In den letzten beiden Tagebucheinträgen haben wir einen touristischen Rundumblick auf die altehrwürdige Stadt Paris und ihre einzelnen Arrondissements geworfen. Aber ich hatte Ihnen ja versprochen, dass ich Sie mit an die Freiheitsstatue nehme. Müssen wir dafür nach New York? Nein, denn die Pariser Freiheitsstatue steht nur etwa anderthalb Kilometer vom Eiffelturm entfernt.

Sie ist natürlich auch nicht so groß wie das New Yorker Original (44 Meter), sondern misst von den Füßen bis zur Fackel nur 11 Meter. Mit Sockel 22 Meter. Und trotzdem wirkt die kleine Version auf den Fotos wie die große. Erst recht, wenn man etwas weiter ranzoomt. Es hat uns viel Spaß bereitet, das Foto mit dem Satz „Guckt mal, wo wir heute waren!“ an unseren Freundeskreis zu senden.

Und genauso wie die „Lady Liberty“ im amerikanischen Big Apple steht die kleine Schwester auf einer Insel: der Ile aux Cygnes, der Schwaneninsel.

Die langgestreckte Ile aux Cygnes, die Schwaneninsel, vom Eiffelturm aus. Am hinteren Ende sieht man die Statue hervorlugen. Foto: Patrick Kulow
Die langgestreckte Ile aux Cygnes, die Schwaneninsel, vom Eiffelturm aus. Am hinteren Ende sieht man die flussabwärts schauende Statue hervorlugen. Foto: Patrick Kulow

Diese wurde 1825 künstlich aufgeschüttet, um für den geplanten Bau zweier Brücken über die hier 200 Meter breite Seine ein festes Fundament zu schaffen. Beide Brücken, die Pont de Grenelle und die Pont de Bir-Hakeim, dienen heute als Zugang zur Insel, die knapp 1 Kilometer lang und 20 Meter breit ist. Mitten drauf befindet sich die Allée des Cygnes, die dem Namen “Allee” alle Ehre macht: Hunderte Bäume spenden uns bei unserem Spaziergang „mitten auf der Seine“ wohltuenden Schatten. Wenn Sie selbst mal in Paris weilen sollten und sich die „kleine Schwester“ der Freiheitsstatue anschauen wollen, dann kann ich Ihnen diesen Weg nur aufs Herzlichste empfehlen.

Kleine Eidechsen, die nahezu akrobatische Kunststückchen vollbringen, sonnen sich auf den von der Sonne erwärmten Steinen der steil zum Fluss abfallenden Mauer und laufen und springen zwischen den Steinen und Grasbüscheln hin und her. Auch die am Ufer festgemachten Hausboote bieten einen zauberhaft idyllischen Anblick.

Hausboote am Seine-Ufer. Foto: Patrick Kulow
Hausboote am Seine-Ufer. Foto: Patrick Kulow

Die Ile aux Cygnes – die Schwaneninsel

Jetzt ist schon mehrmals der Name „Schwaneninsel“ gefallen, ohne zu sagen, woher der Name eigentlich kommt. Das möchte ich schnell nachholen: 1672, zu Zeiten Ludwigs des XIV., gab es in der Seine etwa einen Kilometer weiter nördlich eine natürliche Insel. Auf dieser wurden auf Geheiß des Sonnenkönigs 40 aus Dänemark herbeigeschaffte Schwäne angesiedelt. Die aber später – nach dem Tode des Königs – an einen anderen Ort gebracht wurden. Die Insel wurde dann als Holzlagerplatz und Schiffswerft benutzt. Doch der Platz reichte nicht aus. 1773, 100 Jahre nach den Schwänen, wurde die Verbindung mit dem südlichen Seine-Ufer (wo sich heute der Quai Branly mit dem gleichnamigen Museum und dem Eiffelturm befindet) beschlossen, die linke Seite der Seine zwischen Insel und Ufer wurde verfüllt, die natürliche Insel verschwand.

Als 1825 etwas weiter flussabwärts der Bau der Pont Grenelle begann, wurde die künstliche Insel in der Flussmitte aufgeschüttet und erhielt den Namen „Ile aux Cygnes“.

1886 erhielt New York seine „Statue of Liberty“, ein – etwas verspätetes – Geschenk des französischen Volkes an die vor hundert Jahren unabhängig gewordenen Vereinigten Staaten. Mit den Entwürfen und dem Bau wurde der Pariser Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi beauftragt. 1889, Frankreich feierte gerade den 100. Jahrestag des Sturms auf die Bastille (Was für eine bewegte und ereignisreiche Zeit !!!), stellt er eine kleinere Bronze-Replik an die Südwestspitze der Insel. Finanziert durch die Amerikanische Gesellschaft in Paris.

Tafel am Sockel der Pariser Freiheitsstatue. Foto: Patrick Kulow
Tafel am Sockel der Pariser Freiheitsstatue. Foto: Patrick Kulow

Zur Weltausstellung 1889 schaute die Statue noch in Richtung Pariser Innenstadt, 1937 wurde sie in Richtung Seine-Flussmündung gedreht, seit 1968 schaut sie nun genau in Richtung ihrer großen Schwester in New York.

Wir stehen an der Spitze der Insel und schauen flussabwärts auf die Seine. Links und rechts die Seine, vor uns die Seine. So ein bisschen drängt sich hier an dieser Stelle das „Titanic“-Gefühl auf, das der die Arme breit ausstreckende Jack Dawson (Leonardo di Caprio) gehabt haben muss. Hier in Paris müsste man in Hinsicht auf die königliche Vergangenheit der Stadt natürlich „Je suis le roi du monde“ rufen.

Blick von der Ile aux Cygnes zu den Hochhäusern am östlichen Seine-Ufer. Foto: Patrick Kulow
Blick von der Ile aux Cygnes zu den Hochhäusern am östlichen Seine-Ufer. Foto: Patrick Kulow

Sehr dankbar nutzen wir den Sockel der Statue mit der umlaufenden Steinbank als Sitzgelegenheit. Nochmal eine kurze Verschnaufpause, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen. Die nächste RER-Station ist ja nicht weit entfernt. Beim Spaziergang dahin – die schattenspendenden Bäume haben wir leider nicht mehr, dafür aber sicher mehr als 30 Grad bei voller Sonne – kommen wir am östlichen Seine-Ufer an einigen Hochhäusern vorbei, die sich als das riesige Shoppingcenter “Beaugrenelle” herausstellen. Auf dem Riesenwerbeposter ist zu lesen: „120 Boutiques & Restaurants, 10 Salles de Cinéma, 1 Grand Magasin“.

Auf dem Weg zur RER-Station kommen wir am Shopping-Center "Beaugrenelle" vorbei. Foto: Patrick Kulow
Das Shopping-Center “Beaugrenelle”. Foto: Patrick Kulow

Gehört hatte ich schon davon, aber nicht gewusst, dass es genau hier ist. Aber es ist sowieso egal. Auf Shoppen hätte ich jetzt eh keine Lust. Obwohl wir heute gar nicht so viel gelaufen sind, tun mir die Füße höllisch weh. Und das schon am ersten Tag. Was soll das nur morgen werden, wenn wir die ganze Champs-Elysées entlangspazieren wollen?

Ein Blick von der Pont de Grenelle zurück zum Eiffelturm. Links die Schwaneninsel. Foto: Patrick Kulow
Ein Blick von der Pont de Grenelle zurück zum Eiffelturm. Links die Schwaneninsel. Foto: Patrick Kulow

Als wir aber beim Laufen in Richtung “Beaugrenelle” einen Blick nach rechts werfen, werde ich für meine Strapazen mit einem phantastischen Ausblick belohnt: Sonst ist der Lieblingsstandort aller Touristen, um den Eiffelturm gut in Szene zu setzen, immer der Palais de Chaillot bzw. der Trocadéro auf der gegenüberliegenden Seite des Turms. Ich finde aber, das hier hat was. Auch wenn ich mich frage, wo die da noch mehr neue Hochhäuser hinbauen wollen. Stehen doch schon überall welche. Paris wächst, die Kräne drehen fleißig ihre Runden.

Im nächsten Teil des Urlaubstagebuchs besuchen wir einen riesengroßen Pariser Star und klären die Frage: “Warum gibt es in Paris keine Leipziger Straße?”

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