Das Thema medizinischer Cannabis hat in den letzten Jahren in ganz Europa an Dynamik gewonnen. Während Deutschland seit 2017 eine gesetzliche Grundlage für die Verschreibung geschaffen hat, sind andere Länder bereits länger aktiv in Forschung und Versorgung. Besonders das Vereinigte Königreich hat in den vergangenen Jahren beachtliche Fortschritte gemacht.

Dort haben spezialisierte Kliniken schon viele Tausend Patienten begleitet, klare Strukturen entwickelt und die Grundlage für eine sichere und transparente Versorgung gelegt. Nun tritt eine dieser Kliniken den Schritt über die Landesgrenzen hinaus an und richtet den Blick nach Deutschland. Für Patienten hierzulande eröffnet das neue Perspektiven, und das nicht nur, weil zusätzliche Expertise entsteht, sondern auch, weil internationale Erfahrungen in die lokale Praxis integriert werden können.

Die Internationalisierung der Cannabis-Therapien kann vielleicht sogar mit dazu beitragen, das Thema „Cannabis-Therapie“ irgendwann auch mal aus der „schmuddeligen Kifferecke“ zu holen und somit wirklich echte Perspektiven für Patienten zu entfalten. Sie sollte stets an klaren medizinischen und rechtlichen Rahmenbedingungen ausgerichtet bleiben, sodass diese Therapieform vielleicht irgendwann sogar das ihr scheinbar immer noch ein bisschen anhaftende „Geschmäckle“ verliert.

Das britische Modell

Eine der erfolgreichsten Kliniken im Vereinigten Königreich ist Releaf worldwide. Das Unternehmen hat sich in kurzer Zeit einen Namen gemacht, indem es Patientinnen durch den gesamten Prozess der Cannabis-Therapie begleitet, von der Anamnese über die Verschreibung bis hin zur Nachsorge. Im Mittelpunkt steht dabei die klare Orientierung an medizinischen Leitlinien und der Nachweis, dass Cannabis keine Erstlinientherapie, sondern eine Option bei Therapieversagen ist.

In Großbritannien hat dieses Modell großen Anklang gefunden. Tausende Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen, neurologischen Erkrankungen oder onkologischen Begleiterscheinungen konnten von der engmaschigen Betreuung profitieren. Die Klinik versteht sich nicht als Anbieter von Produkten, sondern als medizinische Einrichtung, die Patientinnen verantwortungsvoll begleitet.

Mit dem Schritt nach Deutschland geht es dem Klinikum nun darum, diese Erfahrungen in ein Land zu übertragen, das selbst seit 2017 eine eigene Struktur aufgebaut hat. Dabei gilt es, internationale Expertise mit lokalen Regularien zu verbinden. Doch warum nun hierbei uns? Deutschland bietet mit seinem starken Gesundheitssystem, der hohen Zahl an Patientinnen mit chronischen Erkrankungen und einer klaren rechtlichen Grundlage ein attraktives Umfeld für internationale Anbieter.

Der deutsche Markt ist groß, aber zugleich durch strenge Regeln gekennzeichnet. Genau hier soll die Expertise aus Großbritannien ansetzen. Sie kann helfen, Versorgungsprozesse effizienter zu gestalten und die Erfahrungen aus etablierten Strukturen zu nutzen.

Zudem suchen viele Patientinnen in Deutschland nach Orientierung. Die Beantragung der Kostenübernahme bei den Krankenkassen, die ärztliche Begleitung und die Verschreibung der richtigen Präparate sind komplexer, als von vielen Patienten angenommen. Kliniken mit internationalem Hintergrund können dazu beitragen, diese Prozesse transparenter und patientenfreundlicher zu machen.

Einige Krankheitsbilder besonders im Fokus

Die Nachfrage nach medizinischem Cannabis in Deutschland ist vor allem bei bestimmten Krankheitsbildern hoch. Zu ihnen gehören:

  • Chronische Schmerzen: Besonders neuropathische Schmerzen sind schwer zu behandeln und sprechen oft nur eingeschränkt auf herkömmliche Medikamente an.
  • Multiple Sklerose: Cannabisarzneimittel können Muskelspastiken reduzieren und die Beweglichkeit verbessern.
  • Onkologische Begleittherapie: Bei Chemotherapien kommt es häufig zu therapieresistenter Übelkeit und Appetitlosigkeit. Cannabis kann hier helfen, Symptome zu lindern.
  • Neurologische Erkrankungen: Auch bei therapieresistenter Epilepsie oder Tourette-Syndrom gibt es positive Erfahrungen.
  • Palliativmedizin: Cannabis trägt zur Linderung belastender Symptome bei und kann die Lebensqualität in der letzten Lebensphase verbessern.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Cannabis kein universelles Heilmittel ist, sondern gezielt für spezifische Indikationen eingesetzt wird, und das stets unter ärztlicher Aufsicht. Deshalb ist der Zugang zu Cannabisarzneimitteln streng reguliert. Patientinnen müssen eine schwerwiegende Erkrankung haben und bereits andere Therapien ausprobiert haben, die nicht ausreichend gewirkt haben oder nicht verträglich waren.

Der Weg zu solch einer Therapie verläuft in mehreren Schritten:

  1. Anamnese und Indikationsstellung: Die behandelnde Ärztin prüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
  2. Verschreibung über BtM-Rezept: Nur ein Betäubungsmittelrezept ermöglicht die Abgabe.
  3. Abgabe in Apotheken: Die Präparate sind ausschließlich dort erhältlich, unterliegen strengen Qualitätskontrollen und sind nicht frei verfügbar.
  4. Kostenübernahme: Patientinnen können bei den Krankenkassen einen Antrag stellen, dessen Bearbeitung jedoch zeitaufwendig ist.

Wissenschaftliche Evidenz und Forschung

Die internationale Forschung belegt, dass Cannabis bei bestimmten Indikationen wirksam sein kann. Besonders gut dokumentiert sind die positiven Effekte bei neuropathischen Schmerzen und MS-bedingten Spastiken. Auch Verbesserungen der Schlafqualität sowie die Stabilisierung des Appetits bei onkologischen Patientinnen und Patienten wurden nachgewiesen.

Dennoch bleibt die Datenlage differenziert. Cannabis wird auch in Großbritannien nicht als Erstlinientherapie angesehen, sondern kommt meistens ergänzend zum Einsatz, wenn etablierte Medikamente keine ausreichende Wirkung zeigen.

Diese differenzierte Sichtweise betont den klinischen Charakter der Therapie und grenzt sie klar von einem unkontrollierten Gebrauch ab. Trotz klarer gesetzlicher Regelungen bleibt der Zugang zu medizinischem Cannabis in Deutschland mit Hürden verbunden. Besonders die Deutsche Bürokratie erschwert Patienten und Therapeuten hierzulande den Beginn einer Therapie.

Die Beantragung der Kostenübernahme bei den Krankenkassen ist langwierig, viele Anträge werden zunächst abgelehnt und verzögern den Start der Behandlung. Wird keine Kostenübernahme bewilligt, müssen Patientinnen die Ausgaben selbst tragen. Das bedeutet mehrere Hundert Euro pro Monat an zusätzlichen Ausgaben, was für viele eine untragbare Belastung bedeutet.

Auch auf ärztlicher Seite gibt es Zurückhaltung, da die Evidenzlage je nach Indikation unterschiedlich stark ist. Hinzu kommen gesellschaftliche Vorurteile, die den offenen Umgang mit einer Cannabis-Therapie erschweren. Internationale Anbieter können hier Impulse geben, indem sie bewährte Modelle und effizientere Strukturen einbringen, die Patientinnen den Zugang erleichtern.

Digitalisierung und Telemedizin

Ein wachsender Bereich in der Versorgung ist die Digitalisierung. Telemedizinische Beratungen erleichtern den Zugang und ermöglichen Patientinnen, auch überregional Expertise zu erhalten. Gerade in Deutschland suchen viele Menschen nach Möglichkeiten, Prozesse zu vereinfachen.

Viele Menschen fragen sich, ob das Cannabis kaufen online genauso möglich ist, wie in der Apotheke vor Ort. An dieser Stelle ist es wichtig, Missverständnisse zu vermeiden. Ein freier Online-Handel existiert nicht. Cannabisarzneimittel sind verschreibungspflichtig und dürfen ausschließlich mit einem gültigen Betäubungsmittelrezept abgegeben werden.

Mehr Lebensqualität als Therapieziel

Eines der entscheidenden Ziele einer Therapie mit Cannabis ist die Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. Für Patienten ist das Ziel einer solchen Therapie meistens, einfach wieder ein Stück Normalität und Selbstbestimmung in ihrem Leben zurückzuerlangen. Für Ärztinnen und Ärzte bedeutet es, eine zusätzliche Option zur Hand zu haben, die sich verantwortungsvoll mit weiteren Therapien kombinieren lassen.

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