Die Stadt Grimma beabsichtigt den Verkauf des historischen Bahnhofgebäudes „Oberer Bahnhof“. Das durch Dritte erstellte Raumbuch weist eine Gesamtfläche aller Etagen von 1.832,98 Quadratmetern aus. Die Grundstücksgröße umfasst 1.256 Quadratmeter. Das Grundstück ist im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen erfasst. Das Einzeldenkmal sollte in direkter, enger Abstimmung mit dem Bauaufsichtsamt des Landratsamtes Landkreis Leipzig, Sachgebiet Denkmalschutz beplant werden. Eine Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes erfolgt in den nächsten 3 bis 5 Jahren (Bahnhofsvorplatz, Zufahrtsituation, Bushaltestellen, Parkplätze und Park & Ride-Platz).

Entsprechend den planerischen Vorstellungen der Stadtverwaltung ist aus dem Objekt ein Gebäude mit florierenden Dienstleistungs- und Gewerbeeinheiten zu entwickeln. Im Obergeschoss sind Büro- oder Praxisräume denkbar. Die Empfangshalle soll zukünftig wieder öffentlich nutzbar für Fahrgäste und Besucher sein. Für den Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig sind Räumlichkeiten für ein Kompetenzzentrum sowie für Fahrkartenautomaten vorzusehen.

Ein Nutzungskonzept ist mit der Abgabe des Angebots vorzulegen. Das Gebäude ist medienfrei und mit Dienstbarkeiten (Immissionsduldung; Anlagenvorhaltungs-, Versorgungsleitungs-, Geh- und Fahrt-, Unterhaltungs- und Wartungsrecht; Bebauungsrecht; Verzicht auf Einwendungen gegen Verletzungen nachbarschützender Normen im Zusammenhang mit für den Bahnbetrieb erforderlichen Bauvorhaben) in Abteilung II des Grundbuchs belastet.

Der Käufer geht mit dem Erwerb des Objektes eine bauliche Investitionsverpflichtung in Höhe von 950.000 Euro ein. Sollte die Investitionsverpflichtung nicht innerhalb von 36 Monaten nach Besitzübergang durchgeführt sein, wird eine Pönale in Höhe von 250.000 Euro fällig. Die Pönale ist im Vorfeld als selbstschuldnerische Bürgschaft urkundlich zu vereinbaren. Bei Nichterreichung der Investitionsverpflichtung wird ein Rücktrittsrecht ohne Wertausgleich für die Stadt Grimma vereinbart.

Das Gebotsverfahren ist nicht mit dem Verfahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung (VOB) oder der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) bzw. mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vergleichbar. Mit der Abgabe eines Angebotes entsteht kein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages. Kaufpreisangebote sind unter dem Kennwort „Grimma, Oberer Bahnhof“ in einem geschlossenen Umschlag bis zum 30.01.2019 an die Stadtverwaltung Grimma zu richten. Die Bewertung der Angebote erfolgt zu 50 Prozent nach dem höchsten Kaufpreis sowie den städteplanerischen Ideen aus dem Nutzungskonzeptes zu weiteren 50 Prozent.

Zum Bahnhofs-Gebäude:

Grimmas erster Bahnhof entstand 1865/1866 an der Bahnstrecke Leipzig, Borsdorf, Döbeln, Meißen. Am 14. Mai 1866 feierten die Grimmaer die Einweihung des opulenten Gebäudes im Tudor-Stil. Schon im nächsten Jahr konnte man von Grimma bis nach Leisnig fahren.

Das betonte Empfangsgebäude hat drei rundbogige Eingänge. An den Portikus mit krönender Glocke schließen sich zwei niedere Verbindungsbauten für die Gepäckannahme und die Toiletten an. Zwei höhere Pavillons begrenzen das Ensemble.

Südlich waren die Verwaltung und eine Dienstwohnung untergebracht. Im nördlichen Gebäudeteil befanden sich die abgestuften Wartesäle mit Gastronomie. Bis 1918 gab es vier Kategorien, die 1. Klasse war blau und die zweite Klasse rot gepolstert eingerichtet. Der große Innenraum des Empfangsgebäudes war nach oben bis zum Dachstuhl offen, die  Decke wurde erst später eingezogen.

Vor 150 Jahren musste für diese völlig neue Bauaufgabe eine innovative Lösung gefunden werden. Hier wurde die Idee einer breit gelagerten barocken Schlossanlage aufgegriffen und für den Zweck funktional vollkommen genutzt. Der Autor war der Freiberger Architekt Eduard Heuchler. Die Fenstergewände bestehen aus Elbsandstein. Die charakteristischen Bögen sind der englischen Spätgotik entliehen, der „Tudor-Gotik“. Es wurden rund 100 keramische Rosetten-Platten eingefügt und zierliche Türmchen dem einheitlich hellen Putzbau aufgesetzt. Ganz funktional wurde die Bahnsteigseite behandelt, mit gusseisernen Säulen zur Überdachung. Zunächst lag der Bahnhof noch weit außerhalb und hoch über der Stadt. Wie zu jedem Bahnhof wurde eine breite Zufahrt mit einem Droschkenplatz und einem Bahnhofspark angelegt. Das große Wasserhaus steht noch.

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