Im Sommer sind auch mal andere Dinge wichtig. Da soll ausgeruht werden und wenn's schön ist, dürfen ein paar Gedanken freigelassen werden zum Selbst und zum Morgen der Welt. Deshalb fragt Tanner Menschen nach ihrer Eigensicht und bringt diese dazu innezuhalten und darüber nachzudenken. Heute: Der Leipziger Schriftsteller Michael Schweßinger, der gerade in Rumänien lebt.

Wohin fahre ich dieses Jahr in den Urlaub?

Ich fahre auf die Mani im Süden Griechenlands. Der Grund allerdings ist nicht die Krise, sondern die tolle Reisebeschreibung von Patrick Leigh Fermor.

Welches ist mein Traumort und warum?

Sheeps Head in Südirland. Nirgends ist das Grün grüner und das Blau blauer. Außerdem schmeckt das Bier.

Welches Buch liegt derzeit auf meinem Nachttisch und warum? Und um was geht es darinnen?

The Mountains of Romania. A Guide to Walking in the Carpathian Mountains. Der liegt eben da, weil man hin und wieder aus București raus muss. Da geht es eben um die wunderbare Bergwelt Rumäniens, mit netten Tipps, wie man dem gefährlichsten Tier der Karpaten, den Ciobănesc Românesc, dem Standardhund der Schäfer, entgegentritt und auch noch weitere nützliche Information über Verhaltensregeln gegenüber ungefährlicheren Zeitgenossen wie Bär, Wolf und rumänischen Autofahrern.

Wenn ich die Möglichkeit hätte, diese Welt gut zu machen, vielleicht sogar zu heilen – und ich würde es auch machen wollen, wie sähe diese Welt ab morgen aus?

Ich würde sie voller Kleinbäckereien stellen, weil das Backen ist ja so etwas wie Yoga für Outsider, es beruhigt den Geist ungemein und macht Menschen glücklich.

An was glaube ich oder an wen und warum?

Manchmal an mich, manchmal an die anderen. Meistens an mein Brot.

Was mag ich an mir und was mag ich nicht an mir? Und warum natürlich!

Ich mag die Ruhelosigkeit und hasse die Ruhelosigkeit, wegen ihrer Ruhelosigkeit. Sie führt mich auf Wege wie Irrwege.

Wenn ich mich an meinen letzten Traum erinnere, welche Geschichte war das?

Du meine Güte, das ist jetzt schon drei Jahrzehnte her. Benjamin Blümchen, glaube ich.

Gibt es ein Motto, nach dem ich mein Leben gestalte? Und wenn ja, welches ist das und warum?

Lebe lieber unvorsichtig, weil man verpasst sonst zu viel und hat sich in der Ewigkeit nix zu erzählen.

Was macht mich traurig?

Dass die Menschen nicht begreifen, dass wir im Angesicht unserer begrenzten Zeit hier alle im selben Boot Richtung Styx unterwegs sind und uns vielleicht nicht gegenseitig vorher die Köpfe einschlagen sollten.

Wann und in welchem Zusammenhang hat sich in letzter Zeit mein Mitgefühl geregt?

Als letzte Woche der Straßenhund im Ruhestand, der sich im Vorgarten meines Blocks niedergelassen hatte, starb. Er hatte zwar irgendwelche psychische Traumata und bellte allnächtlich irgendwelche Schattenhunde an, aber er war einer von den Guten. Odihneasca-se in pace câinele de blocului!

Was wollte ich schon immer einmal sagen? Aber es passte nie so wirklich – doch, da die Frage ja jetzt hier gestellt wurde, nehme ich die Chance beim Schopfe und sage es allen einfach mal:

Schaut euch die Welt an und seid lieb zu den Rumänen, denn sie sind es auch zu mir.

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