Das ehemalige Fechner-Gymnasium in der Löbauer Straße ist nun eine Notunterkunft für Asylbewerber. Betreut werden sie von der Firma European Homecare. Der Sozialdienstleister kümmert sich um Einrichtungen dieser Art in ganz Deutschland. Pressesprecherin Renate Walkenhorst gab L-IZ.de nun ein Interview. Sie und Claudia Berge, der Sozialbetreuerin in der Löbauer Straße, sprechen über die Situation in der ehemaligen Schule und wie die Menschen dort leben.

Die Bewohner dieser Unterkunft dürfen keine Elektrogeräte auf den Zimmern haben, nicht einmal Wasserkocher. Dafür gibt es aber eine Teeküche?

Walkenhorst: Ja, dort steht eine industrielle Kaffee- und Tee-Maschine. Solche setzen wir in allen Einrichtungen ein und haben selten Probleme damit. Wenn unsere Bewohner in ihre langfristigen Unterkünfte ziehen, wird es dort pro Etage zwei Gemeinschaftsküchen geben. Zum Beispiel in der Leipziger Riebeckstraße ist das so.

Was die Wasserkocher-Regelung anbelangt, haben wir hart mit der Stadtverwaltung diskutiert. Ich finde es unmöglich, dass nicht einmal diese kleine Annehmlichkeit gewährt wird, doch es geht schlicht und ergreifend nicht. Da ist die Feuerwehr sehr strikt.

Wie schätzen Sie die Duschcontainer vor dem Haus ein?

Walkenhorst: Nun ja, seit Montag letzter Woche funktionieren sie. Zuvor konnte man sie nicht nutzen, weil der Legionellentest ausstand. Solch ein Test ist vorgeschrieben und ohne ihn kann man das Wasser zwar benutzen, man kann es trinken, doch nicht duschen. Denn dabei wird es zerstäubt und Tröpfchen gelangen in die Lunge. Wenn es diese Bakterien aufweisen, so führt das zu schweren Erkrankungen. Also dieser Test hatte einige Zeit gebraucht. Nun ist er da und die Container werden benutzt. Es sind vier Stück, mit jeweils fünf Duschen.

Berge: Es gibt viele Dinge, die wir sehen und doch nicht ändern können. Zum Beispiel, dass man nach dem Duschen nicht direkt ins Haus schlüpfen kann, obwohl die Container vor dem Eingang stehen, sondern einen Bogen ums Haus laufen muss und das wahrscheinlich mit nassen Haaren.

Walkenhorst: Dafür gibt es allein technische Gründe. Wir als Betreiber müssen das akzeptieren.
Wie sicher endet die Unterbringung hier am 31. März 2014?

Walkenhorst: Es wird nur bis zu diesem Datum dauern. Das ist mir, das ist uns immer wieder zugesichert worden. Die Stadtverwaltung sucht dringend, händeringend, nach Wohnungen für die Flüchtlinge. Schon jetzt sind bereits einige in Wohnungen untergebracht, wenn dies medizinisch notwendig war.

Meine Erfahrung zeigt allerdings, dass es schwierig sein kann, auf dem freien Markt Wohnungen zu finden. Ich habe das selbst erlebt: Sie rufen an und sagen, dass sie für Asylbewerber suchen, erklären die Situation und plötzlich ist die Wohnung schon vermietet. Hier in Leipzig hat wohl die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft zugesagt, Wohnungen zu vergeben, also da bin ich optimistisch, dass alles klappt.

Auf welchen anderen Wegen äußern sich Vorurteile gegenüber Flüchtlingen?

Walkenhorst: Generell sind die Vorwürfe diffus. Zum Beispiel in der Diskussion mit Elterninitiativen der benachbarten Schule. Wenn Sie fragen, was den Flüchtlingen konkret vorgeworfen wird, dann werfen jene, mit denen man spricht, alles durcheinander. Konkret nennen sie gar nichts, doch dann heißt es oft: Wenn diese Leute in meinen Stadtteil kommen, dann wird hier die Verelendung zunehmen. Ich möchte die Bedenken nicht kleinreden, doch es gibt inhaltlich keine echten Gegenargumente.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Medien gemacht in Zusammenhang mit der Löbauer Straße?

Walkenhorst: Gemischte. Ich denke zum Beispiel an das Filmchen, welches stern TV gedreht hat. Da gingen die Autoren stark auf den Protest ein. Ich hätte jedoch gerne gezeigt, dass viele Bürger aktiv gegen den NPD-Aufruhr halten und dass wir viel Anteilnahme und viele Spenden erhalten haben. Ich wollte nicht, dass Leipzig als Stadt der Neonazis erscheint.

Wie wollen Sie dagegen arbeiten, etwa mit Hinblick auf die verunsicherten Eltern der Astrid-Lindgren-Schule nebenan?

Walkenhorst: Bald werden wir Schulklassen durch unser Gebäude führen, so dass sie sehen, wie die Menschen hier leben. Das wird immer nur eine Klasse sein, so dass wir uns Zeit nehmen und die Fragen der Kleinen beantworten können. Ich denke, wenn sie sehen, dass die Leute hier auch nur Menschen sind, dann werden sie auch ihren Eltern davon erzählen und das baut die Vorurteile in den Köpfen ab.

Wir danken für das Gespräch.

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