Im Juni 2014 hatte der Sächsische Landtag auf Initiative der Regierungskoalition die Einführung eines "Sächsischen Gedenktages für Heimatvertriebene" beschlossen. Heute berichtet die Tschechische Presseagentur CTK anlässlich des Besuches von Ministerpräsident Stanislaw Tillich in Prag über die Kritik der Landtagsopposition an dieser Entscheidung.

Dazu erklärt der europapolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Heiko Kosel: Mit dem Beschluss wird kein Schritt in die Zukunft gegangen, sondern CDU und FDP werden von ihrer teilweise revanchistischen Vergangenheit eingeholt. Natürlich ist es richtig, an die Leiden und die Opfer zu erinnern, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte. Aber dabei dürfen Ursache und Wirkung nicht vergessen oder gar verdreht werden. Es war Nazi-Deutschland, das den Zweiten Weltkrieg begann – als einen Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen seine Nachbarstaaten; mit besonderer Schärfe und Grausamkeit gegen die slawischen Nachbarn im Osten und Süden.

Was ist zum Beispiel mit den über 120.000 Tschechen, die bereits nach dem Münchner Diktat 1938 ihre Heimat verlassen mussten? Die Koalitionsfraktionen wollen, wie in der Landtagsdebatte deutlich wurde, einen Gedenktag allein für deutsche Heimatvertriebene. Eine europäische Einbettung des Themas Flucht und Vertreibung ist von ihnen nicht gewollt. Genau das ist aber für uns nicht akzeptabel. Dieser Gedenktag droht außerdem zu einem willkommenen Podium für deutsche Neonazis zu werden. Die Reaktion der NPD in der Landtagsdebatte hatte das bereits klar gezeigt.

Für Sachsen ergibt sich aus dem Landtagsbeschluss das Problem, dass neben den bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ein Gedenktag für die deutschen Heimatvertriebenen gestellt wird. Es ist bedauerlich, dass die politisch Verantwortlichen bisher offenbar nicht in der Lage waren, der bereits 1985 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vorgenommenen Würdigung des 8. Mai als Tag der Befreiung zu folgen.

Ich sehe den sächsischen “Vertriebenengedenktag” aber auch mit besonderer Sorge, weil sich aus ihm Probleme bei der Umsetzung unseres Auftrages aus Art. 12 der Sächsischen Verfassung ergeben. Dort werden wir verpflichtet, grenzüberschreitende Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft anzustreben. Wie soll das gelingen, wenn ein Landtagsbeschluss unsere gemeinsame Geschichte verdreht? Hier werden wir auf Fragen unserer polnischen und tschechischen Partner antworten müssen. Ministerpräsident Tillich hat heute bei seiner Reise nach Prag schon Gelegenheit dazu.

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