Menschenaffen und andere Primaten sind weltweit bedroht. Doch in Filmen und Werbeclips tauchen sie trotzdem immer wieder auf - als putzige Werbeträger oder neckische Stars. Dagegen protestieren jetzt die Wild Chimpanzee Foundation und ihre Partner mit einem offenen Brief. Die Foundation hat ihren Sitz in Leipzig - in trauter Nachbarschaft zum Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

Dort hat auch die Forschung zu bedrohten Populationen von Menschenaffen ihren Platz. Doch während die Forscher immer wieder auf die schmelzenden Lebensräume der Tiere hinweisen, tun Film, Fernsehen und Werbeindustrie weiter so, als sei die Welt der Primaten in Ordnung.

Die fehlerhafte Darstellung nichtmenschlicher Primaten, sei es durch Verniedlichung, Karikierung oder Vermenschlichung, führe dazu, dass den Zuschauern die Biologie und die Bedrohung der Tiere mangelhaft bis gar nicht vermittelt werden, kritisiert die Wild Chimpanzee Foundation. Zum einen wird dadurch suggeriert, dass nichtmenschliche Primaten, wie zum Beispiel Schimpansen oder Kapuzineraffen, als Haustiere geeignet seien. Zum anderen ist durch wissenschaftliche Studien belegt worden, dass die Öffentlichkeit die Bedrohung der Primaten, zum Beispiel von Schimpansen, unterschätzt, wenn diese häufig falsch in den Medien präsentiert werden.

Weiterhin werden in der Unterhaltungsindustrie eingesetzte nichtmenschliche Primaten oft im frühen Kindesalter von ihren Müttern getrennt, was zu Verhaltensstörungen führen kann.

“Ausgediente” Tiere können daher oft nur schwer in artgleiche Gruppen (re-)integriert werden und vegetieren meist unter lebensunwürdigen Bedingungen in Pseudo-Auffangstationen dahin.

“Wir haben uns daher am 2. April in einem offenen Brief an die Medienanstalten der Länder sowie an die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender gewandt (nachrichtlich an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und an das Bundesministerium für Bildung und Forschung) und diese aufgefordert, ihrer Verantwortung nachzukommen und ihren Zuschauern und Zuschauerinnen Wissen und damit Gewissen zu vermitteln”, erklärt Julia Riedel von der Wild Chimpanzee Foundation im Namen der Untzerzeichner.

Konkret umfasst der Brief folgende Forderungen:

– Verzicht auf die Produktion von TV-Beiträgen mit Schimpansen oder anderen nichtmenschlichen Primaten (wie z.B. bei der “TV Total” Show vom 12.11.2013), das Produktionsverbot sollte in die Senderegeln der Medienanstalten und Sender aufgenommen werden

– Verzicht auf die Ausstrahlung von Werbesendungen, in denen nichtmenschliche Primaten verwendet werden (z. B. Trigema)

– Verzicht auf die Ausstrahlung von Fernsehsendungen, in denen Primaten lächerlich zur Schau gestellt werden, wie z.B. “Unser Charly” und “Big Bang Theory”

“Ebenso appellieren wir an die Medienanstalten der Länder sowie an die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender, die Zuschauer und Zuschauerinnen für die Einzigartigkeit unseres Planeten und der Tiere und Pflanzen, die ihn bewohnen, sowie deren Bedrohung zu sensibilisieren”, sagt Julia Riedel. “Um unserem Anliegen Nachdruck zu verleihen, haben wir dem offenen Brief eine wissenschaftliche Publikationsliste sowie eine Unterschriftensammlung Leipziger
Wissenschaftler beigefügt.”

Die Wild Chimpanzee Foundation, das Taï Chimpanzee Project, das Ngogo Chimpanzee Project, die Gesellschaft für Primatologie, das Gashaka Primate Project, der Orang-Utans in Not e.V., der Bonobo alive e.V. und das Great Ape Project arbeiten seit vielen Jahren aktiv für den Schutz und die Erhaltung der letzten frei lebenden Menschenaffenpopulationen und deren Lebensraumes, dem tropischen Regenwald. Die Zurschaustellung von nichtmenschlichen Primaten in Film- und Werbeindustrie steht hierzu in direktem Widerspruch.

Der Offene Brief als PDF zum download.

Wild Chimpanzee Foundation
www.wildchimps.org

Ngogo Chimpanzee Project
www.ngogochimpanzeeproject.org

Gesellschaft für Primatologie
www.gf-primatologie.de

Gashaka Primate Project
www.ucl.ac.uk/gashaka

Orang-Utans in Not e.V.
www.orang-utans-in-not.org

Bonobo alive e.V.
www.bonobo-alive.org

Great Ape Project
www.greatapeproject.de

Animal Equality
www.animalequality.de
www.wildchimps.org

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