Immer dann, wenn Rechnungshöfe oder Bund der Steuerzahler ihre Berichte veröffentlichen, geht ein Raunen durchs Land, werden Projekte angeprangert, bei denen Steuergelder regelrecht versenkt wurden. Doch dann kehrt wieder Ruhe ein. Und übers Jahr stellt sich heraus: Die politischen Entscheider haben einfach weitergemacht wie bisher. Interessiert sich denn keiner für eine Kontrolle der Geldflüsse? Was sagt Klaus Richard Grün alias Finanzrevisor Pfiffig dazu?

Interessiert es die Sachsen einfach nicht, weil die Bürger glauben, es sei genug Geld da und die punktuellen Berichte des Rechnungshofes seien nur Einzelfälle, die das Land schon verkraften kann?

Das interessiert die Sachsen, wie den überwiegenden Teil der Bürger in den neuen Bundesländern, sehr wohl, da sie nach meiner Ansicht wesentlich politisch interessierter und kritischer sind, als der überwiegende Teil in den alten Bundesländern. Dort hat man sich an den politischen Filz, die Macht des Geldes bzw. des Finanzkapitals, die skandalösen Verstrickungen zwischen Wirtschaft, Politik und Medien gewöhnt. Viele Sachsen haben erkannt, dass bei der Kontrolle der Steuergelder vieles “nicht mit rechten Dingen” zugeht, ohne konkrete Ursachen zu kennen.

Im Gegensatz zu den alten Bundesländern will man sich mit diesen Zustand nicht zufrieden geben, weil man von Demokratie und Pressefreiheit wesentlich andere Vorstellungen hatte. Die geringe Wahlbeteiligung war ein deutlicher Ausdruck dafür – in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, für die demnach weder das schlechte Wetter, auch keine Wahlmüdigkeit, kein fehlendes Demokratieverständnis und schon gar kein watteweicher Wahlkampf verantwortlich waren, wie schon kurz nach der Wahl schlaue Politiker, Parteienforscher und an erster Stelle die Medien geschlussfolgert hatten.

Selbst der Sächsische Landtag bekommt keine kompletten Informationen zu den diversen Konten und Fonds des Finanzministers. Kann es sein, dass derjenige, der das Geld verwaltet, in Sachsen schlicht die Macht hat und die Intransparenz politisch gewollt ist? Müsste eine permanente Finanzkontrolle nicht auch mit einer regelmäßigen öffentlichen Rechnungslegung verbunden werden? Oder wären damit die gewählten Volksvertreter schlicht überfordert?

Wenn Sie das Wort “Intransparenz” mit Undurchsichtigkeit deuten, dann habe ich damit heftige Bedenken, weil dem nicht so ist. Es ist vorwiegend das fehlende Wissen, um das umfangreiche Zahlenmaterial (z.B. Haushalts- und Wirtschaftspläne) richtig zu lesen bzw. zu verstehen.

Die Mitglieder des Sächsischen Landtages haben gegenüber den Volksvertretern in den Kommunalparlamenten den Vorteil, dass auf Landesebene die kameralistische Buchführung beibehalten wurde. Auf der kommunalen Ebene musste laut Gesetz die doppische kommunale Buchführung eingeführt werden, was diese Abgeordnete vor kaum lösbare Probleme stellt.

Leipzigs Ratsfraktionen versuchen in letzter Zeit, mit Einzelanträgen überhaupt erst einmal Teilübersichten etwa über die Förderung von Vereinen oder Stiftungen zu bekommen. Wobei das Beispiel der jetzt in “Leipzigstiftung” umbenannten “Bürgerstiftung” ja deutlich zeigt, dass sich die Verwaltung gar nicht gern zuschauen lassen möchte, wie sie mit solchen Instrumenten arbeitet. Welcher Schaden könnte entstehen, wenn die Stadt, ihre Eigenbetriebe und Stiftungen öffentlich über Heller und Pfennig Bericht erstatten müssten?
Vereine, Stiftungen, Eigenbetriebe, schwierige Themen. Konzentrieren wir uns auf Stiftungen und Vereine.

Die 2003 gegründete “Bürgerstiftung Leipzig” verfügt über ein Stiftungsvermögen von rund 200.000 Euro, welches u.a. für Zwecke der Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe verwendet werden darf. Die Empfänger von Stiftungsmitteln sind verpflichtet, über deren Verwendung Rechenschaft abzulegen. Nach Ablauf des Geschäftsjahres ist ein Tätigkeitsbericht sowie eine Vermögensaufstellung an die Aufsichtsbehörde einzureichen. Zur Überprüfung des Jahresberichtes hat der Stiftungsrat einen Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer oder Steuerprüfer zu bestellen. Stiftungen unterstehen in Sachsen der Rechtsaufsicht des Freistaates, also nicht der Stadt Leipzig. Stiftungen spielen in den neuen Bundesländern kaum eine Rolle.

Vollkommen anders ist die Situation bei Vereinen. Im Unterschied zu einer Stiftung hat ein Verein Mitglieder. Am bekanntesten ist der rechtsfähige Verein, der seine Rechtsfähigkeit durch die Eintragung in das Vereinsregister und dann den Zusatz “e. V.” erhält. Er muss mindestens sieben Mitglieder haben und eine Satzung beschließen.

Die Bewilligung von Zuwendungen (freiwillige Leistungen) der Stadt Leipzig an Stellen außerhalb der Verwaltung (Vereine, Verbände, Gruppen, Privatpersonen) ist in einer Rahmenrichtlinie geregelt, die Festlegungen zur Kontrolle enthält. Laut Zuwendungsbericht 2013 wurden im Jahr 2012 insgesamt 22,3 Millionen Euro ausgereicht (1.321 Einzelpositionen), vorwiegend an Vereine. Die Kontrolle der Verwendung der ausgereichten Mittel beschränkt sich auf die Prüfung der bei der Verwaltung einzureichenden Unterlagen, weil eine Prüfung in den Vereinen rechtlich nicht möglich ist.

Vereine sind für Betrugshandlungen “sehr anfällig”, weil es sich um recht “einfache Konstruktionen” handelt. Man kennt sich und man schätzt sich. Das blinde Vertrauen ist stark ausgeprägt. Es ist nicht selten, dass in Vereinen Betrugshandlungen erst nach Jahren aufgedeckt werden, wenn beispielsweise der Vorsitzende abgewählt wird oder der Kassenverwalter sein Amt wegen Krankheit nicht mehr ausüben kann. Jährlich haben in Vereinen Kassenprüfungen, durch gewählte Kassenprüfer zu erfolgen. Ohne mir nun den Zorn der von den Mitgliederversammlungen eingesetzten Prüfern zuziehen zu wollen, aber auch diese sind Mitglieder des Vereins. Oftmals sind die Größenordnungen von Finanzdelikten in Vereinen erheblich und der Aufklärungswillen schwach ausgeprägt, wie beispielsweise gegenwärtig bei den in der LVZ im Kleingartenverband Westsachsen e.V. aufgezeigten Sachverhalten “sehr schön” erkennbar.

Würde bei einer transparenten Berichterstattung am Ende nur sichtbar werden, dass es in der Leipziger Verwaltung kein kostensparendes strategisches Denken gibt? Man denke nur an die eher atemlose Politik beim Bau neuer Kindertagesstätten oder die Beschaffung neuer Asylbewerberunterkünfte. Fehlen in den Dezernaten nicht gar die Leute, die ordentliche Kostenkalkulationen für solche Projekte anfertigen und dann auch umsetzen können?

Was den Bau neuer Kindertagesstätten betrifft, so ist das nicht nur ein Problem von Leipzig. Es dabei allen Recht zu machen ist unmöglich. Um zu beantworten, ob der Bedarf unterschätzt worden ist, sind interne Kenntnisse erforderlich, über die ich nicht verfüge. Gegenwärtig habe ich den Eindruck, dass sehr viel getan wird, um diese Mammutaufgabe zu lösen, die erheblicher finanzieller Mittel bedarf.

Bei der Bereitstellung von Asylbewerberunterkünften, habe ich für Ihren Eindruck Verständnis. Nehmen wir das Objekt Zschortauer Straße 44/48, wo das Gesamtpaket für die dreijährige Anmietung rund 4,0 Millionen Euro kostet. Es wurde alles getan, um günstigere Objekte zu finden, so die Auskünfte auf einer Informationsveranstaltung. Kurze Zeit später erfolgte vom Sozialamt ein Aufruf an Besitzer von Immobilien sich zu melden, wenn diese geeignete Objekte bereitstellen können. Laut Medien wurde die Verwaltung über Nacht mit Angeboten überhäuft. Welch ein Wunder! Ergaben sich daraus nicht Fragen, deren Beantwortung aussteht? Weshalb wurde vorher nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht? Gab es womöglich andere Unterbringungsmöglichkeiten, aber die Verantwortlichen des Dezernates sowie des Sozialamtes haben diese Variante bzw. diesen Eigentümer bevorzugt? Weshalb? Wie ist alles dokumentiert? Ist durch den Abschluss dieses Vertrages der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden? Derartige Fragen sollten vom Stadtrat beantwortet werden, welcher diese aber erst einmal stellen muss!

An qualifiziertem Personal für Kostenkalkulationen dürfte es nach meiner Kenntnis in der Stadtverwaltung nicht mangeln.

Und weil das so ist, gibt’s morgen noch einen letzten Teil der Serie, in der wir uns mal mit den Spielräumen einer möglichen Finanzkontrolle beschäftigen.

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