Mit der Vorlage "15. Satzung zur Änderung der Hauptsatzung" ist der Umstellung von kameralistischer zur doppischen Haushaltsführung Rechnung getragen worden. In der Doppik gibt es keinen Vermögens- oder Verwaltungshaushalt mehr, die heißen nun Investitions- und Ergebnishaushalt. Mehrheitlich haben die Leipziger Ratsmitglieder am Mittwoch, 29. Februar, unter anderem der Anpassung dieser Begrifflichkeiten zugestimmt.

Bei einem Punkt rollten sich jedoch bei den Linken und Grünen die Fußnägel hoch: Mit der Vorlage wird dem Oberbürgermeister die Ausgestaltung der Ämterbudgets auferlegt und damit dem Stadtrat ihrer Meinung nach Macht entzogen.

Mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement würden Ressourcenverantwortung und fachliche Verantwortung zusammengeführt, was zur Steigerung der Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Serviceorientierung und Motivation diene, heißt es in der Vorlage zur Begründung. Die Regelungen zur Budgetbildung und Bewirtschaftung werden künftig also durch eine Dienstanweisung des Oberbürgermeisters festgelegt.

Die Budgetierung sei eine strategische Aufgabe des Stadtrats, gebe sie doch den Handlungs- und Ermächtigungsrahmen vor, welcher sich auf die strategischen Ziele der Stadt und deren Ergebnisse auswirkt. “Daher ist die Budgetierung ein wichtiges Instrument der Steuerung. Da der Stadtrat das Etatrecht ausübt, muss ihm auch das Budgetrecht zustehen und nicht dem Oberbürgermeister. Ihre Bewirtschaftung ist dann selbstverständlich Sache der Verwaltung”, so der Aufschrei aus den Fraktionen.

Linken-Fraktionsvorsitzende Ilse Lauter hatte deshalb gemeinsam mit ihrem Grünen-Kollegen Wolfram Leuze einen Änderungsantrag in die Sitzung eingebracht, mit dem die Ratsversammlung alle Rechte an der Budgetbildung uneingeschränkt behalten sollte. Der Antrag ging aber noch weiter: Die derzeit noch schwammigen Begriffe wie “Geschäfte der laufenden Verwaltung” müssten in der neuen Hauptsatzung genau definiert werden.

Des weiteren sollte die Überarbeitung der Hauptsatzung auf die neuen Chancen für mehr Steuerung und Transparenz des städtischen Haushaltes abzielen, die jetzt durch die doppische Buchführung ermöglicht würden. Im nächsten Beschlusspunkt ging es um die Festlegung der Schlüsselprodukte, die zur Budgetbildung notwendig sind, und einen wichtigen Machteinfluss des Stadtrates darstellen. Die künftigen Entscheidungen zur Ausübung der Wahlrechte und Ermessensspielräume bei der Aufstellung der Eröffnungsbilanz war auch Thema des Änderungsantrags.

Zur Vorlage sprach dann Finanzbürgermeister Torsten Bonew in der Ratsversammlung: “Ich war überrascht über die Wucht der Diskussion um diese Vorlage.” Er führte aus, dass das Rechnungsprüfungsamt angemerkt habe, “der Stadtrat möge doch bitte dem Oberbürgermeister eine Vollmacht für das Haushaltsjahr 2012 erteilen, die Budgets zu bilden und unterjährig zu bewirtschaften”. Wäre Bonew dieser Hinweis früher bekannt gewesen, dann hätte er bereits bei der Haushaltssatzung die Budgetierung genauer beschrieben. Deshalb sei nun der Behelf über die Änderung der Hauptsatzung entstanden.Der Finanzdezernent erwähnte die heftigen Debatten im Fachausschuss Finanzen und auch im Rechnungsprüfungsausschuss, “da wurde die Absetzung der Vorlage gefordert, was aber freundlicherweise zurück gezogen wurde”. Was übrig blieb, war der Änderungsantrag von Leuze und Lauter. Um einen Beschluss der Hauptsatzungsänderung am Mittwoch noch herbeizuführen, hatte Bonew vorgeschlagen, einen neuen Passus einzufügen, worin der 15. Hauptsatzungsänderung ein Verfallsdatum bis Ende des Jahres gegeben würde.

“Wir sind dadurch aufgefordert, die Hauptsatzung, die dann automatisch ablaufen würde, neu zu überarbeiten. Das machen wir bei der Haushaltseinbringung für das Jahr 2013 am 20. September hier im Stadtrat. Den Änderungsantrag werden wir so abarbeiten, dass die Punkte innerhalb dieses Jahres mit entsprechenden Vorlagen abgehandelt werden. Damit wird Ihr Bedürfnis nach Transparenz und Klarheit über die Budgetierung gerechtfertigt”, schloss Bonew seinen Redebeitrag.

Mit diesen Vorschlägen kam er den Antragstellern sehr entgegen, was Steffen Wehmann, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, äußerst begrüßte: “Die von Ihnen genannten Änderungsvorschläge zur Vorlage sind mehr als hilfreich.” Wehmann hofft nun auf eine positive Diskussion in den nächsten Wochen und Monaten zu dieser Vorlage.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Malte Reupert, konnte Bonews Verwunderung über die Diskussion zur Vorlage nicht ganz nachvollziehen, “denn mit dieser Änderung der Hauptsatzung berühren wir ja die zentralen Machtfragen zwischen Verwaltung und Stadtrat.”

In einem minutenlangen Redebeitrag führte Reupert seine Kritik weiter aus: “Wir haben jetzt die Doppik eingeführt und das ist wie ein ausgeliefertes Fahrzeug ohne Armaturenbrett und Lenkrad. Denn genau diese Steuerungskennzahlen, die Voraussetzung dazu, die haben wir noch nicht. Ich kann mir jetzt nicht verkneifen auch noch mal in diesem Gremium auf unseren im Verfahren befindlichen Antrag zu Controlling und Kostenrechnung zu verweisen, der nämlich genau das zum Ziel hat. Da müssen wir hin, das ist noch nicht vorhanden. Wir müssen jetzt mit einem rohen Klotz arbeiten und mit keinem schönbehauenen Stein.”

Die Frage der Budgetierung sei genauso wichtig, “also wo auf welcher Ebene findet die Beschlussfassung, die Beratung und auch überhaupt die Information des Stadtrates statt”. Nur über das Gesamtbudget eines Dezernates abstimmen zu können, wäre zu wenig. Im Gegenzug über jede einzelne Kostenstelle diskutieren zu müssen, würde einer heillosen Überforderung gleichkommen. “Es kommt darauf an, hier ein gutes Mittelmaß zu finden”, konstatiert Reupert.

Die entscheidende Frage sei die der Machtverteilung, welche Kompetenz und Entscheidungsmöglichkeiten dem Stadtrat zugestanden würden. Wenn Bonews Äußerungen so verstanden werden können, “dass Sie den derzeitigen Stand der Doppikeinführung auch noch als einen Arbeitsstand sehen, dass wir quasi das Armaturenbrett und das Lenkrad noch nachgeliefert bekommen und wir da auch mitgestalten können, dann ist das ein Schritt, wo wir gerne mitarbeiten wollen”, gab Reupert die Zusage seiner Fraktion.

Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Wolfram Leuze richtete das Wort an seine Kollegen. Er sprach seine Bewunderung darüber aus, dass es möglich war, innerhalb von zwei Tagen vom Rechtsamt prüfen zu lassen, ob eine Satzung überhaupt befristet beschlossen werden könne. Nachdem Bonew den Wünschen der Antragsteller gerecht geworden war, hat Leuze den Änderungsantrag zurückgezogen.

Somit konnte der Stadtrat über die optimierte Vorlage zur 15. Änderung der Hauptsatzung abstimmen. Bei Satzungsänderungen der Hauptsatzung müssen mindestens 36 positiv votieren und die Stimmen ausgezählt werden. Das Ergebnis: 45 dafür, eine dagegen und 13 Enthaltungen (Die Linke).

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