Als ich die Einladung zur Plenarwoche in Strasbourg erhielt, stellte sich die Frage: Ist es für einen Journalisten, der hauptsächlich für ein lokales Medium in Leipzig arbeitet, sinnvoll, dort hinzufahren und aus dem Europaparlament zu berichten? Nach einigen Gesprächen stand die Antwort fest: Ja, man sollte das machen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Wahl zum Europaparlament 2024 hatte eine Wahlbeteiligung von 64,7 Prozent, was zwar über der von 2019 lag. Aber 4,9 Prozent mehr Wählerinnen und Wähler, insgesamt 15,9 Prozent, wählten mit der AfD eine Partei, die gegen die Europäische Union agiert.

Für Sachsen zogen fünf Abgeordnete in das neue Europaparlament ein, davon zwei von der AfD, das spiegelt die Stimmung im Lande wider.

Was geschieht im Europaparlament, was machen die sächsischen pro europäischen Abgeordneten und welche Auswirkungen hat das für uns in Sachsen? Ich habe die Einladung also angenommen und bin am Morgen des 10. März nach Strasbourg gefahren. Das stellte sich als ambitioniert dar.

Thank you for travelling with Deutsche Bahn

Wie kommt man von Leipzig nach Strasbourg und zurück? Es gibt einen Flug von Berlin aus, durch den Streik am BER war der keine Lösung. Also fährt man mit der Bahn. Gesagt, getan: Ich buchte für die Verbindung Leipzig ab 06:48 Uhr nach Strasbourg an 12:15 Uhr. ICE 593 bis Frankfurt (Main), dann ICE 71 nach Karlsruhe und ICE 9574 bis Strasbourg. Umsteigezeiten in Frankfurt und Karlsruhe jeweils 20 Minuten, das müsste zu schaffen sein.

Auf der Fahrt zum Bahnhof zeigte die App dann etwa 20 Minuten Verspätung für den Zug an. Am Bahnhof angekommen, wurde es immer mehr und als der Zug dann endlich fuhr, lieferte er sich ein Rennen mit der Verspätung des Anschlusszuges in Frankfurt. Mein Zug hat das Rennen verloren, es ging also in Frankfurt erst 10:50 Uhr mit dem ICE 277 weiter, allerdings nach Offenburg, wo dann tatsächlich der SWE RS4, eine Art Vorortzug nach Strasbourg, pünktlich abfuhr. Die Ankunft war dann 13:34. Immerhin hatte die gebuchte Platzkarte für den ersten Teil der Reise einen Sinn.

Auf der Fahrt, besonders beim Aufenthalt in Frankfurt (Main), lernte ich auch viele der Verspätungsgründe der Bahn mit „Notarzteinsatz am Zug“, „Defekt an einem vorausfahrenden Zug“, „Unbefugte Personen im Gleisbereich“, „Reparatur an einer Weiche“ und „Verspätung eines vorausfahrenden Zuges“ kennen. Auch die Durchsage im ICE nach Offenburg: „Eingeschränktes Angebot im Bordbistro wegen Energieausfall“ kannte ich vorher nicht.

Gare Central Strasbourg. Foto: Thomas Köhler
Gare Central Strasbourg. Foto: Thomas Köhler

Strasbourg – erste Eindrücke

Strasbourg lag nicht im Sonnenschein, wie Mireille Mathieu in „Martin“ behauptete. Es war regnerisch und die Umgebung des Gare Central war nicht beeindruckend. Allerdings beeindruckt der ÖPNV – Straßenbahn und Bus – mit den Taktzeiten und den Preisen. Der Bus zum Hotel und weiter zum „Parlament européen“ fährt alle 10 Minuten und ein 3-Tage-Ticket kostet 10,20 Euro. Eine gute Idee ist auch das System der wieder aufladbaren Papiertickets. Am Automaten kauft man ein Ticket für eine Fahrt, will man dann erneut den ÖPNV nutzen kann man das einfach beim nächsten Kauf aufladen. Ticket einstecken, Fahrt und Preis wählen, bezahlen und schon ist das auf dem Ticket gebucht. Das spart wahrscheinlich viel Papier.

Die Straßenbahnen haben separate Gleisbetten, die Busse fahren größtenteils auf kombinierten Bus- und Fahrradspuren. Das klappt augenscheinlich gut. Was noch auffiel, waren die vielen Zebrastreifen auf Haupt- und auch Nebenstraßen. Eine gute Stadt für Fußgänger und Radfahrer, wie es scheint.

Viel habe ich von der Stadt allerdings nicht gesehen. Die Tage im Parlament waren lang und anstrengend.
Ich will hier nicht chronologisch vorgehen. Über die Sitzungen, Aussprachen, Abstimmungen und Gespräche mit Abgeordneten werde ich in den nächsten Artikeln schreiben. Deshalb noch etwas über die Rückfahrt.

Strasbourg im Regen. Foto: Thomas Köhler
Strasbourg im Regen. Foto: Thomas Köhler

Thank you for travelling with Deutsche Bahn (Teil 2)

Die Buchung für die Rückfahrt macht man natürlich vor Reiseantritt und es gibt sogar eine Verbindung von Strasbourg nach Leipzig, bei der man nur einmal umsteigen muss. Gesagt, getan: Ich buchte für den 13. März den ICE Sprinter, 17:13 ab Strasbourg mit Zwischenhalt in Frankfurt (Main) um 18:59 Uhr und Anschluss 19:18 Uhr mit dem ICE 1657 nach Dresden, Ankunft in Leipzig 22:24 Uhr.

Die Bahn-App war scharf geschaltet, als ich gegen 14:30 Uhr im Hotel nachschaute und sah, dass der Halt in Strasbourg entfällt. Es gab zu dem Zeitpunkt noch keine Alternativauswahl in der App, also suchte ich eine andere Verbindung und fand den TGV 9575, Abfahrt 15:45 Uhr, mit Umstieg in Karlsruhe, weiter mit ICE 70 nach Frankfurt und dann mit ICE 594 nach Leipzig. Flinke Füße zum Bahnhof: Die Herausforderung war ja, dass für den TGV eine Platzreservierung zwingend erforderlich ist.

Versuche über die Bahn-App, Sitzplätze für diese Verbindung zu buchen, schlugen aus unerfindlichen Gründen fehl, also ins Reisezentrum. Erste Herausforderung: Ich war im falschen, für den TGV gibt es ein separates. Dort wurde mir nach kurzer Diskussion anstandslos eine kostenlose Platzreservierung ausgestellt. Los ging es und erstaunlicherweise klappte die Verbindung sogar.

Ein kleines Schmankerl noch zum Schluss: Als ich im TGV saß und dieser schon rollte, benachrichtigte mich die App, dass die gebuchte Verbindung ausfällt. Danke für nichts.

Schlussbemerkung: Bahnreisen sind herausfordernd. Das liegt aber nicht an den Menschen, die bei der DB arbeiten, sieht man von denen in den Vorstandsetagen ab. Es wird Zeit, dass massiv in den Bahnverkehr investiert wird. Da muss man klotzen, nicht kleckern.

Soweit der Einstieg ins Thema, es geht weiter. Dann mit Themen zum Parlament und Gesprächen mit Abgeordneten.

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