Damit sind die Träume von einer Tunnellösung im Agra-Park vom Tisch: Allein die Projektierung würde zu lange dauern, betonte am Montag, dem 17. November, bei einem Vor-Ort-Termin zur Agra-Brücke Sachsens Infrastrukturministeri Regina Kraushaar. Die alte Brücke aber muss schnellstens ersetzt werden.

Die kürzlich durchgeführten Sonderprüfungen an der Agra-Brücke in Markkleeberg haben gravierende Schäden im Spannstahl der Brücke zutage gefördert.

Staatsministerin Regina Kraushaar hat am Montag, dem 17. November, gemeinsam mit Gutachter Prof. Dr. Thomas Bösche über die ersten Erkenntnisse und über die notwendigen Konsequenzen informiert. Nachdem erste Verkehrseinschränkungen auf der Agra-Brücke bei Markkleeberg bereits umgesetzt werden, rückt vor allem der weitere Umgang mit der Brücke in den Fokus.

Damit reagiert das Sächsische Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung auf die jüngsten Ergebnisse aus den technischen Untersuchungen, die ein außerordentlich kritisches Schadensbild zeigen. Dieses verändert die bisherige Bewertung des Brückenbauwerks entscheidend.

„Die Brücke ist die wichtigste Nord-Süd-Achse im Leipziger Raum und wirkt natürlich auch weit in den Südraum und den Landkreis. Doch die Uhr dieser Brücke läuft dramatisch schneller herunter, als wir alle gedacht haben“, sagt Staatsministerin Kraushaar. „Die ursprünglich noch angenommene Lebensdauer von zehn Jahren ist nicht mehr ansatzweise haltbar.“

Keine zehn Jahre mehr

Die Agra-Brücke wurde zwischen 1970 und 1976 erbaut, ist 357 Meter lang, besteht aus 17 Feldern und führt die B 2/B 95 über den Agra-Park. Rund 30.000 Fahrzeuge pro Tag nutzen die Brücke. Wie insgesamt 19 Brücken in Sachsen enthält sie sogenannten Hennigsdorfer Spannstahl, ein Material, das seit dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden intensiv im Fokus steht.

Die Brücke der B2 im Agra-Park, Stein, Unterführung und Radfahrer.
Die Brücke der B2 im Agra-Park. Archivfoto: Ralf Julke

Die in der vergangenen Woche entnommenen Spannstahl-Proben von der Oberseite des Bauwerkes, die bereits bei Inaugenscheinnahme ein erhebliches Schadensbild gezeigt haben, werden nun genauer im Labor ausgewertet – die Ergebnisse sollen Ende November vorliegen.

Auf gleiche Weise wurde bereits im Dezember 2024 an der Unterseite der Brücke vorgegangen. Nach Entnahme von Spannstahlproben folgten weitere Untersuchungen im Labor. Die Ergebnisse von damals zeigten eine gewisse Vorschädigung des Materials, gaben aber – anders als jetzt – keinen Anlass für ein sofortiges Handeln.

Prof. Dr. Thomas Bösche als beauftragter Gutachter erklärt dazu: „Die aktuellen Aufschlüsse an der Oberseite zeigen ein dramatisches Bild. In zwei von fünf geöffneten Spanngliedern sind bereits einzelne Drähte gerissen, zudem ist eine Vielzahl weiterer Anrisse festzustellen.

Damit liegt nicht mehr nur eine Gefahr der Spannungsrisskorrosion vor, sondern ein nachgewiesenes Problem, das zudem lokal konzentriert und unsystematisch auftritt. Auf dieser Basis ist eine weitere rechnerische Standsicherheitsbewertung nicht mehr möglich. Zur Gewährleistung der Standsicherheit kann kurzfristig nur eine deutliche Reduzierung des Beanspruchungsniveaus beitragen.“

Sperrung für alle Fahrzeuge schwerer als 3,5 Tonnen

Die neuen Ergebnisse machen unverzügliches Handeln notwendig. Um die Entlastung des Bauwerkes schnellstmöglich voranzubringen und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, dürfen ab Donnerstag, dem 20. November, Fahrzeuge schwerer als 3,5 Tonnen das Bauwerk nicht mehr befahren.

Der Verkehr über 3,5 Tonnen wird voraussichtlich über den Leipziger Ring der Autobahnen A 38 und A 14 umgeleitet. Die entsprechende Beschilderung wird ab der ersten Dezemberwoche im weiträumigen Umfeld der Agra-Brücke eingerichtet. Zudem wird eine Geschwindigkeitsreduzierung erfolgen.

Bereits seit dem 14. November darf nur noch ein Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn befahren werden.

Auch für die Infrastrukturministerin steht fest, dass die Agra-Brücke aufgrund ihres schlechten Zustandes nun so schnell wie möglich ersetzt werden muss. Eine Instandsetzung ist nicht mehr möglich, sodass ein Ersatzneubau erforderlich wird.

„In die konkrete Planung eines Tunnels einzusteigen wäre vor dem Hintergrund der dramatischen Befunde der Agra-Brücke nicht zu verantworten. Für ein solches Vorhaben muss eine erhebliche Gesamtprojektzeit veranschlagt werden“, erklärt Regina Kraushaar. „Ein Tunnel ist immer ein hochkomplexes und technisch außerordentlich anspruchsvolles Bauwerk, hier stehen bis zu 20 Jahre Projektlaufzeit im Raum. Würde gegen die Pläne geklagt, sind weitere Verzögerungen garantiert.

Die Brücke gibt uns schlicht diese Zeit nicht mehr. Viele Menschen würden unkalkulierbar lang – und damit unverantwortlich lang – mit großen Verkehrsbelastungen leben müssen. Die einzige Lösung, die schnell realisierbar, rechtlich machbar, finanziert, und für die Region zumutbar ist, ist der unverzügliche Ersatzneubau der Brücke. Wir haben das Landesamt für Straßenbau und Verkehr deshalb beauftragt, sofort mit den Planungen für den Ersatzneubau zu beginnen.

Wir müssen jetzt schnell und entschlossen handeln, um die Sicherheit zu gewährleisten und der Region eine dauerhafte Lösung zu garantieren. Mit dem Ersatzneubau übernehmen wir Verantwortung für die Region.“
Bei neuen Erkenntnissen werde erneut informiert.

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Es gibt 2 Kommentare

Es ist jetzt immer wieder in verschiedenen Medien von “Henningsdorfer Spannstahl” zu lesen. Dieser Spannstahl wurde in Henningsdorf genauso gezogen wie in Verarbeitungsbetrieben in Westdeutschland oder anderswo. Die DDR TGL basierte auf der DIN Norm und die Herstellung des Stahles erfolgte wie in den anderen Industrieländern der Erde. Die Journalisten sollten sich also nicht an der Nase herum führen lassen, das der Spannstahl aus der DDR schlechter gewesen wäre als der aus anderen Ländern.
Es ist ein Problem wie überall bei solchen Verbundkonstruktionen mit unterschiedlicher Ausdehnung von Spannstahl und Beton, der Dichtigkeit, der Festigkeit und Überdeckung vom verarbeiteten Beton. Die Krux ist die Verbindung zwischen Spannstahl und Beton, die Zugfestigkeit dieser Verbindung und die Wasserdichtigkeit des Beton. Und nicht wie schon in einem Artikel geschrieben wurde, die Druckfestigkeit des Stahles. Der Beton nimmt den Druck auf und verteilt diesen und die Spannung wird über den Stahl aufrecht erhalten. Durch die ständigen Erschütterungen und immer höheren Belastungen durch die Fahrzeuge reist die Verbindung zwischen Stahl und Beton ab und durch Feuchtigkeitseintrag rostet der Spannstahl. Das ist Physik und Chemie.
Eine länger haltbarere und nachhaltigere Lösung wäre eine Stahlbrücke. Wäre nur im Bau/Material für die Lieferung etwas teurer. Hält aber doppelt so lange. Aber das kann Leipzig leider nicht.
Da wäre noch als ein Kompromiss zwischen Brücke und Tunnel die Trogvariante zu nennen. Ist nicht so teuer wie der Tunnel, zerschneidet den Agra-Park nicht so offensichtlich und der Lärm und Dreck geht mehr nach oben weg und beeinträchtigt weniger den Park. Auch die Unterhaltung wäre günstiger gegenüber einem Tunnel, der immer wieder für Reparaturen und Reinigung gesperrt werden müsste.

“schneller Neubau” – hier? Schnell gebaut wird eher in China. Na ja , selbst die Tunnelbauer von der Hamas hätten den kompletten Park wohl innert zwei Jahren komplett Moped befahrbar untertunnelt.

Voohr siebn Brüggn musst du stähn // kannst bald über geine einzge mähr gähn // siebnmal wirscht du zu schwärher sein // aba ärgendwann gehts dann, auch, ohne Passierschein.

Jetzt hilft nur noch Gott, der Wolff, Gastarbeiter, die Niederländer, Blackrock, oda manchmal halt alle zusammen.

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