Am 6. November wurde durch die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie der Förderpreis der Stiftung für Soziale Psychiatrie an das Sächsische Psychiatriemuseum übergeben. Der Förderpreis ist mit einer Gesamtsumme von 2.500 Euro dotiert. Der Preis geht in diesem Jahr zu gleichen Teilen an eine Initiative der Bamberger Diakonie und an das Sächsische Psychiatriemuseum.

“Mit diesem Preis wird das Museum gewürdigt, welches sich der Geschichte der Psychiatrie aus der Perspektive der Betroffenen nähert”, so Bürgermeister Thomas Fabian. “Damit ist immer auch eine kritische Sichtweise nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch eine unverzichtbare aufmerksame Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Entwicklungen in der Psychiatrie verbunden. Das Sächsische Psychiatriemuseum trägt dazu bei, dass in Leipzig entwickelte Ansätze der Sozialpsychiatrie nicht aus dem Blick geraten. Es ist ein Verdienst der Sozialpsychiatrie, die Zusammenhänge von psychiatrischen und sozialen Problemen von Menschen zu beachten und ganzheitliche Versorgungsangebote eingefordert zu haben.”

Dieser besondere Blick auf die Geschichte der Psychiatrie ergibt sich auch daraus, dass das Museum durch die Betroffeneninitiative Durchblick e. V. getragen wird und in enger Kooperation mit den Mitarbeitern und Psychiatriebetroffenen der Einrichtung entwickelt worden ist. “Es ist ein lebendiges Museum. Und es wirkt über seine Räumlichkeiten – und die dort geschaffene Dauerausstellung – hinaus. Durch Stadtrundgänge, in der Museumsnacht und durch das Festival “Kunst: Verrueckt” macht es Probleme und Entwicklungen der psychiatrischen Versorgung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt”, erläutert Thomas Seyde, der Psychiatriekoordinator der Stadt Leipzig. Das Museum hat inzwischen einen festen Platz bei Bildungsträgern, Hoch- und Fachschulen, die sich über die Geschichte der Psychiatrie, aber auch über Alternativen der psychiatrischen Versorgung informieren wollen.

Durchblick e. V.

Der Verein Durchblick e. V. selbst ist als landes- und bundesweit bekannte Betroffeneninitiative mit eigenen Angeboten (Kontakt- und Beratungsstelle, Mitarbeit im Krisendienst, Patientenfürsprecher, niedrigschwelliges Übergangswohnen) an der ambulanten psychiatrischen Versorgung der Stadt Leipzig beteiligt. Eine besonders intensive Kooperation zwischen dem Verein und der Stadt besteht hinsichtlich der Patientenfürsprecher, die im Auftrag der Kommune psychiatrische Einrichtungen, Kliniken besuchen und sich für die Rechte der Psychiatriepatienten einsetzen.

Besonders erfolgreich ist auch das – in Kooperation mit dem Gesundheitsamt der Stadt Leipzig und dem Verein Durchblick e. V. – durchgeführte Leipziger Psychoseseminar, das als offener Dialog zwischen Psychiatrieerfahrenen, professionellen Mitarbeitern der Psychiatrie und den Angehörigen von psychisch kranken Menschen seit 14 Jahren einmal im Monat angeboten wird.

In inzwischen 146 Veranstaltungen besteht dort für die Leipziger Bürger die Möglichkeit, sich dem Thema Psychiatrie und psychische Erkrankung auf ganz persönliche Art und Weise zu nähern. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen und Erfahrungen auszutauschen, um ein besseres Verständnis für alle Beteiligten und einen guten zwischenmenschlichen Umgang in der Psychiatrie zu fördern.

Dass dies gut gelungen ist, zeigt auch, dass die Beteiligung in den letzten Jahren immer weiter zugenommen hat und auch über die Stadtgrenze hinaus Psychoseseminare eingerichtet worden (zuletzt in Chemnitz und Dresden).

Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V.

Ist ein bundesweiter Verband, der psychiatrisch Tätige aller Berufsgruppen vereint. Er entstand in den 60er Jahren, um die Situation der damals menschenunwürdigen Zustände in der Psychiatrie zu verändern und setzt sich heute für eine bedürfnis- und personenorientierte, gemeindenahe psychiatrische Versorgung ein. Die soziale Psychiatrie soll als Psychiatrie im Kontext von Gemeinwesen, sozialen Sicherungssystemen und Politik verstanden werden.

Förderpreis der Stiftung für Soziale Psychiatrie für Projekte guter Praxis in der Sozialpsychiatrie

Die Stiftung ist eine Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie, Schirmherr ist Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf, unterstützt von Kabarettist Jürgen Becker und Schriftsteller Günter Wallraff. Im Mittelpunkt der Stiftung steht insbesondere das Engagement für innovative sowie nachhaltige Modelle in der sozialpsychiatrischen Betreuung und Behandlung psychisch kranker Menschen.

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