Unterhaltungen sind von Verstand und Herz, von Freundlichkeit, Respekt und Humor trotz angespannter Lage geprägt. Eine in sich ruhende Atmosphäre zeichnet beide Unterhaltungen.

Als ich kurz darauf an diesem eilig hingeklebten Plakat vorübergehe, fühle ich mich auf einmal genau so angefasst, wie andere vom Islam. Mit den Ausrufezeichen sinkt irgendwie das Niveau des Inhalts, fast aggressiv droht hier ein eifernder Christ mit dem Stellvertreter seines Chefs.

Und auf einmal denke ich – Mensch, und was macht eigentlich Mohammed? Kommt der dann gleich mit? Und wie werde ich wohl abschneiden beim großen Abschlussgebet? Und warum habe ich auf einmal soviel Spott in mir?

Vielleicht, weil alles mir alles Indoktrinierende so fremd vorkommt. Vor allem, wenn jemand glaubt, mit Angst die Seelen fangen zu können.

Ansicht vergrößernInfo zur Serie: Schneller, höher, weiter – ein Jahr ist vollgestopft mit Ereignissen, Zahlen, Fakten und Diskussionen. Der Auslöser der Kamera klickert im Akkord. Alles muss schnell gehen. Die Besinnlichkeit am Jahresende reizte uns dehalb, einmal in Ruhe zurückzublicken. Bis Silvester werden wir deshalb an dieser Stelle täglich Fotos aus unserem Archiv präsentieren und dessen Geschichte erzählen.

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