Am morgigen Tag, dem 09.08.2019, wird zum 25. Mal der Tag der Indigenen Völker begangen. Dazu erklärt der Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag für nationale Minderheiten, Heiko Kosel: Zu den indigenen Völkern gehören z.B. die Indianer Nord- und Südamerikas, die Inuit der Polarregion, die Sami in Nordeuropa, die Aborigines in Australien und die Maori in Neuseeland.

Nach der Rechtsdefinition des ILO-Übereinkommens 169 ist der Begriff so definiert: „Dieses Übereinkommen gilt für […] Völker in unabhängigen Ländern, die als Eingeborene gelten, weil sie von Bevölkerungsgruppen abstammen, die in dem Land oder in einem geografischen Gebiet, zu dem das Land gehört, zur Zeit der Eroberung oder Kolonialisierung oder der Festlegung der gegenwärtigen Staatsgrenzen ansässig waren[…]“. Auch die Sorben sind ein indigenes Volk.

Das durch dieses Übereinkommen garantierte Recht auf Selbstbestimmung innerhalb der jeweiligen Staaten umfasst die Bereiche Land, natürliche Ressourcen/Umwelt (Territorium), rechtliche Gleichstellung, inklusives Recht auf kulturell angepasste Bildung, politische Teilhabe und Selbstverwaltung.

Für das sorbische Volk war die demokratische Wahl des „Serbski sejm“ ein Schritt von historischer Bedeutung, für die politischen Entscheidungsträger eine Herausforderung von großer Tragweite. Die bisherige Praxis bezüglich der Sorbenräte bei den Landtagen in Sachsen und Brandenburg hat sich mit der Gewährung von bloßen Anhörungsrechten als nicht ausreichend effektiv erwiesen, so dass wirkliche Mitbestimmungsrechte einzuräumen sind.

Der „Serbski sejm“ fordert daher: die Staatsverträge zur Verwirklichung einer Kultur- und Bildungsautonomie des sorbischen Volkes mit Sachsen, Brandenburg und dem Bund zügig zu realisieren; die bei der Erarbeitung der Sächsischen Verfassung Anfang der 1990er Jahre zunächst vorgesehene gesonderte Wahl sorbischer Abgeordneter in den Sächsischen Landtag wieder auf die politische Tagesordnung zu setzen; in das sächsische Wahlgesetz analog zu den Regelungen im Bundeswahlgesetz und den Landeswahlgesetzen von Schleswig-Holstein und Brandenburg rechtliche Normen aufzunehmen, welche politische Parteien der sorbischen Minderheit von der Fünfprozenthürde befreien.

Ich möchte anlässlich dieses Tages auf die jahrzehntelange verfehlte Bildungspolitik der Regierungen, welche letztendlich auch zu einem akuten Lehrermangel geführt und die weitere Gefährdung der sorbischen Sprache zur Folge hat, eines der wesentlichen Probleme des sorbischen Volkes, hinweisen. Durch den Ausstieg aus dem Kohleabbau wird zwar die weitere Abbaggerung des sorbischen Siedlungsgebietes eingestellt – wir stehen aber vor neuen Herausforderungen, die der damit im Zusammenhang stehende Strukturwandel in der Region mit sich bringen wird.

Deutschland hat das ILO-Übereinkommen 169 leider bis heute noch nicht ratifiziert. Vier Versuche der Opposition im Deutschen Bundestag in den Jahren 1993, 2012, 2015 und 2017 zur Ratifizierung dieser bedeutenden Menschenrechtsnorm wurden mehrheitlich abgelehnt, u.a. mit der Begründung, „es gäbe in Deutschland kein indigenes Volk“ – hier hat man die Sorben im politischen Berlin wieder einmal „übersehen“.

In diesem Jahr forderte der Koordinationskreis ILO-Konvention Nr. 169 die Ratifizierung des Übereinkommens, um die Rechte der indigenen Völker in unserer globalisierten Welt zu stärken: „Aufgrund der Globalisierung wird die Bedrohung der Indigenen immer stärker und deren Einfluss weiter zurückgedrängt. Eine Unterzeichnung würde demnach auch die Wirtschafts- und Außenpolitik nachhaltig umgestalten, in Rücksichtnahme auf die Menschenrechte.“

Daher fordere auch ich von der Bundesregierung, dass das ILO-Übereinkommen 169 endlich ratifiziert wird!

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