Der mit 10.000 Euro dotierte Caroline-Neuber-Preis der Stadt Leipzig wird 2016 an die Theaterregisseurin Monika Gintersdorfer verliehen. Die Jury würdigt so eine Theaterschaffende, die mit Gintersdorfer/Klaßen eine stilprägende Company gegründet hat, kontinuierlich an einem Übersetzungsprozess zwischen deutschen und ivorischen Darstellern, ihren kulturellen Eigenheiten und künstlerischen Stilen arbeitet. Die Preisverleihung und ein Gastspiel der Company finden am 5. März 2016 in einer Abendveranstaltung im Schauspiel Leipzig statt.

In der Jurybegründung heißt es:

“Ihre autonome und innovative ästhetische Praxis steht zwischen Regie, Choreografie, Konzert und Lecture Performance und ist prägend für einen nachhaltigen transkulturellen Austausch auf Augenhöhe. In ihrem performativen Universum vermischen sich postkoloniale und psycho-analytische Praxen und eröffnen neue Perspektiven auf vermeintliche Selbstverständlichkeiten.

Auf Grund ihrer kontinuierlichen umfassenden Recherche ist sie darüber hinaus zu einer herausragend informierten Expertin für die kulturellen und politischen Situationen afrikanischer Länder wie der Elfenbeinküste avanciert.

Die Projekte von Monika Gintersdorfer sind wegweisend für einen gleichberechtigten und konfrontativen deutsch-afrikanischen Austausch, von dem beide Seiten außerordentlich profitieren können und der heute wichtiger denn je ist.”

Monika Gintersdorfer, als Tochter österreichischer Eltern 1967 in Lima/Peru geboren, studierte Germanistik und Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in Köln sowie Regie in Hamburg, 2000 – 2004 folgten Inszenierungen am Hamburger Schauspielhaus, an den Münchner Kammerspielen und bei den Salzburger Festspielen. Im Jahr 2004 gründete sie mit Jochen Dehn die Gruppe “Rekolonisation” in Hamburg, die aktionistische Praktiken im Stadtraum verfolgte und Phänomene wie Flucht, Kämpfe, Handel und Ressourcen thematisierte. Seit 2005 entwickelt sie mit dem Bildenden Künstler Knut Klaßen und einem deutsch-ivorischen Darstellerteam Projekte, in denen sie Lebensstrategien und Ausdrucksformen der Darsteller zum Zentrum machen und mit eigenen Strategien und Ästhetiken konfrontieren. Gemeinsam haben sie eine eigenständige ästhetische Praxis entwickelt.

Ihre Arbeiten wurden gezeigt in der Volksbühne im Prater Berlin, auf Kampnagel in Hamburg, im FFT Düsseldorf und Sophiensaele Berlin, Theater Aachen, Schauspiel Köln, Ringlokschuppen Mülheim, Deutsches Theater Berlin, Schauspielhaus Bochum, Theater Bremen, KVS Brüssel, Frascati Amsterdam, Rotterdamse Schouwbourg, Theater Maria Matos Lissabon, WUK Wien, Theater Chur und vielen weiteren Spielorten in Afrika, Europa und Australien.

Mit ihrer Produktion “Othello, c`est qui” waren Gintersdorfer/Klaßen 2009 die Gewinner des Theaterfestivals Impulse. 2010 erhielten sie den George Tabori Förderpreis und wurden von der Zeitschrift “tanz” zur Kompanie des Jahres gewählt. 2013 waren sie mit “Logobi 05”, “La Jet Set” und “Am Ende des Westerns” auf dem Festival d`Avignon zu Gast. Von 2012 bis 2014 waren sie Artists-in-Residence am Theater Bremen.

Zum Caroline-Neuber-Preis der Stadt Leipzig

Mit dem seit 1998 alle zwei Jahre vergebenen Preis, ehrt die Stadt weibliche Theaterschaffende aus dem deutschsprachigen Raum, deren Wirken im Sinne der deutschen Schauspielerin und Theaterprinzipalin Caroline Neuber (1697-1760) Maßstäbe gesetzt hat.

Bisherige Preisträgerinnen sind die Schauspielerin Jutta Hoffmann (1998), die Schauspielerin Inge Keller (2000), die Regisseurin Konstanze Lauterbach (2002), die langjährige Intendantin des Berliner Hebbel-Theaters Nele Hertling (2004), die Regisseurin Karin Henkel (2006), die Festivaldirektorin der euro-scene Leipzig Ann-Elisabeth Wolff (2008), die Choreographin Sasha Waltz (2010), die Intendantin von Kampnagel Hamburg Amelie Deuflhard (2012) und die Regisseurin und künstlerische Leiterin des Theaters RambaZamba Berlin Gisela Höhne (2014).

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