In der Debatte um die Zukunft der „Agra-Brücke“ auf der B2 geht es nun Schlag auf Schlag. Nach beidseitigen Fahrbahnverengungen und Befahrverbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, soll der westliche Brückenzug ab dem Frühjahr komplett gesperrt werden. Im Zuge einer Untersuchung wurde erst vor wenigen Wochen bekannt gemacht, dass der Zustand der Brücke derart schlecht ist, dass eine schnelle Entlastung und ein Neubau unumgänglich wären.

Die Brücke wird von der gleichen Art Spannstahl gehalten, der auch in der zusammengestürzten Dresdner Carolabrücke verbaut war. Und das ist nicht neu. Freistaat und Bund hätten schon seit 13 Jahren handeln müssen, stellt die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel fest.

Diese 13 Jahre Verzögerung erzählen von einem Effekt, der deutschlandweit regelrecht ausgeblendet wird: Dass Bund und Länder seit über 30 Jahren zu wenig investieren. Sowohl Bund als auch Freistaat weisen zwar in ihren offiziellen Berichten immer wieder erstaunlich hohe Investitionsquoten aus. Selbst der Bund schafft es über die Jahre, jährlich mindestens 2 Prozent des BIP als Investitionsquote zu erreichen.

Aber die Zahlen sind trügerisch, täuschen darüber hinweg, dass hier auch sämtliche Neubauprojekte mit drin stecken, Milliarden Euro also oft für Neubauprojekte verbraten werden, deren künftiger Zweck durchaus fraglich ist – wie immer neue Autobahnstrecken. Aber eine Ausweisung der Investitionen in Sanierung und Erhalt fehlt. Es ist die blinde Stelle in allen Statistiken.

Denn erst hier ergeben 2 Prozent Investitionsquote als echte Ersatzinvestition Sinn, wenn man davon ausgeht, dass z.B. Brückenbauwerke nach 50 Jahren erneuert werden müssen. S, wie es bei der B2-Brücke im Agra-Parlk der Fall ist.

Seit 2012 schrillt der Alarm

Bereits 2012 bekundete die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage: „Das Bauwerk Agra-Brücke weist insbesondere auch aufgrund der Verwendung von spannungsrisskorrosionsgefährdetem Spannstahl einen äußerst schlechten baulichen Zustand auf. Die Bauzustandsnote von 4,0 erfordert daher eine kurzfristige Erneuerung“.

Wozu hat der Bund solche Dringlichkeitskategorien, wenn dann doch nicht danach gehandelt wird?

Und es wurde eindeutig nicht danach gehandelt. Auch das sächsische LaSuV wusste um die Dringlichkeit, wurde aber ganz offensichtlich erst durch den Einsturz der Carolabrücke in Dresden aufgeschreckt und ging dann in die Tiefenprüfung aller ähnlich konstruierten Brücken in Sachsen, zu denen eben auch die Agra-Brücke gehört. Und die Prüfergebnisse bestätigten dann alle Befürchtungen: Diese Brücke hätte längst ersetzt werden müssen.

Nun sorgen die kurzfristig angesetzten Umleitungen gerade für den Schwerlastverkehr für unerwartete zusätzliche Belastungen rund um die Brücke. Der Ausweichverkehr vornehmlich durch LKW verschärft bereits seit Jahrzehnten bestehende Probleme um Umfeld der B2.

Schon 2009 wurde Entscheidung zum Neubau getroffen

Juliane Nagel, Leipziger Landtagsabgeordnete und Stadträtin, kritisiert die i Sachsen regierenden CDU für ihre falsche Investitionspolitik: „Die Agra-Brücke ist ein weiteres Symbol für die verfehlte Investitionspolitik der CDU-geführten Landesregierungen. Bereits 2009 wurde die Entscheidung für einen Neubau der Brücke getroffen und eine Variantenuntersuchung und Vorplanungen für das neue Bauwerk durchgeführt. S

eitdem und damit seit 13 Jahren ist scheinbar nichts geschehen und jetzt brennt die Luft. Die dringend notwendigen Investitionen wurden einfach verschleppt, jetzt werden die Baukosten um ein Vielfaches höher sein werden. Laut Antwort auf meine Landtagsanfrage Drs 8/4871 soll ein Ersatzneubau der Brücke aus dem Wirtschaftsplan des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität des Bundes finanziert werden, der Freistaat trägt die Planungs- und Ingenieurleistungen. Weitere Details seien noch nicht bekannt.“

Zwei Millionen Euro hat der Freistaat schon einmal für die notwendigen Planungen bereitgestellt.

Schon jetzt ist in der Umgebung ein zunehmender Mehr- und Ausweichverkehr zu verzeichnen, der sich mit der teilweisen Sperrung des Brückenzuges und einer Komplettsperrung exorbitant verstärken wird, befürchtet Juliane Nagel: „Natürlich braucht es Anstrengungen, um den Autoverkehr von der B2 ohne zu große Behinderungen umzulenken.

Dabei dürfen die Auswirkungen auf die angrenzenden Straßen aber nicht aus dem Blick geraten. Das betrifft unter anderem die Abfahrt Goethesteig in Leipzig-Dölitz. Seit fast zehn Jahren mahnen wir eine sichere Fußgängerquerung auf Höhe Agra-Park/Sportplatz-Turbine und die Errichtung von sicheren Rad- und Fußgängerwegen auf dem Zubringer zu B2 an (vgl. Antwort auf Stadtratsanfrage aus November 2024).

Vor dem Hintergrund der über Jahre andauernden Einschränkungen durch den Bau der Agra-Brücke muss unverzüglich gehandelt werden. Wir fordern die Stadt Leipzig auf die avisierte Fußgängerquerung mittels Ampel jetzt in Gang zu setzen und damit für ein bisschen Mehr an Verkehrssicherheit zu sorgen.“

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Verantwortlich für den Brückenneubau war bis Dez 2024 Martin Dulig (SPD) Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

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