Wie sehr unser Gesundheitssystem und die dort BeschÀftigten an ihrer Belastungsgrenze arbeiten, haben alle gleich im ersten Corona-Jahr 2020 mitbekommen. Manche haben geklatscht. Die Politik versuchte, sich mit ein paar Sonderzahlungen loszukaufen. Aber die PrÀmien ÃŒberdecken eines nicht: Das System arbeitet weiter auf Verschleiß. Und darunter leiden vor allem die PflegekrÀfte. Das können selbst die Krankenkassen in ihren Statistiken sehen.

In Sachsen treten bei Menschen in Pflegeberufen psychische Erkrankungen im Zusammenhang mit Burnout wesentlich hÀufiger auf als in anderen Berufsgruppen, meldete am Dienstag, dem 23. August, die AOK. Die HÀufigkeit des Burnouts liegt beim Pflegepersonal um 68 Prozent Ìber dem Durchschnitt aller Versicherten. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Auch sind Menschen in Pflegeberufen Ìber alle Krankheitsarten hinweg öfter krankgeschrieben als andere Berufsgruppen.

In allen Berufsgruppen steigende Fallzahlen

Verglichen mit allen Berufsgruppen war die Zahl der ArbeitsunfÀhigkeitsfÀlle (AU) im Jahr 2021 in den Pflegeberufen um rund 13 Prozent erhöht: Sie lag in Sachsen bei 174 AU-FÀllen je 100 AOK-Versicherten. AU-FÀlle aufgrund psychischer Erkrankungen im Zusammenhang mit Burnout haben in den Jahren 2012 bis 2021 bei berufstÀtigen AOK-PLUS-Versicherten in Sachsen um 36 Prozent zugenommen. Gleichzeitig liegt die FallhÀufigkeit in den Pflegeberufen in allen untersuchten Jahren weit Ìber dem Durchschnittswert: Im Jahr 2021 betrug der Abstand 68 Prozent.

Die Analyse des WidO zeigt auch: Erkrankungen im Zusammenhang mit der Diagnose Burnout verursachten unter Sachsens PflegekrÀften im vergangenen Jahr 27 AU-Tage je 100 AOK-Mitglieder. Das waren fast doppelt so viel wie in allen anderen Berufen (14 Tage) mit derselben Diagnose.

Die Dauer der ArbeitsunfÀhigkeit bei Menschen in Pflegeberufen, welche die Diagnose Burnout erhielten, nahm seit dem Jahr 2012 um knapp ein FÌnftel (+21 Prozent) zu und lag im Jahr 2021 bei durchschnittlich 30 Tagen. In allen anderen Berufsgruppen waren Menschen mit Burnout im Schnitt 26,3 Tage arbeitsunfÀhig.

Die Arbeitsbedingungen mÃŒssen nachhaltig verbessert werden

„Die Ergebnisse der Untersuchung unterstreichen die Dringlichkeit, die Arbeitsbedingungen fÃŒr Pflegefachpersonen endlich nachhaltig zu verbesser“, sagt Rainer Striebel, Vorstand der AOK PLUS.

„Die Pflegebranche konkurriert mit anderen Berufen um FachkrÀfte. Arbeit in der Pflege muss attraktiver werden, um die Menschen, die fÃŒr ihren Beruf brennen, langfristig zu halten und Nachwuchs fÃŒr die Pflege zu begeistern. Nur so kann eine individuelle und qualitativ hochwertige Versorgung der pflegebedÃŒrftigen Menschen sichergestellt werden.“

Ein Schritt in Richtung einer angemessenen Bezahlung ist die ab September geltende Tarifbindung fÌr ambulante Pflegedienste und Pflegeheime. Sie sieht fÌr Sachsen ein regional Ìbliches Entgeltniveau in Höhe von 18,25 Euro je Stunde vor.

Auch die TK meldet höhere KrankenstÀnde bei Pflegepersonal

BeschÀftigte in der Alten- und Krankenpflege in Sachsen sind auch einer Datenanalyse der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge deutlich lÀnger krank als Mitarbeitende anderer Berufsgruppen. Im Schnitt fielen sie im vergangenen Jahr mehr als zehn Tage lÀnger aus.

WÀhrend die Fehltage aller Erwerbspersonen im Jahr 2021 in Sachsen durchschnittlich bei 15,2 (Bundesdurchschnitt: 14,5 Tage) lagen, waren es bei den Pflegerinnen und Pflegern im Schnitt 25,8 Tage (Bundesdurchschnitt: 23,3 Tage).

„Die Zahlen sind alarmierend und zeigen, wie stark PflegekrÀfte belastet sind. Da spielt PrÀvention eine wichtige Rolle. Die TK fördert deshalb gezielt Projekte des betrieblichen Gesundheitsmanagements fÃŒr professionell Pflegende“, sagt Alexander Krauß, Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen.

„Daneben mÃŒssen sich unbedingt die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Hierbei ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Thema, welches gerade bei PflegekrÀften von großer Bedeutung ist.“

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