Der sächsische Ministerpräsident und Bundesratspräsident Stanislaw Tillich zum Tod von Hans-Dietrich Genscher: Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich vom Tod Hans-Dietrich Genscher erfahren. Meine Gedanken sind bei seiner Familie. Ich hoffe sehr, dass sie gemeinsam die Kraft finden, diesen Verlust zu tragen.

Hans-Dietrich Genscher wird unvergessen bleiben ― als langjähriger Außenminister, als ein Baumeister der deutschen Einheit, als leidenschaftlicher Europäer und als großer Liberaler.

Viele Ostdeutsche verbinden mit ihm ganz persönliche und hochemotionale Momente, als er auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag den berühmtesten Halbsatz der deutschen Geschichte sprach und damit die Ausreise der Botschaftsflüchtlinge verkündete. Diese Bilder sind Geschichte geworden.

Ein mich besonders bewegender Moment war, mit Hans-Dietrich Genscher auf genau diesem Balkon zu stehen, als wir 2014 den 25. Jahrestag dieser historischen Ereignisse in der Prager Botschaft begehen konnten.

Hans-Dietrich Genscher floh 1952 nach West-Berlin und wurde dann einer der prägenden Politiker der Bonner Republik. Als gebürtiger Hallenser hat er seine Heimat aber nicht vergessen und sich nie mit der deutschen Teilung abgefunden. Deshalb waren ihm der Dialog zwischen West und Ost und die Vertiefung der Zusammenarbeit in Europa so wichtig. Hans-Dietrich Genscher war 23 Jahre Mitglied der Bundesregierung und als Innen- und Außenminister ein großer Kommunikator.

Hans-Dietrich Genscher hat neben Helmut Kohl durch sein diplomatisches Geschick und hohem Maß an persönlicher Integrität maßgeblich zur Wiederherstellung der deutschen Einheit beigetragen. Hierfür werden ihm die Menschen in Deutschland für immer dankbar sein.

Daneben hat ihn sein leidenschaftlicher Einsatz für Europa ausgezeichnet. In einem seiner letzten Interviews meinte er: „Wir wollen ein Europa der Kooperation und nicht der Konfrontation.“ Ich meine: Diese Haltung darf getrost gerade heute unsere Richtschnur sein.

Hans-Dietrich Genscher wird vielen Menschen in Deutschland und Europa fehlen.

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