Der Traum "von einem Haus, das Leben ausstrahlt und den Krebspatienten und ihren Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung Unterstützung und Beratung anbietet", stand am Anfang, erzählt Michaela Bax. Ein L-IZ-Interview mit der Projektkoordinatorin des Haus Leben Leipzig im ehemaligen Friesenkrankenhaus.

Wie würden Sie das Anliegen von Haus Leben beschreiben?

Das 2006 gegründete und zur Klinikum St. Georg gGmbH zugehörige Haus Leben Leipzig ist ein Begegnungs- und Informationszentrum rund um Tumorerkrankungen. Ziel ist es, Krebspatienten und Angehörige auf vielfältige und individuelle Weise zu unterstützen. Das Haus Leben Leipzig bietet eine wichtige Ergänzung zur Therapie im Rahmen der Behandlung von Tumorerkrankungen an.

Eine Tumorerkrankung wirkt weit in das psychosoziale Gefüge des Betroffenen. Vom handelnden Subjekt zum behandelten Patienten wird dieser plötzlich aus seiner privaten und beruflichen Routine herausgerissen. Viele Betroffene entwickeln psychische Auffälligkeiten, werden depressiv oder erleiden Angstzustände. Lebensentwürfe werden angesichts der Frage des eigenen Überlebens fragwürdig. Auswirkungen der Erkrankung verengen die bisherigen Handlungsräume.

Hier schließt das Haus Leben Leipzig eine Lücke. Die Verweildauer im Krankenhaus hat sich im Zuge vielfältiger Behandlungsmethoden deutlich verkürzt. Der ambulanten Nachsorge kommt somit eine ganz besondere Bedeutung zu.
Welche ambulanten Angebote unterbreiten Sie?

Das Haus Leben Leipzig greift auf ambulanter Ebene die Sorge und Problematik der Betroffenen auf. Sie haben die Möglichkeit, sich kostenfrei zu informieren, sozialrechtliche und psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen und diverse Kursangebote zu nutzen.

Mit Sport und Bewegung, meditativen Angeboten, kreativem Gestalten, Gesprächskreisen sowie Entspannungskursen bietet das Haus vielseitige Möglichkeiten, Wohlbefinden und Lebensqualität zu steigern.

Darüber hinaus gibt das Haus Leben Leipzig auch zahlreichen Selbsthilfegruppen die Möglichkeit, sich zu treffen und auszutauschen. Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass “alles unter einem Dach” angeboten wird.

Ein weiteres großes Anliegen vom Haus Leben Leipzig ist, die breite Bevölkerung kontinuierlich über Vorsorge und Früherkennung zu informieren und aktiv in den Kampf gegen Krebs einzubinden.

Wie fing vor fünf Jahren alles an?

Die Idee, ein solches Haus ins Leben zu rufen, bestand schon zu der Zeit, als sich der Förderverein Krebsliga e.V. – ein Förderverein für die Interdisziplinäre Onkologische Betreuung im Städtischen Klinikum “St. Georg” Leipzig – gründete. Damals “träumten” die Mitglieder des Vereins bereits von einem Haus, das Leben ausstrahlt und den Krebspatienten und ihren Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung Unterstützung und Beratung anbietet.

Da die psychosoziale Betreuung von Krebspatienten im Heilungsprozess eine sehr große Bedeutung einnimmt und als Teil einer umfassenden Krebstherapie gilt, wurde auf gemeinsamer Initiative des Förderverein Krebsliga e.V., des Klinikum St. Georg und der Stadt Leipzig vor fünf Jahren das Haus Leben Leipzig als ein Begegnungszentrum ins Leben gerufen.
Was waren in den letzten Jahren für Sie und Ihr Team besonders bewegende Momente?

Da gab es viele bewegende Momente. Wenn wir uns zurückerinnern, dann beinhaltete bereits die Eröffnungsfeier ein bewegendes Moment. Damals sprachen die Leiterin vom Haus Leben Leipzig, Frau Dr. Luisa Mantovani Löffler und der Geschäftsführer der Klinikum St. Georg gGmbH, Professor Karsten Güldner, von einer Herzensangelegenheit.

Ein bewegender Moment war auch die Teilnahme einer Patientin an einem MammaCare-Kurs. Sie war an Brustkrebs erkrankt und hatte ihre Freundinnen zu diesem “Tast-Kurs nach der MammaCare-Methode” eingeladen. Die Patientin selbst hatte den Knoten in ihrer Brust vor längerer Zeit getastet, ihn aber zunächst ignoriert und dadurch wertvolle Zeit verloren. Die Einladung zum MammaCare-Kurs war so zu sagen ihr “Vermächtnis” an ihre Freundinnen, Vorsorgeangebote wahrzunehmen.

… Sie arbeiten auch mit den Kindern von Krebspatienten …

Bewegend sind die Momente mit den Kindern und Jugendlichen im “Friesennest”. Unsere Kunsttherapeutin begleitet angehörige Kinder im “Offenen Atelier” und wir sind immer wieder berührt von den Bildern, künstlerischen Werken und Umsetzungen, die im gemeinsamen Arbeiten entstehen. So hat zum Beispiel ein Mädchen, deren Mutti gerade verstorben war, gemeinsam mit der Kunsttherapeutin ein Abschiedsgeschenk für ihre Mama gestaltet, dazu einen berührenden Brief geschrieben und dieses dem Grab beigegeben.

Eine für uns besondere Begegnung hat im Rahmen des Ernährungsseminars nach TCM mit Gästen von der TAO-Schule für Traditionelle Chinesische Medizin (SCUOLATAO) aus Bologna stattgefunden. Die Ernährungsberaterinnen aus Italien vermittelten mit viel Engagement und Begeisterung unseren Tumorpatienten alles rund um das Thema “Gesunde Ernährung nach TCM”. Die Teilnehmer dankten es mit kleinen persönlichen Geschenken.

Prinzipiell gibt es nicht diesen einen bewegenden Moment im Haus Leben Leipzig. Für uns sind die Rückmeldungen der Patienten, dass sie unsere Angebote im Rahmen der Auseinandersetzung mit ihrer Tumorerkrankung als entlastend und hilfreich für sich nutzen können, immer wieder positive Momente im Erleben von Haus Leben Leipzig.”
Wer kann sich auf welchem Wege an Sie wenden?

Das Haus steht allen Tumorpatienten aus Leipzig und Umgebung, aber auch ihren Angehörigen und Partnern offen.

Im Rahmen der Vorsorgeprojekte wendet sich das Haus auch an gesunde Bürger. Die Betroffenen kommen aus den umliegenden Kliniken oder Praxen oder aus den REHA-Kliniken. Die Betroffenen und Besucher melden sich telefonisch oder persönlich im Haus Leben Leipzig. Interessierte sind jederzeit herzlich eingeladen, unser Haus kennen zu lernen.

Von welchem Engagement und von welcher Unterstützung wird Ihr Projekt getragen?

Das Haus Leben Leipzig finanziert sich maßgeblich aus Spenden und Fördergeldern. Getragen und unterstützt wird das Haus Leben Leipzig von der Klinikum St. Georg gGmbH und dem Förderverein Krebsliga e.V.

Ein wichtiger Aspekt ist aber auch das persönliche, ehrenamtliche Engagement von vielen fleißigen Helfern. Ohne diese Hilfen und Unterstützungen könnte unser Haus seine zahlreichen Angebote nicht ermöglichen. Eine Einrichtung wie Haus Leben Leipzig wird nicht über die Regelversorgung von den Krankenkassen finanziert.

Weitere Informationen
www.hauslebenleipzig.de

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