Irgendwann muss Tanner mal ein männliches Fotomodel interviewen. Aber da er da gern eins hätte, welches auch mal Gesicht statt Megabart und keine Tattoos und Gigantomanietunnels in den Ohren hat, wird das wohl noch dauern. Also fragt sich Tanner durch die Frauen hindurch. Diesmal die Leipzigerin Nela.

Hallo Nela, schön auch einmal eine richtige Frau zu interviewen, die im Modelfach Spuren hinterlässt. Oft sind es ja extrem filigrane Unzerkratzte, die sich da tummeln. Ist es eigentlich schwierig, da eine eigene Farbe zu entwickeln?

Hallo Volly, das hast du lieb gesagt … ich danke Dir für die Einladung. Na, ob ich Spuren hinterlasse, das weiß ich nicht – für mich allemal. Es stimmt, wenn du sagst, dass es meistens die Mädels sind, die das klassische Modellklischee bedienen, vor allem im professionellen Modelgeschäft. Auch im nicht-professionellen Modelgeschäft sind eher diese Mädels gefragt. Doch der Fairness halber muss ich sagen, dass es auch langsam immer mehr Fotografen und Fotografinnen gibt, die mit Models zusammenarbeiten, die keine 174 cm groß, 55 kg schwer und unter 25 Jahre alt sind. Bezüglich einer eigenen Farbe mach ich mir eigentlich keine Gedanken. Ich bin wie ich bin – facettenreich und so unterschiedlich sind auch die Bilder. Vielleicht ist das meine Farbe – buuunt und schwarzweiß.

Wie muss ich mir das eigentlich vorstellen? Wie kommst Du an Deine Shooting-Anfragen heran? Gibt es da eine Agentur? Erzähl doch mal bitte etwas.

Ich bin damals, ich glaube 2011, durch eine Freundin zum Modeln gekommen. Erst hatte ich Bedenken. Warum sollte ausgerechnet ich modeln? Und dann kam es zu einem Shooting mit einem befreundeten Fotografen – mein erstes Shooting – Gott, war ich aufgeregt. Und so war es auch, aufregend und anstrengend und schon hatte ich Blut geleckt. Und als ich dann noch die Bilder sah: Wahnsinn!

Der Fotograf empfahl mir dann, mich in der MK (Modelkartei) anzumelden, um so Kontakte mit Fotograf(Inn)en und auch mit anderen Models zu knüpfen. Und das ging dann auch recht fix. Ganz, ganz viele unseriöse Anfragen kamen da, aber da wurde ich von meiner damaligen Freundin und dem Fotografen vorgewarnt.

Die meisten Shootinganfragen bekam ich in der MK – und seit ungefähr zwei Jahren immer mehr über Facebook und spezielle FB-Gruppen. Allerdings schreibe  ich auch Fotograf(inn)en an, wenn mir die Bilder gut gefallen und/oder ich eine bestimmte Shootingidee habe, die ich mir eben mit diesem Fotografen gut vorstellen kann. Oder man denkt sich zusammen ein Thema aus und setzt dieses dann um.

Es gibt auch Agenturen, einige,…und ich denke, wenn man professionell im Modelgeschäft arbeiten beziehungsweise vorankommen möchte, ist eine – seriöse – Agentur sicher ein guter Weg.

Und was geschieht dann mit den Bildern? Das können ja nicht alles Cover für die Elle werden, was wird mit dem Material?

Foto: NELA Archiv
Foto: NELA Archiv

Die Bilder, die bearbeitet wurden, kommen bei mir auf eine Festplatte oder CD, die meisten kann man bei FB oder in der MK bewundern. Was der Fotograf damit macht ist ganz unterschiedlich: nur abspeichern oder auch auf einer Fotografen/Model-Plattform hochladen oder löschen, hihihi. Wichtig für mich ist es, vorher einen Vertrag zu machen, damit eben auch abklärt ist, beziehungsweise ich versichert bin, dass Bilder zum Beispiel nicht auf unseriöse Seiten gelangen…

Ich denke, dass es ja auch dem Selbstwertgefühl schmeichelt, wenn frau von Fotografen umsummt wird. Was ist Dein ganz persönlicher Antrieb?

Ach naja. Klar freue ich mich, wenn ein Shooting ansteht oder Anfragen kommen. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich auch traurig, wenn eine Zeitlang nichts passiert. Warum dieses Modelding? In erster Linie macht es mir Spaß in eine andere Rolle zu schlüpfen: Raus aus dem Alltag. Dann sind die Bilder eine Art Belohnung für mich, da ich mal cirka 40 Kilo abgenommen habe und trotzdem nicht die Schlankeste bin und dies zu zeigen, dass nicht die schlanke Figur (m)eine Persönlichkeit ausmacht, sondern dass Ausstrahlung viel wichtiger ist. Das finde ich gut. Und wahre Schönheit kommt doch nun mal von innen!

Wie du weißt habe ich eine 13-jährige Tochter und da sind sogenannte Schönheitsideale – mit wenig Kilos auf den Rippchen – öfters mal Thema. Und gerade für diese Generation ist es wichtig zu zeigen, das jede Frau, ob groß, klein, schlank, mit Rundungen, kurzen Haaren, langen Haaren usw. schön ist…jede auf ihre eigene Art und Weise…

Und so wünsche ich mir, dass mehr, auch und besonders junge Frauen, die nicht dem sogenannten Schönheitsideal entsprechen, sich vor die Kamera trauen und sich zeigen und dass noch mehr Fotografen eben auch diese Frauen gern ablichten.

Hin und wieder hört man ja Geschichten, von Models und Fotografen und der Übertretung der Privatsphäre. Gibt es so etwas wirklich? Zum WGT sah man ja viele Foto-Apparat-Besitzer, die geifernd jedem runden, leichtbedeckten Po hinterherschwänzelten. Wie ist das im ganz normalen Geschäft?

Oh ja, das gibt es, zum Leidwesen der seriösen Fotografen. Allerdings kenne ich das auch nur von der Seite des Models. Liegt sicher daran, dass ich weniger mit einem Model zusammenarbeite, also wir zu zweit. Aber ich kenne schon das ein oder andere schwarze Schaf, dass der Fotograf drängt, dass man eben was auszieht oder am besten gleich Akt, obwohl kein Aktshooting ausgemacht wurde. Da hab ich auch schon mal das Shooting abgebrochen. Oder wenn ich ein Aktshooting ablehnte, dass dann Beschimpfungen und Drohungen kamen. Ja, das gab es auch. Doch zum Glück gibt es diese schwarzen Schafe nur vereinzelt. Mit fast allen Fotograf(inn)en habe ich auch nach dem Shooting einen guten Kontakt oder auch mittlerweile eine Freundschaft. Auch mit einigen noch aus Nürnberg. Deswegen ist es wichtig, vorher abzusprechen, was es für ein Shooting werden soll, wie dieses vonstatten gehen soll, ob man eine Begleitperson mitnehmen darf und natürlich der Vertrag.

Gibt es Fotografen, mit denen Du nicht arbeiten würdest? Und wenn ja, welche sind Deine Kriterien für eine Ablehnung?

Klar gibt es auch Fotografen, mit denen ich nicht zusammenarbeiten würde. Ich schau mir ja seine oder ihre Arbeiten vorher an und wenn es zum Beispiel ins Pornografische geht, dann ist es ein Grund für eine Ablehnung. Ich lese mir auch in der MK Shootingbewertungen durch, wenn viele negativ sind, dann lass ich es. Natürlich erfährt man auch über andere Models, wie der ein oder andere Fotograf so “tickt”. Dass ein Fotograf ein blutiger Anfänger ist, ist für mich kein Ablehnungsgrund… Jeder fängt mal an.

Ich danke Dir für Deine Aufrichtigkeit, Nela.

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